Navigation und Service

Friedländer, Alfred

Kriegsrat

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Holz
Maße 26,5 x 39,5 cm
Münchener-Nr. 1814/2
Linz-Nr. 60
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Alfred Friedländer (1860–1933) war ein österreichischer Genremaler.[1] Der Sohn von Friedrich Friedländer (1825–1901) trat im Jahre 1874 in die Wiener Akademie ein und lernte dort unter Julius Diez (1870–1957) in München, wo er ab 1880 dauerhaft wohnhaft war. Die Jahre zwischen 1895 und 1899 verbrachte der Künstler in Rom, lebte seit 1901 jedoch wieder in seiner Geburtsstadt Wien. Friedländer malte vornehmlich romantische Räuber- und Kriegsszenen meist aus dem Dreißigjährigen Krieg in kleinem Format. Künstlerisch beeinflusst wurde er unter anderem von dem niederländischen Maler August von Pettenkofen (1822–1889).

Das Gemälde zeigt eine Dorfansicht mit reicher Staffage. In der Mitte verläuft ein Weg in die ferne Landschaft. Links des Weges befindet sich eine Wiese mit einer Gruppe von Pferden sowie stehenden und sitzenden Landsknechten. Im rechten Bildteil ist ein Haus dargestellt, davor ein Baum sowie an einem Tisch Kriegsrat haltende Offiziere, die von Neugierigen umgeben sind. Vor ihnen sind zwei Pferde an einer Krippe zu sehen. Als Titel sind sowohl „Kriegsrat“[2] als auch „Lagernde Landsknechte“[3] überliefert.

Das Werk ist unten links signiert „A. Friedländer“, jedoch nicht datiert.

Ein Werkverzeichnis zum Künstler konnte nicht ermittelt werden. Darüber hinaus wurde die einschlägige Literatur zum Künstler überprüft.[4] In der Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München sind weiterhin Fotos zum Werk Alfred Friedländers enthalten. Zum Gemälde „Einquartierung“ konnte jedoch keine Fotografie ermittelt werden.

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: in blauer Fettkreide „1814/2“ (Mü-Nr.); weißes, Blau umrandetes Etikett mit perforiertem Rand „60“ (Linz-Nr.); „K 37“ (Kremsmünster); weißes, Schwarz umrandetes Etikett „Kriegsrath“ (Objekttitel); in Rot „12“ (nicht identifiziert).

[1] Für das Folgende vgl. Thieme/Becker 1907, 12. Bd., S. 457.

[2] Vgl. BVA-Archiv, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 1814/2.

[3] Vgl. Auk.kat. Nachlass H. Schwabach, Berlin W., Villa Hildebrandtstraße 16. Gemälde alter und neuer Meister, Bild- und Knüpfteppiche, Bechstein-Flügel u. Klavier, Billard, Tafelsilber, Porzellan, Glas, Mobiliar, Beleuchtung, Wäsche, Dr. Ernst Mandelbaum & Peter Paul Kronthal, Berlin, 01./02.04.1936, S. 7, Los 89, Abb. o. S. Tafel 7.

[4] Ohne Treffer: Ausst.kat. Jubiläums-Ausstellung, Künstlerhaus Wien, 1888, Kat. Nr. 677 und 754. Eine eindeutige Zuordnung war aufgrund unzureichender Werkangaben nicht möglich. Friedrich von Boetticher, Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. Beitrag zur Kunstgeschichte, 2. Bd., Dresden 1891–1901, S. 344. Paul Tausig, Die erste moderne Galerie Österreichs in Baden bei Wien, 1811. Eine Studie. Im Anhange: Neudruck des dazugehörigen Gemälde-Kataloges (von 1811), Wien 1909. Gustav Glück, Die Gemäldegalerie Wien, Wien 1923. Ausst.kat. Meisterwerke österreichischer Malerei aus dem 19. Jhd., Künstlerbund Hagen, Wien 1928. Ausst.kat. Bildnisse österreichischer Künstler des 18. und 19. Jhd., Belvedere, Österreichische Galerie Wien, Wien 1939. Ausst.kat. Meisterwerke Deutscher und Österreichischer Malerei 1800–1900. Aus Berliner und anderen deutschen und österreichischen Galerien, Kunsthalle Kiel, 17.06.–29.07.1956. Ausst.kat. Von Dillis bis Piloty. Deutsche und österreichische Zeichnungen, Aquarelle, Ölskizzen, 1790–1850, aus eigenem Besitz, Staatliche Graphische Sammlung München, 14.12.1979–16.03.1980.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
Bis 01./02.04.1936Nachlass Henrietta Schwabach (1883–?), Berlin, versteigert auf Auktion bei Dr. Ernst Mandelbaum & Peter Paul Kronthal, Berlin
(…) 
O. J.Privatbesitz oder Kunsthandel, Deutschland
Vor 1938Galerie Almas-Dietrich, München
Vor 1938Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“)
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
30.06.1945Eingang in den Central Collecting Point München
Seit 1949Bundesvermögen

Das Gemälde war einst Teil der Sammlung von Henrietta Schwabach (1883–?), geborene Speyer, Berlin.[1] Diese war verheiratet mit Felix Schwabach (1855–1928), der zahlreiche politische Ämter im deutschen Kaiserreich bekleidete. So war er unter anderem Reichstagsmitglied (1907–1918), Regierungsrat sowie Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses.[2] Wann und auf welchem Wege das Werk in ihr Eigentum gelangte ist nicht bekannt.

