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Stuck, Franz von

Bildnis der Olga Lindpaintner

Entstehungsjahr 1907
Technik Öl auf Holz
Maße 64 x 53,5 cm
Münchener-Nr. 11194
Linz-Nr. 2704
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Das von Franz von Stuck im Jahre 1907 gefertigte Porträt stellt seine Stieftochter Olga Lindpaintner dar.1 Der Künstler hatte 1897 die attraktive Witwe Mary Lindpaintner geheiratet, die Mutter zweier Kinder, Olga (geb. 1884) und Otto (geb. 1885), war.2 Die Kinder, die zwar Kontakt zur Mutter hatten, durften jedoch nach ihrer erneuten Heirat nicht bei ihr aufwachsen. Stuck malte seine Stieftochter hier mit 23 Jahren in einem weißen Kleid, mit großem Dekolleté und prächtiger Perlenkette im Dreiviertelprofil. Es entstand ein Jahr vor ihrer Hochzeit mit dem Kaufmann Hugo Oberhummer, den sie am 15. September 1908 heiratete. Ein sehr ähnliches Bildnis aus dem Jahre 1905 zeigt sie in derselben Haartracht, Kleidung und Haltung.3 Erstmals porträtierte der Künstler Olga ebenso wie seine leibliche Tochter Mary im Jahre 1904.4 Bis zur Hochzeit seiner Stieftochter fertigte Stuck weitere Bildnisse von ihr an. Danach malte er, wenn es sich um Familienbilder handelte, nur noch seine Ehefrau und seine Tochter Mary.

Provenienz

Zeittafel
1909 Erwerbung direkt vom Künstler durch die Galerie Heinemann, München5  
1911 Weiterverkauf an Baurat Walther, Berlin6  
27.-29.1.1943 Aus der Versteigerung bei H.W. Lange, Berlin, Kat. Nr. 208, in Reichsbesitz übergegangen7  

Der Property Card ist zu entnehmen, dass die Galerie Heinemann das Gemälde 1909 direkt vom Künstler gekauft hatte.8 Im Jahre 1911 erwarb es von dort der Berliner Baurat Walther. Auf der Versteigerung des Auktionshauses H.W. Lange vom 27. bis 29. Januar 1943 wurde das Porträt gemeinsam mit dem Gemälde „Selbstbildnis an der Staffelei“ (vgl. mü 8965) von Stuck versteigert. Auf der Karteikarte ist weiter vermerkt, dass der Rückerstattungsantrag von Otto Cosmann am 2. Mai 1961 zurückgewiesen wurde.

Die weiteren Recherchen bestätigten und ergänzten zum Teil die Aussagen auf der Property Card. Die Galerie Zinckgraf, welche die Galerie Heinemann im November 1938 „arisiert“ hatte, teilte nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit, dass sie das betreffende Porträt im Jahre 1909 zusammen mit dem „Selbstporträt vor der Staffel“ (mü 8965) direkt von Stuck erworben und beide Werke zwei Jahre später an den Berliner Baurat Walther verkauft hatte.9 Laut Fritz von Ostini war das „Selbstporträt an der Staffelei“ jedoch bereits 1909 im Besitz des Baurates.10 Bei dem Baurat handelte es sich um den königlicher Baurat Wilhelm Walther, der ein Architekturbüro in der Potsdamer Str. 127 besaß.11 Ob Walther die beiden fraglichen Gemälde 1943 dem Auktionshaus H.W. Lange zur Versteigerung gab, oder ob es noch einen weiteren Besitzer in der Zwischenzeit gab, konnte aufgrund fehlender Unterlagen von in Frage kommenden Archiven nicht geklärt werden.12

