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Lenbach, Franz Seraph von

Venustas (Bildnis Julia Virginia Scheuermann) [Bacchantin]

Entstehungsjahr Entstehungsjahr unbekannt
Technik Öl auf Leinwand
Maße 123 x 96,5 cm
Münchener-Nr. 11034
Linz-Nr. 890
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Franz von Lenbach (1836-1904), zählte zusammen mit Franz von Stuck und Friedrich August von Kaulbach zu den Münchener Malerfürsten des 19. Jahrhunderts.1 Das vorliegende Gemälde zeigt eine junge Bacchantin mit entblößtem Oberkörper vor dunklem Hintergrund. Bei der Dargestellten handelt es sich um Pasqualine Waldstein.

Provenienz

Zeittafel
bis 1904Seit der Entstehung bis zu seinem Tod im Besitz des Künstlers 
ab 1904 Im Besitz der Nachlassverwalterin und Witwe, Lolo von Lenbach
14.04.1906 In Kommission in der Galerie Heinemann, München
14.08.1906Rückgabe aus Kommission von Galerie Heinemann an Lolo von Lenbach, München
Unbekannt Vermutl. aus dem Besitz von Lolo von Lenbach an Galerie Almas, München 
Deutsches Reich, „Sonderauftrag Linz“

Der Property Card ist zu entnehmen, dass sich das Gemälde zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt in der Münchener Galerie Heinemann befand.2 Die erneuten Recherchen ergaben folgendes:3 Auf der Rückseite des Gemäldes findet sich laut Auskunft des leihnehmenden Lenbach-Museums in Schrobenhausen die Nummer 2885.4 Die Vermutung, dass es sich bei dieser Nummer um eine ehemals von der Galerie Heinemann vergebene Nummer handelt, konnte im Nachlass der Galerie Heinemann, welcher sich im Archiv des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg befindet, bestätigt werden.5 Mit der Nummer 2885 ist das Gemälde im Lagerbuch der Jahre von Dezember 1903 bis Dezember 1906 verzeichnet.6 Laut Eintrag vom 14. April 1906 wurde darüber hinaus auf einem weiteren Blatt vermerkt, dass das Gemälde „Nr. 2885 / Name des Künstlers: Lenbach, Frz. v. / Sujet: Bacchantin / Bildgröße: H: 125 B: 97 / Ankaufspreis: - / Bemerkungen: L / Besitzer: Frau v. Lenbach / Wohnort: Luisenstr.“7 am 14. August „retour“ ging. Das Gemälde „Bacchantin“ befand sich demnach nur temporär in Kommission in der Galerie Heinemann und wurde im August 1906 an Frau von Lenbach retourniert. In den ebenfalls im Nachlass der Galerie Heinemann befindlichen Karteien der verkauften und angebotenen Gemälde sowie im Einkaufsbuch scheint die „Bacchantin“ nicht auf, da es sich hierbei lediglich um Kommissionsware handelte, die 1906 an den Besitzer „Frau von Lenbach, Luisenstr.“ zurückgegeben wurde.

Ob Lolo von Lenbach das Gemälde weiterverkaufte und an wen ist nicht bekannt. Lolo von Lenbach, geborene von Hornstein (1861-1941) war die zweite Frau Franz von Lenbachs, die der Künstler am 5. Oktober 1896 in München geheiratet hat.8 Nachdem Lenbach im Mai 1904 verstorben war, verwaltete sie den künstlerischen Nachlass ihres Mannes.

In Bundesbesitz befinden sich nachweislich insgesamt fünf Gemälde Franz von Lenbachs, die nach Angaben der Property Card aus dem ehemaligen Besitz der Frau von Lenbach stammen.9 Darunter unter anderem das Gemälde „Damenbildnis in gemaltem Rund“, welches im März 1941 von der Münchener Galerie Almas für die Sammlung „Sonderauftrag Linz“ erworben wurde.10 Die Galeristin Maria Almas-Dietrich gab am 16. August 1951 zu Protokoll, dass sie das Gemälde zuvor aus dem „Besitz Frau von Lenbach“ erworben hatte.11

