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Pesne, Antoine

Bildnis eines Herren mit Allongeperücke

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Leinwand
Maße 76 x 65 cm
Münchener-Nr. 11185
Linz-Nr. 349
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Antoine Pesne (1683–1757) war ein französischer Maler.[1] Er lernte zunächst unter seinem Vater Thomas Pesne (um 1653–1727) sowie Großonkel Charles de la Fosse (1636–1716) und später an der Pariser Akademie. Im Jahre 1705 ging Pesne nach Italien, wo er nach den italienischen Meistern kopierend insbesondere seine koloristischen Fähigkeiten ausbildete. 1710 wurde der Künstler nach Berlin berufen, wo er ein Jahr später Hofmaler am preußischen Hof wurde. Seine Porträtmalerei setzte hier neue Maßstäbe. Genrehafte Motive, die Pesne zuvor auch behandelt hatte, traten nun zurück. Im Laufe seines Lebens diente Pesne in Folge drei preußischen Königen:  Friedrich I. (1657–1713), Friedrich Wilhelm I. (1688–1740) sowie Friedrich II. (1712–1786), deren Wirken durchaus Einfluss auf seine Malerei nahmen. War diese im gewandelten Klima unter Friedrich Wilhelm I. kühler und strenger, zeichneten sich die unter dem frankophilen Kronprinz Friedrich entstandenen Porträtmalereien seit etwa 1734 durch eine hellere Farbigkeit, eine leichtere Pinselführung sowie einem gesteigerten Erfindungsreichtum in Haltungen, Attributen und Hintergründen aus. Antoine Pesne porträtierte mehrfach die preußische Königsfamilie, aber auch andere Persönlichkeiten am preußischen Hof. Er hatte zudem zahlreiche Schüler, die in seiner Werkstatt tätig waren. Ein Schüler und Freund war der später als Baumeister zu Ruhm gelangte Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (1699–1753).

Das Gemälde zeigt das Brustbild eines älteren Mannes en face. Der Dargestellte trägt eine weiße Allongeperücke sowie eine grüne Jacke über dem weißen Hemd. Über seine linke Schulter ist ein roter Mantel gelegt, der sich um seinen Oberkörper schlingt. Womöglich handelt es sich um den Baumeister von Knobelsdorff.

Das Werk ist weder signiert, noch datiert.

Das Kunstwerk ist nicht im Werkverzeichnis von Berckenhagen und Poensgen (1958) enthalten.[2] Darüber hinaus wurde die einschlägige Literatur zum Künstler überprüft.[3]

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: in blauer Fettkreide „11185“ (Mü-Nr.), zweimal „19“ (nicht identifiziert); weißes, blau umrandetes Etikett mit perforiertem Rand „349“ (Linz-Nr.); weißer Zettel, mit Reißzwecke befestigt „11185 (349)“ (Mü-Nr., Linz-Nr.); in Schwarz, zweimal „K1204“ (Kremsmünster); Fragment eines weißen, blau umrandeten Etiketts mit perforiertem Rand [unleserlich] (möglicherweise Etikett Linz); Fragment eines vergilbten Etiketts; in Bleistift „[…]Ludwig[…]“ (nicht identifiziert); in weißer Kreide [unleserlich]; in Bleistift, zweimal „255“ (nicht identifiziert), „4“ (nicht identifiziert).

[1] Für das Folgende vgl. Helmut Börsch-Supan, Pesne, Antoine, in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 212f. [Online-Version]. URL: www.deutsche-biographie.de/pnd118592904.html#ndbcontent [Abruf: 30.07.2019].

[2] Vgl. Ekhart Berckenhagen, Georg Poensgen, Antoine Pesne, Berlin 1958.

