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Heinsius, Johann Julius

Bildnis eines jungen Herrn mit Spazierstock (Männliches Bildnis)

Entstehungsjahr 1770
Technik Öl auf Leinwand
Maße 80 x 60 cm
Münchener-Nr. 1712
Linz-Nr. 356
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

deDer Maler Johann Julius Heinsius (geboren 1740 in Hildburghausen, gestorben 1812 in Orleans) war Hofmaler in Versailles. Sein Werk wurde lange Zeit, bedingt durch den Franzosen Charles Oulmont1 , der Johann Julius größtenteils im privaten Besitz befindliches Oeuvre 1913 veröffentlichte, mit dem Werk seines Bruders, des thüringischen Hofmalers Johann Ernst Heinsius, in einem Oeuvre zusammengefasst2 . Daraus resultieren zahlreiche Verwechslungen der beiden Brüder. Unterschiede sind allerdings in der Signatur und der Malweise zu finden. Die Gemälde Johann Ernst Heinsius' sind mit „I.E. Heinsius“ signiert, die Gemälde des Johann Julius mit „I.I. Heinsius“ oder meist nur mit „heinsius fecit“ oder „heinsius pinxit.

Johann Julius Heinsius ging vermutlich in seiner Jugend in die Niederlanden. Für das Jahr 1767 ist er in der Liste der Zeichenakademie in den Haag „Confrerie Pictura“ verzeichnet, im gleichen Jahr ging er nach Frankreich, hielt sich später in Utrecht auf und ist 1771 und 1774 in Lille, Douai und Rouen aufgetaucht. 1779 und 1782 stellte er im Salon de la Correspondance aus. Er malte die Töchter Louis XV und wurde „Premier peintre“ am Versailler Hof. Mit Beginn der Französischen Revolution zog er sich nach Orleans zurück. Abgesehen von Portraits malte Johann Julius Heinsius Genreszenen und Miniaturen. Johann Julius Heinsius' persönlicher Stil weisen eine leichte Pinselführung auf. Die Eleganz und Verve, insbesondere seiner späten Bildnisse, zeugen davon.

Das Brustbild zeigt einen jungen Edelmann mit einem Spazierstock in der rechten Hand in frontaler Sicht vor neutralem Hintergrund. Der Dargestellte konnte bisher nicht identifiziert werden.

Provenienz

Zeittafel
bis 27.4.1927

Max Rothschild, Kunsthändler, London3

27.04.1927Galerie Heinemann, München für RM 1230,904
25.08.1938Verkauf über Galerie Almas an den „Sonderauftrag Linz“ für RM 2350,- 5

Die TVK München ermittelte keine Informationen zur Provenienz des Gemäldes.6

Die erneuten Recherchen ergaben Folgendes: Im Bundesarchiv Koblenz im Bestand Treuhandverwaltung für Kulturgut der OFD München konnten keine neuen Erkenntnisse zur Provenienz des Gemäldes gewonnen werden. Auf der Inventarkarte des Dresdner Kataloges ist verzeichnet: „keine Angaben, vor dem Krieg erworben".7

Gemäß den Angaben auf der Rückseite des Gemäldes8 befand es sich in der Galerie Heinemann in München.

Bei Recherchen im Nachlass der Galerie Heinemann konnte Folgendes festgestellt werden: Die Galerie Heinemann erwarb das Gemälde9 im April 1927 von dem Kunsthändler Max Rothschild in London, 28 Sackville Street zum Preis von 60 Pound bzw. RM 1230,90.10 Das Gemälde wurde über die Transportfirma J. Chenue, 10.GT.ST. Andrew Street Shaftesburg Avenue London.W.C.2, nach München transportiert, mit der Heinemann-Nummer 18396 ausgewiesen und blieb bis 1938 im Bilder–Bestand der Kunsthandlung Heinemann.11 Am 25.08.1938 wurde das Gemälde an die Kunsthändlerin Almas-Dietrich verkauft.12

Die TVK München ermittelte die Verkäufe Heinrich Zinckgrafs an den „Sonderauftrag Linz“. Zinckgraf erstellte dazu eine Liste der über ihn erworbenen 86 Gemälde vom 6.5.1938 bis zum 9.11. 1944 mit Provenienzangaben und den entsprechenden „Zinckgraf–Nummern“. Nach seinen Angaben verkaufte die Kunsthandlung Heinemann 1938 über die Galerie Almas am 14.9.1938 ein Frauenportrait von Albert Keller (Linz-Nr. 353) und von August Friedrich Oelenhainz (Linz–Nr.355) und direkt an den „Sonderauftrag Linz“ neun Gemälde von Christian Schönleber (L 358 – L 366).

Das Gemälde von Heinsius (L 356) ist auf dieser Liste nicht vermerkt.13  

Die Kunsthandlung Heinemann wurde 1894 durch David Heinemann gegründet und von seinen Söhnen Theobold und Hermann Heinemann weitergeführt. Die Galerie Heinemann hatte das beste Angebot an Gemälden der Münchner Schule und französischer Malerei und pflegte gute Beziehungen zur Münchner Pinakothek. Die Witwe Theobold Heinemanns, Franziska Heinemann (geb. 24.11.1882 in München) führte ab 1929 die Galerie am Lenbachplatz 5-6 gemeinsam mit ihrem Sohn Fritz Heineman (geb. 2.6. 1905 in München), der im Januar 1939 in die USA emigrierte.14 Der Nachlass der Galerie Heinmann befindet sich im Archiv für bildende Künste des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg.