Vor ihrem eigenen Tod am 27. Mai 1941 in München verkaufte Lolo von Lenbach vermutlich mehrere Kunstwerke aus dem Nachlass ihres Mannes an die Münchener Galeristin Maria Almas-Dietrich. Eine diesbezügliche Anfrage an die heutigen, den Nachlass Franz von Lenbachs’ verwaltenden Erben, blieb unbeantwortet.12

Maria Almas, geborene Dietrich, geboren am 28. Juni 1892 in München, betrieb nach eigenen Angaben seit 1918 eine Kunsthandlung in München.13 1921 heiratete sie Ali Almàs (Diamant), türkischer Staatsbürger, und trat zum Judentum über. Seit 1926 lebte sie von ihm getrennt und ließ sich 1937 scheiden. Sie behielt aber den Namen Almas für ihre Galerie.

Nach ihren Angaben lernte sie 1936 Heinrich Hoffmann, den Fotografen Adolf Hitlers, kennen und erhielt über diesen die ersten Aufträge, Kunst für Hitler zu erwerben. Sie wurde eine der aktivsten Personen im Kunsthandel, die für die Nationalsozialisten tätig waren.

Maria Almas-Dietrich verkaufte zwischen 1936 und 1944 mindestens 270 Kunstwerke an Hitler und zählt damit zu den Kunsthändlern mit der größten Anzahl an Hitler verkauften Kunstwerken. Am 15. Januar 1940 wurde sie aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung, dass sie keine Jüdin sei, im Deutschen Reich eingebürgert. Nach der Zerstörung ihrer Galerie bei einem Luftangriff am 20. April 1944 wurde der Betrieb in die eigene Villa an der Gustav-Freytag-Str. 5 im Herzogpark verlagert.

Die amerikanische Besatzungsbehörde vernahm Maria Almas-Dietrich nach 1945 mehrfach zu ihren Geschäften. Dabei wurden auch Unterlagen wie Geschäftsbücher beschlagnahmt und durch die Division MFA&A ausgewertet. 14

Die weiteren Recherchen zur Münchener Galerie Almas verliefen ergebnislos, da keine Akten in Münchener Archiven überliefert sind.15 Dem 1991 erschienenen „Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates“ konnte darüber hinaus entnommen werden, dass keine Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München überliefert sind.16 Hier mussten alle Kunsthändler während der NS-Zeit ihr Gewerbe und ihre Ausstellungen anmelden. Da diese Akten fehlen, ist derzeit nicht rekonstruierbar, ob Maria Almas-Dietrich das Gemälde an die Sammlung „Sonderauftrag Linz“ verkauft hat, oder ob es sich zunächst in einer anderen Münchener Kunsthandlung befand.

Der Literatur zum künstlerischen Werk Franz von Lenbachs konnten ebenfalls keine weiterführenden Hinweise zur Provenienz des Kunstwerkes entnommen werden.17

Und auch im Werkverzeichnis des Künstlers ist das Gemälde nicht aufgeführt.18 In Münchener Ausstellungskatalogen der Jahre 1900 bis 1945 konnte dieses Bildnis nicht nachgewiesen werden.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt. Alle hier bekannten Quellen sind ausgeschöpft.

