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Ritter von Max, Gabriel Cornelius

Beatrice

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Leinwand
Maße 43 x 58 cm
Münchener-Nr. 11064
Linz-Nr. 763
Lost Art-ID 218916
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Der Figuren- und Bildnismaler sowie Illustrator Gabriel Cornelius Ritter von Max (1840 – 1915) entstammte einer böhmischen Künstlerfamilie.1 Er studierte zunächst in seiner Geburtsstadt Prag und ging 1859 als kaiserlicher Stipendiat nach Wien. Entscheidenden Einfluss erhielt er durch die Ausbildung bei Karl Piloty in München in den Jahren von 1864 bis 1867. Insbesondere seine Illustrationen zu Goethes Faust ebenso wie zu Märchen und Volksliedern gehören zu den Besten, was die Illustration der Spätromantik hervorgebracht hat. Obwohl von Max vom Publikum beachtet wurde, trat er öffentlich kaum hervor. Seine Vorliebe galt einem melancholisch-träumerischen Frauentypus, den er in psychologisch interessanten Situationen und ekstatisch-visionären Zuständen schilderte.
Der Künstler hat im vorliegenden Bildnis eine junge Frau im antikisierenden Gewand mit Lorbeerkranz dargestellt. Die im Titel identifizierte Frau Beatrice ist die früh verstorbene Geliebte des bedeutenden italienischen Dichters und Philosophen Dante Aligheri (1265 - 1321). Dante hat ihr in seinem Werk „Vita Nova“ ein Denkmal gesetzt.

Provenienz

Zeittafel
Verm. vor Juli 1938 Deutsches Reich, „Sonderauftrag Linz“

Der Property Card sind keine Hinweise zur Provenienz des Gemäldes „Beatrice“ zu entnehmen.2 Aufgrund der niedrigen Linzer-Nr. 763 ist anzunehmen, dass das Gemälde noch vor der im Sommer 1938 beginnenden Inventarisierung der Sammlung „Sonderauftrag Linz“ erworben wurde.3

Die erneuten Recherchen ergaben folgendes:4 Der Literatur zum künstlerischen Werk des Gabriel von Max konnten keine weiterführenden Hinweise zur Provenienz des Gemäldes entnommen werden.5 Lediglich Nicolaus Mann „Gabriel von Max – eine kunsthistorische Skizze“ (1890) erwähnt in seiner Liste der bis 1890 entstandenen Werke, das Gemälde „Beatrice“ unter der Rubrik „Studien- und Charakterköpfe, resp. Frauengestalten“.6 In Friedrich von Boettichers Beitrag über die Kunst Gabriel von Max aus dem Jahre 1898 findet sich eine weitere Liste von Ölgemälden, Aquarellen und Zeichnungen.7 Das heute in Bundesbesitz befindliche Gemälde „Beatrice“ konnte hier nicht nachgewiesen werden.

Eine Nachfrage bei der Kommission für Provenienzforschung in Wien ergab, dass sich im Archiv des Bundesdenkmalamtes, Wien im Bestand Restitutionsmaterialien eine Personenmappe zu Werner H. Morgenstern befindet, in welcher das Gemälde „Beatrice“ erwähnt wird.8 Mit Schreiben vom 25. Juni 1947 wandte sich Vernon Kennedy, Chief of Headquarter Zone Command Austria, Property Control and Restitution Section der US Army an das Staatsdenkmalamt in Wien und übergab diesem eine achtzehnseitige Liste zu restituierender Kunstwerke aus dem Besitz des amerikanischen Staatsbürgers H. Morgenstern. Kennedy bat das Bundesdenkmalamt um Mitteilung nach dem Verbleib der einzelnen Kunstwerke. Die Liste betitelt mit „List of Art owned and disposed under duress by Mr. H. Morgenstern” mit annähernd 150 Werken nennt unter anderem vier Gemälde von Gabriel von Max.9 Darunter mit der Nummer 53 das Gemälde mit dem Titel „Mädchen in dunkelblondem Haar“ (Girl with dark blond hair) und den Maßen 60 x 44 cm. Das Bundesdenkmalamt in Wien nahm nach Erhalt dieser Liste einen Abgleich mit dem im Münchener Collecting Point befindlichen Bestand der ehemals für das in Linz geplante „Führermuseum“ vor und wandte sich mit seinen Ermittlungsergebnissen schließlich im Oktober 1947 an Chief Kennedy.10 Laut Bundesdenkmalamt waren „folgende ebenfalls im Inventar-Verzeichnis der Sammlung Morgenstern aufscheinende Bilder laut h. o. Aktenlage für das Linzer Kunstmuseum bestimmt (...):
Nr. 11 Defregger: Ernsthafte Unterhaltung.
Nr. 12: do: Dirndl.
Nr. 37: Kaulbach: La Guerrero.
Nr. 53: Gabriel Max: Beatrice.
Nr. 79: Stuck: Selbstportrait.“11