Friedrich Heinrich Zinckgraf wurde, nach dem Ausscheiden Fritz Heinemanns aus der Firma im Januar 1938, im September 1938 durch Franziska Heinemann als Gesellschafter aufgenommen. Zinckgraf war zuvor als leitender Angestellter in der Galerie tätig gewesen. Im November 1938 stellte er den Antrag auf „Arisierung“ der Firma Heinemann, die sich bis Ende 1939 hinzog. Das Reichswirtschaftsministerium hatte sich die Entscheidung bis zu diesem Zeitpunkt vorbehalten. Frau Franziska Heinemann wurde im November 1938 verhaftet und emigrierte im Februar 1939 in die USA. Das Gewerbeamt München löschte rückwirkend zum 10. November 1938 Franziska Heinemann als Gesellschafterin der Kunsthandlung. 1941 änderte der Firmeninhaber Heinrich Zinckgraf den Firmennamen in „Galerie Zinckgraf. Friedrich H. Zinckgraf“. Die Galerie wurde während der Bombenangriffe auf München zerstört. Zinckgraf konnte 1500 Gemälde retten und verlegte sein Geschäft nach Stockdorf.15 Er erhielt nach dem Krieg wieder eine Lizenz als Kunsthändler. Nach seinem Tod wurde die Firma 1954 aufgelöst.

Die kunsthistorischen Recherchen ergaben bis zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Hinweise zur Provenienz des Gemäldes vor 1927. Im Werkverzeichnis von Charles Oulmonts ist das interessierende Gemälde nicht verzeichnet.16

Die Provenienz ist geklärt. Ein früherer NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust an diesem Kunstwerk kann ausgeschlossen werden.

Stand: 2009

1 Oulmont, 1913.
2 Für Folgendes: Dauch - Schroeder, 1940. S. 8.
3 GNM, ABK, NL Heinemann Galerie, I, B-50.
4 Ebenda, Kassenbuch, Bl. 323, 27.April 1927, Max Rothschild, Heinemann - Nr. 18396, gemeinsam mit F. Gaguasco “Landschaft mit Figuren“ ( Heinemann – Nr. 18395) für  RM  2256,65.
5 Ebenda, I, B – 51 ( Kassenbuch, I, B- 21.Karteikarten Käufer ).
6 BADV Berlin, Property Card Mü-Nr. 1712.
7 BArch Koblenz, B 323/45, S. 357.
8 Aufkleber mit dunkelblauer gedruckter Schrift „ J. Chenue French Packer- handschriftlich „Heinemann“ - 10.GT.ST. Andrew Street Shaftesburg Avenue London.W.C.2, vgl. Rückseitenbefund Landesmuseum Hannover. Vgl. E-Mail vom 15.12.2008 und Niedersächsisches Landesmuseum Hannover.
9 GNM, ABK, NL Heinemann Galerie, I, B-20, Verkaufte Bilder nach Künstler; Heinsius J. Ernst Nr. 18396, Männliches Portrait in weißer Uniform, 1770, 80 x 60 cm, verkauft an M. Almas München, Ottostr. Am 14.9.38
10 Ebenda, I, B-14, Lagerbuch D, S. 127. Ebenda, I, B-50, S. 323, I, B – 20, Nr. 18396.
11 Rückseitenbefund von Landesmuseum Hannover. Vgl. E-Mail vom 15.12.2008 und Niedersächsisches Landesmuseum Hannover. GNM, ABK, NL Heinemann Galerie, I, B-28, S. 26, Nr. 18396 Heinsius, J. Männl. Portrait mit weiss. Uniform für RM 1230,- ( Bilder – Bestand per 31. Dezember 1928);  I, B-38, o. S.,  Nr. 18396 , Heinsius, J. Männl. Portrait für RM 160,- (Bilder – Bestand per 31.Dezember 1937).
12 GNM, ABK, NL Heinemann Galerie, I, B-21, Käufer A – Z, Verkauf Almas , Frau M. München 14.9. 1938: Nr. 19646: Grutzner, Thoma, Keller, Gebler, Oelenhainz, J. Heinsius Männl. B., G. Schönleber 9 Landschaften., I, B – 51, Kassenbuch, S. 185, 29. September 1938 Soll.
13 Aussage von Friedrich H. Zinckgraf am 8.6.1951. Vgl. BArch Koblenz, B323/ 332.
14 Möller, Susanne von, Kunsthandel und Kunstexport. Ein Markt für gehobene Schichten, in: Prinz, , Krauss, 1988, S. 248 ff. Für Folgendes: Selig, 2004, S. 627 – 630.
15 BArch Koblenz, B 323/143, LF XXII, S. 47, Nr. 218.
16 Oulmont, 1913; Börsch-Supan, 1971. Dauch-Schroeder, 1940. S. 8: Hinweis auf Gemälde von Heinsius, Johann Julius in Auk.kat. der Sammlung Albert Jaffe, Hamburg I. Teil 15. Oktober 1912, Rudolph Lepke Kunstauktionshaus, Berlin B.A., S. 7, Kat. Nr. 41, Männliches Bildnis, Signiert und Datiert 1784, Abbildung Tafel 14, nicht identisch mit interessierendem Gemälde.

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