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Braith, Anton

Jungvieh auf der Weide

Entstehungsjahr 1891
Technik Öl auf Leinwand
Maße 51 x 80,5 cm
Münchener-Nr. 11016
Linz-Nr. 604
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Anton Braith (1836–1905) war ein deutscher Tier- und Landschaftsmaler.[1] Seine Ausbildung erhielt er beim Genremaler Johann Baptist Pflug (1785–1866) in Biberach, sowie ab 1851 an der Kunstschule in Stuttgart. Im Jahre 1860 ging Braith nach München, wo er sich niederließ. Er tätigte große Studienreisen nach Venedig, London, Paris sowie Rom und begründete mit seinem langjährigen Freund Christian Mali (1832–1906) das heute nicht mehr vorhandene Haus „Schwabenburg“, welches anderen Künstlern gelegentlich als Atelier zur Verfügung gestellt wurde. Er war bis zu seinem Tod Mitglied des Münchener Kunstvereins. Im Jahre 1905 starb der Künstler in der Stadt Biberach, welcher er seinen künstlerischen Nachlass vermachte.[2]

Das Gemälde zeigt Kühe auf einer Weide. Im Vordergrund sind auf der Böschung eines Weideplatzes drei junge Kälber dargestellt. Am linken Bildrand ist ein Weiher zu sehen, in den Wasser abgeleitet wird. Im Bildhintergrund erstreckt sich Weideland mit weiteren fünf Kühen, sowie zwei Bauernkindern, die im Gras sitzen.

Das Werk ist unten rechts signiert und datiert „Anton Braith / 1891 / München“.

Ein Werkverzeichnis des Künstlers konnte nicht ermittelt werden. Darüber hinaus wurde die einschlägige Literatur zum Künstler überprüft.[3]

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: handschriftlich „Anton Braith München 1891“ (Objektdaten); weißes, blau umrandetes Etikett mit perforiertem Rand „604“ (Linz-Nr.); handschriftlich, in Schwarz „I A“ (nicht identifiziert); weißes Etikett „Braith Jungvieh auf der / Weide / Leihgabe der Oberfinanzdirektion / München“ (Provenienzmerkmal, nach 1949); in Schwarz „Kii7“(Kremsmünster), „Leihgabe“ (nicht identifiziert); in blauer Fettkreide „269[…]“ (nicht identifiziert); schwarzer Stempel „Eigentum der Bundesrepublik Deutschland“ (Provenienzmerkmal, nach 1949).

[1] Für das Folgende vgl. Ulrich Thieme/Felix Becker (Hgg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 3/4, Leipzig 1999, S. 513.

[2] Für weitere Informationen zum Künstler siehe: Adam Kuhn, Anton Braith. Ein Bild seines Lebens und Schaffens, Biberach 1926.

[3] Ohne Treffer: Hans-Peter Bühler, Anton Braith – Christian Mali. Tiermaler der Münchner Schule, Mainz 1981. Uwe Degreif (Hg.), Anton Braith. Tiermaler in München, Lindenberg 2005.

Provenienz

Zeittafel
Ab 1905Stadt Biberach, Nachlass des Künstlers
(…) 
Juli 1921Hugo Moses (?–?), Feldafing
(…) 
O. J.Unbekannt, Deutschland
Bis Januar/Februar 1939Galerie Almas, München
Ab Januar/Februar 1939Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“)
Ab Mai 1941Eingang in das Kloster Kremsmünster
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
Ab 20.10.1945Eingang in den Central Collecting Point München
Seit 1949Bundesvermögen

Anton Braith (1836–1905) vermachte seiner Geburtsstadt Biberach in seinem Testament seinen gesamten künstlerischen Nachlass sowie seine Kunstsammlung. Der Nachlass umfasste 670 Ölgemälde, die bereits ein Jahr nach seinem Tod in das neu gegründete Braith-Museum in Biberach gebracht wurden.[1]

Im Juli 1921 befand sich das Werk nachweislich im Eigentum von Hugo Moses (?–?), Feldafing.[2] Dieser lieferte das Gemälde am 15. Juli 1921 bei der Münchener Galerie Heinemann ein. Bereits am 20. Juli desselben Jahres wurde es an Moses zurückgegeben.

Die Identität von Hugo Moses konnte im Rahmen umfassender Recherchen nicht eindeutig festgestellt werden. In der Einwohnermeldekartei der Stadt Feldafing in Bayern konnte er nicht nachgewiesen werden.[3] Die Münchner Einwohnermeldekartei verzeichnet zwei Personen mit dem Namen Hugo Moses: einen Medizinstudenten (1888–?), der seit dem 2. Juli 1911 in München studierte, jedoch noch im selben Jahr nach Berlin verzog, sowie einen Kaufmann und Volontär (1891–1943) gleichen Namens, der von 1911 bis 1913 in München lebte.[4] Letzterer meldete sich am 1. September 1913 zum Militär ab. Von 1914 bis 1919 war er als Soldat eingezogen. Seine Eltern waren Lederfabrikanten in Dinslaken.[5] Er emigrierte wahrscheinlich nach 1933 in die Niederlande und wurde im Jahre 1943 in Auschwitz ermordet.[6]

Weiterhin sind Informationen zu einem Berliner Kunsthändler Hugo Moses (1881–1972) überliefert.[7] Dieser trat bereits im Jahre 1912 mit einer Ausstellung von Werken Max Pechsteins als Kunsthändler hervor. Zum Programm der Kunsthandlung zählten vornehmlich deutsche und französische Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts. Etwa 1925 erfolgte die Änderung seines Namens in Hugo Moser. Moser emigrierte mit seiner Familie im Jahre 1933 in die Niederlande und von dort aus 1940 in die USA, wo er weiterhin als Kunsthändler  tätig war.