[3] Ohne Treffer: Paul Seidel, Friedrich der Grosse und die französische Malerei seiner Zeit. Mit Genehmigung seiner Majestät des Kaisers und Königs, Berlin 1892. Ausst.kat. Antoine Pesne. 1683–1757. Ausstellung von Gemälden aus Berliner Besitz, Galerie Goldschmidt-Wallerstein, Berlin, 21.11.–19.12.1926 (Werkidentität nicht eindeutig feststellbar). Ausst.kat. Antoine Pesne 1683–1757, Staatliche Schlösser und Gärten, Berlin, 1933.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
O. J.Unbekannt, Deutschland
O. J.Galerie Almas, München
Vor August 1938Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“)
Ab Mai 1941Eingang in das Kloster Kremsmünster
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
20.10.1945Eingang in den Central Collecting Point München
Seit 1949Bundesvermögen

Das Gemälde wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt von der Galerie Almas in München durch das Deutsche Reich für den „Sonderauftrag Linz“ angekauft und erhielt die Linz-Nr. 349.[1] Die Höhe der Linz-Nummer weist auf einen Erwerb vor August 1939 hin.[2] Über die Herkunft des Gemäldes ist derzeit nichts bekannt. Laut Aussage von Almas-Dietrich vom 12. März 1949 erwarb sie das Werk „aus deutschem Besitz“.[3]

Maria Almas-Dietrich (1892–1971), geborene Dietrich, betrieb nach eigenen Angaben seit 1918 eine Kunsthandlung in München.[4] Im Jahre 1921 heiratete sie den türkischen Staatsbürger Ali Almàs-Diamant und trat zum Judentum über. Seit 1926 lebten sie jedoch in Trennung, 1937 erfolgte die Scheidung. Der Name „Almas“ blieb jedoch für die Galerie erhalten. Nach eigenen Angaben lernte Almas-Dietrich im Jahre 1936 Heinrich Hoffmann (1885–1957), den Fotografen Adolf Hitlers, kennen und erhielt über diesen erste Aufträge, Kunst für Hitler zu erwerben. Fortan entwickelte sie sich zu den aktivsten Vermittlern von Kunst an die Nationalsozialisten. Zwischen 1936 und 1944 verkaufte Almas-Dietrich über eintausend Kunstwerke an Hitler und zählt damit zu den Kunsthändlern mit der größten Anzahl an Hitler verkauften Kunstwerken. Am 15. Januar 1940 wurde sie aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung, dass sie keine Jüdin sei, im Deutschen Reich eingebürgert. Nach der Zerstörung ihrer Galerie bei einem Luftangriff am 20. April 1944 wurde der Betrieb in die eigene Villa an der Gustav-Freytag-Str. 5 im Herzogpark verlagert. Die amerikanische Besatzungsbehörde vernahm Maria Almas-Dietrich nach 1945 mehrfach zu ihren Geschäften. Dabei wurden auch Unterlagen wie Geschäftsbücher beschlagnahmt und durch die Division MFA&A ausgewertet.[5]

Die Nummer K1204 auf der Property Card sowie auf der Bildrückseite weist auf die Lagerung des Gemäldes im Depot Kremsmünster hin. Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrages Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.  Aus Sorge vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 22. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[6] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls  bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt nach dem bisherigen Kenntnisstand die Provenienz ungeklärt.[7]

Bearbeitungsstand: 2019

[1] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 11185.

[2] Vgl. Klaus Beetz, Die Erwerbungen Adolf Hitlers bis zum Führererlass vom 26. Juni 1939 für den Aufbau des Neuen Museums Linz, Berlin 2004, S. 14 (unpubliziert). Siehe auch: National Archives, Washington, DC, M1946. URL: www.fold3.com/image/312607911 [Abruf: 30.07.2019].

[3] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 11185.

[4] Vgl. Bayerisches Wirtschaftsarchiv München, K1, XVA, 10c, 264, Akt Fall 33.

[5] Vgl. NARA, RG 260, 519, Box 445.

[6] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München.

[7] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) Lost Art Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) [Abruf: 29.07.2019].

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