Auch im Bundesarchiv Koblenz werden keine Akten zu den Erwerbungsumständen der beiden Gemälde aufbewahrt. Dort gibt es allerdings einen Rückerstattungsantrag von Otto Cosmann. Dieser stellte 1958 einen Antrag auf Rückgabe des „Bildnisses der Olga Lindpaintner“, da es sich angeblich vor der Enteignung durch die Nationalsozialisten in seinem Eigentum befunden hatte.13 Entdeckt wurde das Gemälde von einer Angehörigen des Antragstellers in der Ausstellung „München 1869 – 1958. Aufbruch zur Moderne“, die im Haus der Kunst in München im Jahre 1958 gezeigt wurde.14 Im Antrag auf Rückerstattung an die TVK München teilte der Antragsteller mit, dass die beiden Gemälde zusammen mit zwei weiteren von seinem Schwager in der Berliner Sezessionsausstellung oder der Berliner Kunstausstellung im Winter oder Frühjahr 1914 für insgesamt M 14.000 erworben worden wären. Seither wären sie bis zu seiner Emigration in seinem Besitz gewesen. Aufgrund einer eidesstattlichen Aussage der erwähnten Verwandten, wurde der Antrag auf Rückgabe auf das „Selbstbildnis an der Staffelei“ von Stuck erweitert, da diese angab, dass sie beide Gemälde aus dem ehemaligen Besitz ihres Onkels in der Münchener Ausstellung wieder erkannt hatte. Die beiden Gemälde waren nicht Gegenstand eines Rückerstattungsantrages nach MRG 59. Ansprüche nach dem BRÜG konnten ebenfalls nicht geltend gemacht werden, da keine Naturalrestitution vorgesehen war. Der Antragsteller erklärte in seinem Antrag, dass die beiden Porträts bis zum Januar 1942 in seinem Besitz gewesen waren. Vor seiner Emigration hätte er die Bilder bei einem Freund in Köln untergestellt, bei dem die Werke dann durch die Gestapo beschlagnahmt worden wären. Der Antrag auf Rückerstattung wurde am 2. Mai 1961 vom Bundesministerium der Finanzen unter anderem mit der Begründung abgewiesen, dass die beiden Gemälde bereits 1911 von der Galerie Heinemann an Baurat Walther verkauft worden sind. Daher sei es nicht glaubhaft, dass Stuck die Gemälde zurückgekauft hatte, um sie erneut auf der Secessionsausstellung 1914 zu verkaufen. Mangels einer eindeutigen Klärung der Identität der beiden Gemälde wurden sie damals nicht restituiert.

Auch die heutigen Recherchen haben nicht zur klaren Identifizierung der beiden Gemälde geführt, die eine Rückerstattung hätten rechtfertigen können. Schwierigster Punkt ist die zweifelsfreie Zuordnung des „Porträts der Olga Lindpaintner“, da Stuck die Dargestellte mehrfach porträtiert hatte. Zudem gibt es ein identisches Porträt der Stieftochter aus dem Jahre 1905, dessen Besitzverhältnisse ebenfalls nicht geklärt sind.15 Auch dieses Gemälde soll nach Auskunft des Werkverzeichnisses von Heinrich Voss 1907/08 in der Galerie Heinemann ausgestellt worden sein. Die Durchsicht der Ausstellungskataloge der Jahre um 1914 erbrachte auch nicht die Bestätigung, nach der die Gemälde zusammen mit zwei anderen 1914 in Berlin gekauft worden sind. Denn im Jahre 1914 kamen auf der Großen Berliner Kunstausstellung keine Stuck-Werke zum Angebot und in der Sommerausstellung der Freien Secession, deren Mitglied Stuck war, nur das Bildnis „Tilla Durieux als Circe“.16 Im Jahr zuvor wurden auf der Großen Berliner Kunstausstellung dagegen zwei Säle mit Kunstwerken von Stuck gezeigt. Unter den Werken befand sich ein Porträt „Olga“, als dessen Besitzer Karl Donnhof aus Stuttgart angegeben war.17 Auf dieser Ausstellung hätten die vier Gemälde gekauft sein können, da das Angebot sehr groß war. Allerdings spricht dagegen, dass sich unter den Gemälden kein Selbstporträt von Stuck befand und das Porträt „Olga“ nicht zum Verkauf stand. Eine Ausstellung der Freien Secession gab es 1913 noch nicht, da diese erst 1914 gegründet wurde. Im Jahr 1915 war Stuck ebenfalls nicht mit Werken auf der Großen Berliner Kunstausstellung vertreten.18 Von der Freien Secession konnte für dieses Jahr kein Katalog gefunden werden. Eine telefonische Anfrage in der Akademie der Künste konnte keine weiteren Hinweise auf Ausstellungen mit Stuck-Werken für diesen Zeitraum bringen. Über diesen zeitlich eng gefassten Rahmen hinaus wurden Berliner und Münchener Ausstellungskataloge der Jahre 1900 bis 1945 durchgesehen. Außer auf der erwähnten Großen Berliner Kunstausstellung von 1913 konnte jedoch kein Porträt von Olga gefunden werden.

