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Hondius, Abraham Daniëlsz

Rückkehr von der Reiherbeize

Entstehungsjahr um 1650
Technik Öl auf Holz
Maße 47 x 63 cm
Münchener-Nr. 1538/2
Linz-Nr. 2730/ 1101
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Abraham Hondius (um 1631 in Rotterdam bis 1691 in London), niederländischer Maler von Jagdszenen mit hervortretender figürlicher Staffage und leidenschaftlichen Tierkämpfen von großer Naturtreue in hellen, frischen Farben. Andere Motive seiner Bilder sind biblische Darstellungen, Gesellschaftsstücke und Genrebilder, mythologische Darstellungen und Portraits. Die Malweise der selteneren Eber–und Hirschjagden verrät flämische Einflüsse.1 Bilder aus der Frühzeit des Malers sind durch Anthonie Palamedesz und andere niederländische Maler des 17. Jahrhunderts beeinflusst.2   Sein erstes bekanntes und signiertes Gemälde schuf er 1651 mit 20 Jahren in Rotterdam: „Sportsman outside an Italianate Inn“ das sich in der Richard Green Gallery in London befindet. Es ist nicht überliefert, wer ihn als Maler ausbildete. Hondius lebte in Rotterdam, zeitweise in Amsterdam und ab den 1670er Jahren als erfolgreicher Maler in London. In London hatte er über den Wissenschaftler und Architekten Robert Hook Kontakte zu königlichen Kreisen um König Charles II. Er fertigte unter anderem Bilder für die Ausgestaltung der Königlichen Universität für Physik in London, deren Bau von Robert Hook geleitet wurde. Die Bilder von Hondius sind häufig signiert. 

Das vorliegende Gemälde “Rückkehr von der Reiherbeize“ ist charakteristisch für Abraham Hondius' Stil und seine Arbeit in den frühen 1650er Jahren. Ähnliche Gemälde sind im Werkverzeichnis, durch Marijke Peyser nachgewiesen, unter anderem „After the hunt“, 1653, Rest during the hunt, ca. 1654 und „Hunters resting“ ca. 1655.3 Auf den Gemälden sind immer wieder die gleichen Hunde und Jäger in den gleichen Kleidern angezogen, dargestellt. Auch ihre Haltung ist ähnlich. Das Gemälde wurde von Hondius in den Niederlanden gemalt. In England änderte er die Stimmung der Jagdszenen mit brutalen Kämpfen zwischen den Jagdhunden und der Beute, wohl dem Geschmack von Besitzern englischer Landhäuser angepasst. In England malte Hondius ausschließlich auf Leinwand.4

Provenienz

Zeittafel
Richard von Kühlmann, Berlin5
29.3.1943Über die Galerie Maria Almas–Dietrich für RM 10.500 an „Sonderauftrag Linz“6

Die TVK München ermittelte, dass das Gemälde am 29.3.1943 von R. v. Kühlmann, Berlin an die Galerie Almas, München verkauft wurde und im März 1943 für RM 10.5000 von der Galerie Almas an den „Sonderauftrag Linz“ verkauft worden ist.

In den Unterlagen im Bundesarchiv Koblenz im Bestand der Treuhandverwaltung für Kulturgut der OFD München konnten die Rechnungsunterlagen zum interessierenden Gemälde nicht nachgewiesen werden. Die Angaben konnten im Dresdner Katalog bestätigt werden.7

Die Recherchen zur Galerie Maria Almas-Dietrich ergaben, dass keine zur Provenienz des Gemäldes relevanten Akten in Münchener Archiven überliefert worden sind. Die Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München sind nicht überliefert. Akten der Reichskammer der bildenden Künste sind im Bestand der Reichskulturkammer und ihrer Einzelkammern im Bundesarchiv Berlin und nicht überliefert. Im Bundesarchiv Berlin sind keine personenbezogenen Unterlagen zu Maria Almas–Dietrich überliefert.8

Maria Almas–Dietrich wurde am 28. Juli 1892 in München geboren, ihr Vater war Jude. Sie handelte ab 1919 mit Kunst und meldete im November 1937 die Kunsthandlung Almas offiziell an. 1940 stieg ihr Einkommen mit der Besetzung Frankreichs auf eine halbe Million Reichsmark. Maria Almas–Dietrich erwarb vor allem ab 1940 Kunstwerke aus dem besetzten Frankreich und aus Österreich.9

Insgesamt verkaufte Maria Almas–Dietrich über 900 Werke an Hitler. Sie hatte engen Kontakt zu Heinrich Hoffmann, der ihr ab 1936 den Zutritt zu Hitler ermöglichte und verkaufte mit ihm bis 1940 Bilder an Hitler. Später konnte sie selbstständig, ohne die Zustimmung von Hans Posse oder Hermann Voss, Gemälde an Hitler liefern. Sie hatte zahlreiche Kontakte zu Kunsthändlern und Versteigerungshäusern, unter anderem auch zum Auktionshaus Hans W. Lange, der als Verkäufer der Berliner Finanzbehörden agierte. Zu ihren Lieferanten in München gehörte unter anderem die Galerie Maria Gillhausen. Nachdem Hermann Voss die Leitung des Sonderauftrages Linz übernommen hatte, verkaufte sie weniger Bilder an Hitler.10