Stand: 2010

1 Vgl. Thieme/Becker 1999, Bd. 23, S. 43ff.
2 Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 11034.
3 Die Recherchen wurden im Auftrag des BADV durchgeführt.
4 Mitteilung Lenbach-Museum, Schrobenhausen vom 19.05.2008.
5 Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Deutsches Künstler Archiv (DKA), NL Heinemann, David.
6 Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, DKA, NL Heinemann, David, Lagerbuch Dez. 1903 - Dez. 1906, Sign.: I, B Nr. 11.
7 Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, DKA, NL Heinemann, David, Lagerbuch Dez. 1903 – Dez. 1906, Sign.: I, B Nr. 11, Blatt 89.
8 Meldekarte Franz von Lenbach, Stadtarchiv München.
9 Mitteilung vom BADV Berlin vom 22.08.2008.
10 Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 8745. 13185. Vgl. BArch, B 323/331, Kunsthändler A-J, Almas-Dietrich. LF (Linz Film) XVIa/51a / 170. Mit der „Linzer-Nummer“ 2813 wurde das Gemälde Franz von Lenbachs in das von Hans Reger seit 1938 erstellte Inventar betitelt als „Liste der für das Museum Linz vorgesehenen Gemälde“ aufgenommen. Zur Inventarisierung vgl. die Aussage von Hans Reger am 21.7.1951, in: Bundesarchiv Koblenz (BArch), B 323/332, Reger. Diese Liste wurde im Mai 1945 von der US Army in Altaussee, Österreich gefunden. Vgl. das Faksimilie dieser Liste bei: Günther Haase, Die Kunstsammlung Adolf Hitler. Eine Dokumentation, Berlin 2002, S. 251.
11 Aussage Maria Almas-Dietrich vom 16.08.1951. Vgl. BArch, B 323/331, Kunsthändler A-J, Almas-Dietrich.
12 Anfrage der Autorin vom 13.05.2008 und vom 19.09.2008.
13 BWA, K1, XVA, 10c, 264, Akt Fall 33.
14 NARA, RG 260, 519, Box 445.
15 Folgende in Frage kommenden Münchener Archive besitzen keine Unterlagen zur Galerie Maria Almas-Dietrich: Staatsarchiv München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Wirtschaftsarchiv München. Lediglich das Stadtarchiv verfügt über eine Gewerbekarte der Galerie Almas. Mitteilung des Stadtarchiv München vom 8.05.2008.
16 Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates 1991, bearb. von Heinz Boberach, München, London, New York, Paris 1991.
17 Isabel Fechter, Treffender als das Leben selbst: ein Ensemble von Portraitstudien Franz von Lenbachs, in: Weltkunst, 77., München 2007, S. 44-46; Ausst.-Kat. Franz von Lenbach: Sonnenbilder und Portraits, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, hrsg. von Reinhold Baumstark, München 2004; Ausst.-Kat. Die ganze moderne Kunst über den Haufen werfen: Franz von Lenbach und die Kunst heute, Museum Morsbroich, Leverkusen 2003; Carola Muysers, Das bürgerliche Portrait im Wandel: Bildnisfunktionen und Auffassungen in der deutschen Moderne 1860-1900, Hildesheim 2001; Sonja von Baranow, Franz von Lenbach: Leben und Werk, Köln 1986; Winfried Ranke, Franz von Lenbach: der Münchner Malerfürst, Köln 1986; Ausst.-Kat. Franz von Lenbach: 1836-1904, Städtische Galerie im Lenbachhaus, hrsg. von Rosel Gollek und Winfried Ranke, München 1986; Ausst.-Kat. Franz von Lenbach: 1836-1986, Waaghaus Schrobenhausen, Schrobenhausen 1986; Sonja Mehl, Franz von Lenbach in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, München 1980; Horst Ludwig, Franz von Lenbach: Malerfürst des Deutschen Kaiserreichs, in: Weltkunst, 49., München 1979, S. 2096-2098; Siegfried Wichmann, Franz von Lenbach 1836-1904: die Gruppe als Gruppenfolge in der Bildnismalerei des Franz von Lenbach und seiner Zeitgenossen, Starnberg 1975; Siegfried Wichmann, Franz von Lenbach und seine Zeit, Köln 1973; Sonja Mehl, Franz von Lenbach (1836-1904): Leben und Werk, Hochschulschrift: München, Univ., Diss., 1972; Hermann Behr, Der Malerfürst: Franz von Lenbach und seine Zeit, München 1960; Franz Naager, Franz von Lenbach, in: Die Kunst, 75., 1937, S. 97-106; Hugo Kehrer, Franz von Lenbach: Hundert Jahre Wesen und Welt, München 1937; Ausst.-Kat. Franz von Lenbach, Ausstellungskatalog der IX. veranstalteten Internationalen Kunstausstellung zu München, München 1905; Franz Wolter, Franz von Lenbach, in: Die Kunst, 7., 1903, S. 1-10.
18 Sonja von Baranow, Franz von Lenbach. Leben und Werk, Köln 1986; Sonja Mehl, Franz von Lenbach (1836-1904). Leben und Werk, Hochschulschrift: München, Univ., Diss., 1972.

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