Obwohl die von Chief Kennedy im Juni 1947 zur Prüfung übergebene Liste mit Werken aus dem Besitz des H. Morgenstern das mit der Nummer 53 erwähnte Gemälde von Gabriel von Max mit dem Titel „Mädchen in dunkelblondem Haar“ (Girl with dark blond hair) und den Maßen 60 x 44 cm verzeichnet, setzt das Bundesdenkmalamt dieses Gemälde mit dem im Bestand der Sammlung „Sonderauftrag Linz“ im Münchener Collecting Point befindlichen Gemälde bezeichnet als „Girl with dim fair hair (“Beatrice“), 58,5 x 43 cm gleich. Abgesehen von dem deutlichen Unterschied der Maße bestätigt vor allem die in Kennedys Liste vorgenommene Beschreibung des Gemäldes aus der Sammlung H. Morgenstern, dass es sich um zwei unterschiedliche Gemälde handeln muss: „Mädchen mit dunkelblondem Haar, mit blaugrauen Gewand, die Linke auf die Brust gelegt. Der Blick nach oben gerichtet.“12 In einer weiteren Aktennotiz verifiziert das Bundesdenkmalamt seine Nachforschungen nach dem Verbleib der Kunstwerke aus der Sammlung H. Morgenstern. Das mit der Nummer 53 in der von Kennedy im Juni 1947 zur Prüfung übergegebenen Liste wird hierin mit der ehemals vom „Sonderauftrag Linz“ vergebenen Inventarnummer K. G. 699 gleichgesetzt.13 Das hier zu behandelnde Gemälde hat die Inventarnummer K 698.

Weder dem Bundesdenkmalamt noch der Kommission für Provenienzforschung in Wien ist bekannt, ob in der Folge Kunstwerke aus der Sammlung Morgenstern restituiert worden sind. Darüber hinaus ist der Kommission für Provenienzforschung in Wien ebenfalls nicht bekannt, um welchen Sammler es sich hier handelt und welches Schicksal er während der nationalsozialistischen Herrschaft erlitt.14

Eine Anfrage nach einer Meldekarte dieser Person an das Wiener Stadt- und Landesarchiv erbrachte keinen Hinweis. In den Restitutionsmaterialien des Bundesdenkmalamtes in Wien findet sich lediglich der Nachweis zu einer 1939 von Wien nach England emigrierten Familie Morgenstern.15 Im Dezember 1958 stellte die Frau namens Hertha Morgenstern ein Rückerstattungsersuchen bezüglich von ihr 1939 in Wien zurückgelassener Kunstwerke an den Haupttreuhänder für Rückerstattungsvermögen in Berlin. Das österreichische Bundesdenkmalschutzamt genehmigte vor ihrer Emigration im August 1938 die Ausfuhr von Teilen der Kunstsammlung, ein Ölbild und ein Aquarell von August Xaver von Pettenkofen sowie diverse grafische Arbeiten wurden jedoch nicht zur Ausfuhr freigegeben und vom Bundesdenkmalschutzamt beschlagnahmt. Weder unter den 1938 zur Ausfuhr freigegebenen noch unter den 1958 von Hertha Morgenstern zurückgeforderten Kunstwerken findet sich ein Werk von Gabriel von Max.16 Bei der Sammlung Werner H. Morgenstern handelt es sich somit um eine andere Sammlung.

In dem vom Lenbachhaus, München im Sommer 2008 ersteigerten wissenschaftlichen Nachlass mit gesammelten Materialien für die geplante Erstellung eines Werkverzeichnisses von Gabriel von Max scheint ein Gemälde mit dem Titel „Beatrice Cenci“ auf, welches allerdings auf Grund der Maße von 27 x 20,5 cm deutlich kleiner ist als jenes, welches sich heute in Bundesbesitz befindet.17 Die fast identische Physiognomie der auf beiden Gemälden Portraitierten bestätigt, dass es wiederum mehrere Fassungen dieses Bildes gibt.

Weiterführenden Recherchen zu Nennungen des Gemäldes im Künstlernachlass Gabriel von Max im Archiv des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg verliefen ergebnislos.18

Da Gabriel von Max’ Wirkungskreis neben Prag und Wien vor allem München war, wurde des Weiteren versucht, das Gemälde in Münchener Ausstellungskatalogen der Jahre von 1880 bis 1945 nachzuweisen. Aber auch hier ließ sich kein konkreter Anhaltspunkt ermitteln.
Dem 1991 erschienenen „Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates“ konnte darüber hinaus entnommen werden, dass keine Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München überliefert sind.19 Da diese Akten fehlen, die Aufschluss über alle angemeldeten Ausstellungen und Auktionen der Jahre von 1933 bis 1945 liefern, ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Besitz das Gemälde für die Sammlung „Sonderauftrag Linz“ angekauft wurde.