Als Teil des Nachlasses von Henrietta Schwabach stand das Werk am 1./2. April 1936 beim Auktionshaus Dr. Ernst Mandelbaum & Peter Paul Kronthal in Berlin zum Verkauf.[3] Im zugehörigen Auktionskatalog ist es unter der Losnummer 89 verzeichnet und abgebildet. Laut handschriftlicher Annotation wurde das Werk zusammen mit einem Gegenstück für RM 420,- veräußert. Ein Käufername konnte nicht ermittelt werden.

Die nächste bekannte Eigentümerin des Gemäldes war die Münchener Galerie Almas.[4] Laut Aussage von Maria Almas-Dietrich vom 9. März 1949 erwarb sie das Werk zu einem nicht benannten Zeitpunkt aus deutschem Privatbesitz oder dem dortigen Kunsthandel.[5]

Maria Almas-Dietrich (1892–1971), geborene Dietrich, betrieb nach eigenen Angaben seit 1918 eine Kunsthandlung in München.[6] Im Jahre 1921 heiratete sie den türkischen Staatsbürger Ali Almàs-Diamant und trat zum Judentum über. Seit 1926 lebten sie jedoch in Trennung, 1937 erfolgte die Scheidung. Der Name „Almas“ blieb jedoch für die Galerie erhalten. Nach eigenen Angaben lernte Almas-Dietrich im Jahre 1936 Heinrich Hoffmann (1885-1957), den Fotografen Adolf Hitlers, kennen und erhielt über diesen erste Aufträge, Kunst für Hitler zu erwerben. Fortan entwickelte sie sich zu den aktivsten Vermittlern von Kunst an die Nationalsozialisten. Zwischen 1936 und 1944 verkaufte Almas-Dietrich über eintausend Kunstwerke an Hitler und zählt damit zu den Kunsthändlern mit der größten Anzahl an Hitler verkauften Kunstwerken. Am 15. Januar 1940 wurde sie aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung, dass sie keine Jüdin sei, im Deutschen Reich eingebürgert. Nach der Zerstörung ihrer Galerie bei einem Luftangriff am 20. April 1944 wurde der Betrieb in die eigene Villa an der Gustav-Freytag-Str. 5 im Herzogpark verlagert. Die amerikanische Besatzungsbehörde vernahm Maria Almas-Dietrich nach 1945 mehrfach zu ihren Geschäften. Dabei wurden auch Unterlagen wie Geschäftsbücher beschlagnahmt und durch die Division MFA&A ausgewertet.[7]

Von der Galerie Almas wurde das Gemälde zu einem unbekannten Zeitpunkt vom Deutschen Reich für den „Sonderauftrag Linz“ erworben und erhielt die Linz-Nummer 60.[8] Die Höhe der Linz-Nummer weist auf einen Erwerb vor 1938 hin.[9]

Die Nummer K37 auf der Property Card sowie auf der Bildrückseite weist auf die Lagerung des Gemäldes im Depot Kremsmünster hin.[10] Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrages Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.[11] Aus Angst vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.[12]

Um das Werk vor weiteren Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 30. Juni 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[13] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt nach dem bisherigen Kenntnisstand die Provenienz ungeklärt.[14]

 

Bearbeitungsstand: 2019

[1] Vgl. Auk.kat. Dr. Ernst Mandelbaum & Peter Paul Kronthal, Berlin, 01./02.04.1936, S. 7, Los 89, Abb. o. S. Tafel 7.

[2] Vgl. George W. Liebmann, The Fall of the House Speyer. The Story of a Banking Dynasty, London/New York 2015, o. S.

[3] Für das Folgende vgl. Auk.kat. Dr. Ernst Mandelbaum & Peter Paul Kronthal, Berlin, 01./02.04.1936, S. 7, Los 89, Abb. o. S. Tafel 7. Gegenstück zu Los 90, Alfred Friedländer, Landsknechte in ein Dorf einziehend (o. J.).

[4] Vgl. BVA-Archiv, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 1814/2.

[5] Vgl. NARA, M1946. URL: www.fold3.com/image/270038086 [Abruf: 19.03.2019].

[6] Vgl. BWA, K1, XVA, 10c, 264, Akt Fall 33.

[7] Vgl. NARA, RG 260, 519, Box 445.

[8] Vgl. BVA-Archiv, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 1814/2.

[9] Zur Inventarisierung siehe BArchiv Koblenz, B 323/332, Aussage von Hans Reger, 21.07.1951. Hans Reger fertigte seit Juli 1938 eine „Liste der für das Museum Linz vorgesehenen Gemälde“ an. Diese wurde im Mai 1945 von der US Army in Altaussee, Österreich gefunden. Vgl. das Faksimilie bei Günther Haase, Die Kunstsammlung Adolf Hitler. Eine Dokumentation, Berlin 2002.

[10] Vgl. BVA-Archiv, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 1814/2.

[11] Vgl. Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln 2010, S. 217.

[12] Vgl. Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“. Kunstbeschaffung im Nationalsozialismus, Berlin 2016, S. 54.

[13] Vgl. BVA-Archiv, zugehörige Property Card des CCP München.

[14] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) LostArt Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) [Abruf: 07.02.2019].

 

Kontakt

Bei Fragen und Anregungen nutzen Sie bitte unser Kontaktformular

Zum Kontaktformular