Es konnte nicht ermittelt werden, ob es sich bei Hugo Moses um eine der genannten Personen gehandelt hat. Rückerstattungsunterlagen nach Hugo Moses konnten nicht ermittelt werden.

Über die Münchner Kunsthändlerin Maria Almas-Dietrich (1892–1971) wurde das Gemälde zu einem unbekannten Zeitpunkt durch das Deutsche Reich für den „Sonderauftrag Linz“ erworben und erhielt die Linz-Nr. 604.[8] Laut eigener Aussage vom 16. März 1949 stammte das Werk „aus deutschem Besitz“. Die Höhe der Linz-Nummer weist auf einen Ankauf im Januar/Februar 1939 hin.[9]

Almas-Dietrich, geborene Dietrich, betrieb nach eigenen Angaben seit 1918 eine Kunsthandlung in München.[10] Im Jahre 1921 heiratete sie den türkischen Staatsbürger Ali Almàs-Diamant und trat zum Judentum über. Seit 1926 lebten sie jedoch in Trennung, 1937 erfolgte die Scheidung. Der Name „Almas“ blieb jedoch für die Galerie erhalten. Nach eigenen Angaben lernte Almas-Dietrich im Jahre 1936 Heinrich Hoffmann (1885–1957), den Fotografen Adolf Hitlers, kennen und erhielt über diesen erste Aufträge, Kunst für Hitler zu erwerben. Fortan entwickelte sie sich zu den aktivsten Vermittlern von Kunst an die Nationalsozialisten. Zwischen 1936 und 1944 verkaufte Almas-Dietrich über eintausend Kunstwerke an Hitler und zählt damit zu den Kunsthändlern mit der größten Anzahl an Hitler verkauften Kunstwerken. Am 15. Januar 1940 wurde sie aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung, dass sie keine Jüdin sei, im Deutschen Reich eingebürgert. Nach der Zerstörung ihrer Galerie bei einem Luftangriff am 20. April 1944 wurde der Betrieb in die eigene Villa an der Gustav-Freytag-Str. 5 im Herzogpark verlagert. Die amerikanische Besatzungsbehörde vernahm Maria Almas-Dietrich nach 1945 mehrfach zu ihren Geschäften. Dabei wurden auch Unterlagen wie Geschäftsbücher beschlagnahmt und durch die Division MFA&A ausgewertet.[11]

Die Nummer „K 117“ auf der Property Card sowie die Aufschrift „Kii7“ auf der Rückseite des Werkes weist auf dessen Lagerung im Depot Kremsmünster hin.[12] Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrag Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.[13] Aus Sorge vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.[14]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 20. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[15] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls  bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt nach dem bisherigen Kenntnisstand die Provenienz ungeklärt.[16]

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Vgl. Museum Biberach, Braith-Mali-Museum. URL: https://biberach-riss.de/Tourismus-Kultur-Freizeit/Kultur/Museum-Biberach [Abruf: 08.06.2020].

[2] Für das Folgende vgl. Galerie Heinemann online, Recherche, Kunstwerk-ID: 33934. URL: http://heinemann.gnm.de/de/kunstwerk-33934.htm [Abruf: 02.06.2020]. Zur Galerie Heinemann vgl. Birgit Jooss, Galerie Heinemann. Die wechselvolle Geschichte einer jüdischen Kunsthandlung zwischen 1872 und 1938, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 2012, S. 69–84. URL: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/2754/1/Jooss_Galerie_Heinemann_2012.pdf [Abruf: 26.05.2020].

[3] Laut Auskunft der Gemeinde Feldafing vom 24.07. 2010.

[4] Vgl. Stadtarchiv (StdA) München, Einwohnermeldekartei (EWK) München, Hugo Moses.

[5] Vgl. Bayerisches Hauptstaatsarchiv (BHStA), München, Abteilung IV Kriegsarchiv, Kriegsstammrollen, 1914–1918, 15307, Kriegsstammrolle. 

[6] Vgl. Joods Cultureel Kwatier. Digital Monument to the Jewish Community in the Netherlands, Hugo Moses. URL: www.joodsmonument.nl/person/445825 [Abruf: 10.06.2010].

[7] Für das Folgende vgl. Berlinische Galerie. Museum für Moderne Kunst, Sammlung Online, Kunstarchiv Werner J. Schweiger, Kunsthandlung Hugo Moses. URL: https://sammlung-online.berlinischegalerie.de:443/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=231167&viewType=detailView [Abruf: 10.06.2020].

[8] Für das Folgende vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 11016. 

[9] Vgl. Klaus Beetz, Die Erwerbungen Adolf Hitlers bis zum Führererlass vom 26. Juni 1939 für den Aufbau des Neuen Museums Linz, Berlin 2004 (unpubliziert), S. 14.

[10] Vgl. Bayerisches Wirtschaftsarchiv (BWA) München, K1, XVA, 10c, 264, Akt Fall 33.

[11] Vgl. National Archives and Records Administration (NARA), Washington, D. C., RG 260, 519, Box 445.

[12] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München und Rückseitenbefund.

[13] Vgl. Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln 2010, S. 217.

[14] Vgl. Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“. Kunstbeschaffung im Nationalsozialismus, Berlin 2016, S. 54.

[15] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München.

[16] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) Lost Art-Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) [Abruf: 27.05.2020].

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