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Unbekannt (Zier- und Gebrauch)

Truhe

Entstehungsjahr 16. Jahrhundert
Technik Bildschnitzerei
Maße 50 cm x 161 cm, Tiefe: 42 cm
Münchener-Nr. 1820
Linz-Nr. Keine
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Die Entstehungszeit der kunsthandwerklich gestalteten und reich verzierten Holztruhe wird auf das 16. Jahrhundert datiert. Es könnte sich um die Arbeit eines italienischen Meisters handeln.
Es handelt sich um eine Sitztruhe mit Ornament- und Blattwerkschnitzerei.

Provenienz

Die Alliierten hatten im Juni 1945 im böhmischen Zisterzienserkloster Hohenfurth (heute Vyssi Brod in Tschechien) diverse Kunstgegenstände aufgefunden, beschlagnahmt und in einen Collecting Point nach Deutschland verlagert. Das Stift Hohenfurth sowie das Stift Kremsmünster hatten im Zweiten Weltkrieg als Lager für die Bestände des geplanten Neuen Museums („Führermuseum“) in Linz gedient. Dort waren auch Teile der Sammlung Mannheimer und der Sammlung Rothschild gelagert.

Die frühere Treuhandverwaltung Kulturgut München notierte zur Provenienz der hier in Rede stehenden Truhe, dass diese Teil der im Jahre 1941 unter deutscher Besatzung in Holland erworbenen Sammlung Mannheimer war.1 Für die Sammlung Mannheimer gab es ein deutsches und ein niederländisches Verzeichnis. Die Truhe erhielt die Nummer 620 b des deutschen Verzeichnisses.

Zur Sammlung Mannheimer ließ sich das Folgende ermitteln. Dr. Fritz Mannheimer war ein deutsch-jüdischer Bankier und Kunstsammler. Er lebte nach 1933 in den Niederlanden und erhielt 1936 die niederländische Staatsangehörigkeit. Mannheimer besaß eine der wertvollsten Kunstsammlungen weltweit. Wegen spekulativer Transaktionen mit dem französischen Staat geriet seine Bank Anfang 1939 in Schwierigkeiten, so dass seine Gläubiger den Verkauf der Kunstsammlung zur Befriedigung ihrer Forderungen verlangten.
Nach dem plötzlichen Tod Mannheimers im August 1939 und der Besetzung der Niederlande durch deutsche Truppen im Mai 1940 verbrachte die (nicht jüdische) Witwe Mannheimers einen
Teil der wertvollen Kunstsammlung in den unbesetzten Teil von Frankreich. Ein anderer Teil der Kunstsammlung blieb in Amsterdam. Im Jahre 1941 wurde der in den Niederlanden befindliche Teil der Sammlung durch das Deutsche Reich zu einem diktierten Kaufpreis erworben. Der in Frankreich gelagerte Teil der Sammlung Mannheimer wurde 1944 beschlagnahmt und in Altaussee (heute Österreich) gelagert.
Entsprechend einer Mitteilung des Bundesamtes für Äußere Restitution wurden die Teile der früheren Sammlung Mannheimer, die in Paris beschlagnahmt wurden, vom französischen Staat beansprucht. Sie wurden schließlich an Frankreich restituiert. Alle aus den Niederlanden unter dem Zwang der deutschen Besatzung entzogenen Kunstwerke, die als solche erkannt wurden, wurden auf Antrag des niederländischen Staates im Rahmen der Äußeren Restitution zurückgegeben. Die zur früheren Sammlung Mannheimer zählenden Kunstwerke wurden dann im Jahre 1950 auf einer Auktion in Holland versteigert.2  

Die im Bundesamt für Äußere Restitution vorliegenden Verzeichnisse zur Sammlung Mannheimer enthalten allerdings nur die tatsächlich im Rahmen der Äußeren Restitution zurückgeführten Kunstwerke. Über die hier in Rede stehende Truhe ist dort nichts bekannt.

Im Kloster Hohenfurth sind aktuell einige Gemälde, die in der Zeit der Herrschaft des Nationalsozialismus entstanden waren und zur Sammlung von Hitler gehörten, wiederentdeckt worden. Bei dem Abtransport der Kunstwerke nach Beendigung des II. Weltkrieges durch die Alliierten sind offenbar einige Kunstwerke dort zurückgelassen worden. Andererseits wurden eventuell Objekte mitgenommen, die ursprünglich zur Ausstattung des Klosters zählten.

Die Provenienz der Holztruhe aus dem 16. Jahrhundert bleibt bislang ungeklärt. Alle hier bekannten Quellen sind ausgeschöpft. Ein früherer NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust kann nicht ausgeschlossen werden.

Stand: 2012

1 Die Unterlagen der früheren Treuhandverwaltung Kulturgut unterscheiden zwischen der Sammlung Mannheimer (Paris) und der Sammlung Mannheimer (Amsterdam)
2 Vgl. Günther Haase, „Die Kunstsammlung des Reichsmarschalls Hermann Göring“, Berlin, 2000, S. 189

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