Die Villa Stuck, die das künstlerische Erbe von Franz von Stuck bewahrt und wissenschaftlich bearbeitet, besitzt ebenfalls keine Akten aus dem Nachlass des Künstlers, die Auskunft über die Kaufumstände des Gemäldes geben könnten.19

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.

Stand: 2003

1 Im Werkverzeichnis als Olga Oberhummer von 1907 bezeichnet. Vgl. Voss 1973, Kat.Nr. 312/530.
2 Für das Folgende vgl. Birnie Danzker 1997, S. 96.
3 Voss 1973, Kat.Nr. 268/257 (1905).
4 Ebd., Kat.Nr. 261/525 (1904).
5 Die Inventarnummer der Galerie Heinemann lautete 9659. Der Nachlass der Galerie wird im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg aufbewahrt. Vgl. GNM, ABK, NL Heinemann.
6 Aussage von Friedrich Zinckgraf, „Ariseur“ der Galerie Heinemann, vom 25.5.1949. Vgl. GNM, ABK, NL Heinemann, II. Liste Zinckgraf, 25.5.1949. Demzufolge sei dieses Gemälde zusammen mit dem „Selbstbildnis an der Staffelei“ (mü 8965), ebenfalls von Stuck, an Baurat Walther verkauft worden wäre. Dies erwies sich als nicht korrekt.
7 Auf der Auktion wurde das Gemälde zusammen mit dem „Selbstporträt an der Staffelei“ (mü 8965), ebenfalls von Stuck, angeboten. Beide Werke befinden sich in Bundesbesitz.
8 BADV Berlin, Property Card, mü 11194. Weitere auf der Karteikarte vermerkte Inventarnummern sind Aussee 6408, K [Kremsmünster] 1927, 5502 (Blaustift), Gal. Heinemann 9659, Etikette: Speyerer, Mannheim, Etikette: 208.
9 Schreiben der Galerie Zinckgraf an das Office of Military Government for Bavaria, München, 25.5.1949 sowie Liste Zinckgraf vom 5.1.1951. Vgl. NL Galerie Heinemann, II. Liste Zinckgraf, 25.5.1949.
10 Ostini 1909, S. XVI.
11 Eintrag unter Walther im Berliner Adressbuch von 1911. In den Unterlagen der Galerie Zinckgraf konnte der Galerist die Adresse nicht mehr auffinden.
12 Schreiben vom Landesarchiv Berlin an die OFD Berlin, Berlin, 27.9.2001. Das LAB besitzt für das Auktionshaus nur Akten aus dem Jahr 1937. Die Recherchen im Zentralarchiv der SMB-PK verliefen ebenfalls negativ. Vgl. Email des Zentralarchivs an die OFD, Berlin, 15.6.2003.
13 Der Schriftwechsel dazu befindet sich in den Akten des BADV Berlin.
14 Aufbruch zur Moderne 1958, Nr. 968.
15 Voss 1973, Kat. Nr. 268/527.
16 Große Berliner Kunstausstellung 1914 und Katalog der Freien Secession 1914, Kat.Nr. 232: Tilla Durieux als Circe.
17 Große Berliner Kunstausstellung 1913, Kat.Nr. 1445.
18 Große Berliner Kunstausstellung 1915.
19 Schreiben der Villa Stuck an die OFD Berlin, München, 8.9.2003.

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