1944 brannte ihr Geschäft nach Luftangriffen auf München in der Ottostraße aus und 1945 wurde ihr Privathaus zerstört. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte Maria Almas–Dietrich die Kunstgalerie weiter, die später von ihrer Tochter übernommen wurde.11

Richard von Kühlmann (geb. 3. Mai 1873 in Konstantinopel - 6. oder 16. Februar 1948 in Ohlstadt, Landkreis Garmisch Partenkirchen)12 trat 1899 in den diplomatischen Dienst ein. Er war von August 1917 bis Juli 1918 Staatssekretär des Auswärtigen Amtes und Verhandlungsführer der deutschen Delegation bei den Friedensverhandlungen von Brest-Litowsk. Nach dem Ersten Weltkrieg zog sich Kühlmann aus dem diplomatischen Dienst zurück und war Gutsverwalter in Ohlstadt bei Garmisch–Partenkirchen. Darüber hinaus gehörte er mehreren Aufsichtsräten in der Stahlindustrie an. In zweiter Ehe war Kühlmann von 1920 bis 1923 mit Marie-Anne von Friedlaender-Fuld (1892-1973), der Tochter des jüdischen Großindustriellen Fritz Friedlaender (1858–1917), verheiratet. 1928 übernahm Kühlmann den Vorsitz über den Deutschen Kulturbund. Er war ein ausgezeichneter Kunstkenner und -sammler und unterhielt zahlreiche Kontakte zu deutschen, niederländischen und englischen Kunsthistorikern und Kunstsammlern. Richard von Kühlmann unterhielt auch gute Geschäftsbeziehungen zur Galeristin Maria Almas–Dietrich, über die er 12 Bilder an den „Sonderauftrag Linz“ verkaufte. Insgesamt kamen über verschiedene Händler 15 Gemälde aus seiner Sammlung an den „Sonderauftrag Linz“. Kühlmann war in führenden Positionen der deutschen Wirtschaft tätig. Während der NS-Zeit hat er in Deutschland mehrere Bücher veröffentlicht. Eine Anfrage beim Bundesarchiv Berlin ergab, dass er nicht zum Personenkreis der NS-Verfolgten zählte. Dementsprechend wurden auch keine Anträge auf Wiedergutmachung ermittelt.

Es ließ sich nicht mehr ermitteln wann und von wem R. von Kühlmann das hier interessierende Gemälde erworben hatte. Der Nachlass Kühlmanns ist über verschiedene deutsche Museen und Bibliotheken verteilt.13

In den kunsthistorischen Recherchen konnte das interessierende Gemälde nicht nachgewiesen werden.14 Im Werkverzeichnis von Abraham Hondius, erstellt von Marijke Peyser-Verhaar, ist das Bild nicht verzeichnet.15

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle bekannten Quellen ausgeschöpft sind. Ein NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust kann mithin nicht ausgeschlossen werden.

Stand: 2009

1 Bernt, 1979.
2 Für Folgendes: Peyser - Verhaar, Marijke, 1998, S. 151-156.
3 Peyser - Verhaar, Marijke, 1997.
4 Nach freundlicher Information von Dr. Marijke Peyser. Vgl. E-Mail vom 24.11. 2008.
5 BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 1538/2.
6 Ebenda.
7 BArch Koblenz, B323/ 331 Linz- Nr. 842, o. Nr. Künstler, Hasenpflug. K.G. von Domgalerie Köln., Ebenda, B 323/83, S. 231.
8 Nach Recherchen des BADV Berlin zu mü 9458 besitzen folgende bayerische Archive keine Akten zur Galerie Maria Almas-Dietrich: Staatsarchiv München, Stadtarchiv München, Bayrisches Hauptstaatsarchiv München und Wirtschaftsarchiv München., Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates, 1991., BArch Berlin, R 56., Mitteilung Bundesarchiv Berlin Vgl. E-Mail vom 12.11.2008.
9 Eichhorn, 2003, S. 272.
10 Löhr, 2005, S. 127f.
11 BArch Koblenz, B 323/436., Eichhorn, 2003, S. 272.
12 Für das Folgende: Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser, Teil B, 1933, Müller, 2005, S. 451.
13 Nachlässe Richard von Kühlmanns, in: Bayerische Staatsbibliothek München, Deutsches Literaturarchiv Marbach, Neckar / Handschriftenabteilung, Georg-Kolbe-Museum Berlin, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Münchner Stadtbibliothek / Monacensia, Staatsbibliothek Berlin / Handschriftenabteilung, Universitätsbibliothek Regensburg. Kühlmann, Richard von, Erinnerungen, Heidelberg, 1948.
14 Wurzbach, 1906, S. 45: Gemälde; Bertil Rapp, Hentzen, Alfred, Abraham Hondius, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, Bd. 8, 1963, S. 33-56 (mit 28 Abbildungen).
15 Nach freundlicher Information von Frau Dr. Marijke Peyser. Vgl. E-Mail vom 24.11. 2008. Parthey, 1963, S. 614 f. 

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