Die Erwerbungsumstände konnten angesichts der lückenhaften Archivlage vor dem hier geschilderten Hintergrund nicht eindeutig geklärt werden. Eine Restitutionsforderung von Seiten des H. Morgenstern, oder der Republik Österreich konnte nicht ermittelt werden.20

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt. Alle hier bekannten Quellen sind ausgeschöpft.

Stand: 2008

1 Für das Folgende vgl. Thieme/Becker 1999, Bd. 24, S. 288f.
2 Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 11064.
3 Zur Inventarisierung der Sammlung „Sonderauftrag Linz“ vgl. die Aussage von Hans Reger am 21.07.1951, in: BArch, B 323/332, Reger.
4 Die Recherchen wurden im Auftrag des BADV durchgeführt.
5 Nicolaus Mann, Gabriel von Max – eine kunsthistorische Skizze, Leipzig 1890; Agathon Klemt, Gabriel von Max und seine Werke, hrsg. von der Gesellschaft für moderne Kunst, Wien 1886; Franz H. Meißner, Gabriel von Max, München 1899; F. H. Meißner, Gabriel Max, in: Die Kunst unserer Zeit, 10, 1899, S. 30 ff.; Theodor Lamprecht, Gabriel Max. Eine Studie zu seinem 70. Geburtstag, in: Der Sammler, 79, 1910, S. 2-4; Ausst.-Kat. Der Geister Bahnen. Eine Ausstellung zu Ehren Gabriel von Max 1849-1915, hrsg. von Johannes Muggenthaler, München 1988; Ausst.-Kat. Gabriel von Max, Haus Ammerland, Ammerland, 3.-30. Juli 1990; Andrea Zistl, Gabriel von Max: Der Anatom, unveröffentlichte Magisterarbeit, Ludwig-Maximilians-Universität München 1990; Harald Siebenmorgen, Gabriel von Max und die Moderne, in: Festschrift für Johannes Langner zum 65. Geburtstag am 1. Februar 1997, Karlsruher Schriften zur Kunstgeschichte 1, S. 215-240; Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, begr. von Ulrich Thieme und Felix Becker, München 1999, Bd. 24, S. 288 f.
6 Nicolaus Mann, Gabriel von Max – eine kunsthistorische Skizze, Leipzig 1890, S. 57.
7 Friedrich von Boetticher, Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. Beitrag zur Kunstgeschichte, Band 2, Dresden 1898, S. 952-958.
8 Archiv-Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, Personenmappe Werner H. Morgenstern, Sig. 3587.
9 Darunter: Nr. 51: “Goodbye”, Öl auf Leinwand, 58 x 42 cm; Nr. 52: “Blondine”, Öl auf Leinwand, 32 x 24 cm; Nr. 53: “Mädchen in dunkelblondem Haar“, 60 x 44 cm; Nr. 54: “Affengruppe“, Öl auf Leinwand, 70 x 103 cm. Vgl. “List of Art owned and disposed under duress by Mr. H. Morgenstern”, 25. Juni 1947, Archiv-Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, Personenmappe Werner H. Morgenstern, Sig. 3587.
10 Brief des Bundesdenkmalamtes, Wien an Vernon R. Kennedy, Headquarters Zone Command Austria, Property Control and Restitution Section, APO 541, US Army, Salzburg, 31.10.1947, Archiv-Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, Personenmappe Werner H. Morgenstern, Sig. 3587.
11 Brief des Bundesdenkmalamtes, Wien an Vernon R. Kennedy, Headquarters Zone Command Austria, Property Control and Restitution Section, APO 541, US Army, Salzburg, 31.10.1947, Archiv-Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, Personenmappe Werner H. Morgenstern, Sig. 3587.
12 “List of Art owned and disposed under duress by Mr. H. Morgenstern”, 25. Juni 1947, Archiv-Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, Personenmappe Werner H. Morgenstern, Sig. 3587.
13 Aktennotiz Bundesdenkmalamt, Wien, Archiv-Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, Personenmappe Werner H. Morgenstern, Sig. 3587
14 Mitteilung der Kommission für Provenienzforschung, Wien, 17.07.2008.
15 Archiv-Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, Personenmappe Hertha Morgenstern, Sig. 2885/38.
16 Siehe hierzu auch: Vermögensanmeldung Hertha Morgenstern vom 17.07.1938, Oberösterreichisches Staatsarchiv, AdR 06, Vermögensverkehrsstelle, VA 19483, Morgenstern, Hertha, 17.07.1938.
17 Das Lenbachhaus in München konnte 2008 eine Sammlung zusammengetragener Recherchen für ein geplantes Werkverzeichnis Gabriel von Max erwerben.
18 Bestand des künstlerischen Nachlasses Gabriel von Max, I, B – 6 b-d, Archiv des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg.
19 Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates 1991, bearb. von Heinz Boberach, München, London, New York, Paris 1991.
20 Mitteilung der Kommission für Provenienzforschung, Wien vom 17.07.2008.

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