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Nerly (eigentlich Nehrlich), Friedrich von (genannt Fritz oder Federico der Ältere)

Palazzo Pisano in Venedig, Balkonansicht

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Leinwand
Maße 70 x 53 cm
Münchener-Nr. 13094
Linz-Nr. Keine
Lost Art-ID 219077
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Der Landschafts-, Architektur-, Figurenmaler und Radierer Friedrich von Nerly (1807 - 1878) wurde insbesondere durch seine Veduten von Venedig bekannt. Nach Italienreisen mit seinem Lehrer und Mäzen Carl Friedrich von Rumohr (1785 - 1843) ließ er sich 1835 in Venedig nieder.1

Das Bild zeigt ein zweiteiliges Fenster, das von einer Säule unterbrochen und zwei orientalisch anmutenden Spitzbögen der venezianischen Gotik bekrönt wird. Vor der rechten Fensterhälfte befindet sich auf der Bildmittelachse ein Balkon auf dessen Brüstungsecken zwei Löwenstatuen sitzen. Auf dem Kopf des linken Löwen sitzt eine weiße, auf der vorderen Balustrade eine graue Taube.

Provenienz

Zeittafel
Unbekannt Aus Münchner Privatbesitz an die Galerie Brüschwiler, München 
15.05.1942 Verkauf durch Kunsthändler Brüschwiler für RM 1.600 an die Sammlung „Schloss Posen“ 

Die Ermittlungen der Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt (TVK) zur Provenienz des Gemäldes ergaben, dass sich das Gemälde zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt in Münchener Privatbesitz befand.2 Laut Rechnung und Aussage des Münchener Kunsthändlers Eugen Brüschwiler wurde es dann von ihm am 15. Mai 1942 für RM 1.600 an die Sammlung „Schloss Posen“ verkauft.3 Hierbei handelt es sich um die geplante Ostresidenz Hitlers, die jedoch nie realisiert wurde. Die Inventarnummer „P 34/II“ auf der Property Card deutet auf die Inventarisierung derjenigen Kunstwerke, die für die Sammlung „Schloss Posen“ vorgesehen waren. In Bundesbesitz befinden sich noch heute zahlreiche Kunstwerke, die für diese Sammlung vorgesehen waren.

Über die Münchener Kunsthandlung Eugen Brüschwiler und deren Aktivitäten im Nationalsozialismus konnten nur wenige aussagekräftige Informationen gewonnen werden. Gegründet wurde die Kunst- und Antiquitätenhandlung im Jahre 1916 von den Brüdern Dr. August und Eugen Brüschwiler (geb. 1889) in München.4 Nachdem August Brüschwiler 1931 aus dem Geschäft ausgeschieden war, wurde die Kunsthandlung unter dem Namen „Eugen Brüschwiler“ weitergeführt. Im Zuge mehrerer Umzüge der Kunsthandlung in den folgenden Jahren änderte sich gleichzeitig auch jedes Mal der Schwerpunkt: Antiquariat (1935), Bilderhandlung (1939) und Antiquitäten (ab 1940).5 Seit 1925 war Eugen Brüschwiler Mitglied der NSDAP und darüber hinaus in der SA organisiert.6 Dies mag ein Grund dafür gewesen sein, dass Brüschwiler von den nationalsozialistischen Machthabern bevorzugt für die Ankäufe von Kunstwerken für den „Sonderauftrag Linz“ beauftragt wurde. Die Aussage, die Eugen Brüschwiler im Juni 1951 zur Herkunft des Gemäldes „Palazzo Pisano in Venedig“ von Friedrich von Nerly zu Protokoll gab, kann nicht verifiziert werden, da die Kunsthandlung Brüschwiler keine Auktionen veranstaltete und somit keine Kataloge überliefert sind. Geschäftskorrespondenzen oder Inventarbücher der Kunsthandlung sind ebenfalls nicht überliefert.7 Da jegliche Akten fehlen, ist nicht rekonstruierbar, aus welchem „Münchener Privatbesitz“ Eugen Brüschwiler das Gemälde erworben hatte, um es dann im Mai 1942 an die Sammlung „Schloss Posen“ weiterzuverkaufen.

Nachdem sich Friedrich Nerly, der Künstler des Gemäldes „Palazzo Pisano in Venedig“, 1835 in Venedig niedergelassen hatte, fertigte er zahlreiche Ansichten und Architekturstücke dieser italienischen Lagunenstadt. In der umfangreichen Literatur zum künstlerischen Werk Nerlys konnten zur Provenienz des Gemäldes allerdings keine weiterführenden Hinweise ermittelt werden.8 Das Angermuseum in Erfurt, welches 1886 als Stiftung einen Großteil von Nerlys künstlerischem Nachlass übernommen hat, konnte zur Provenienz des Gemäldes ebenfalls keine Angaben machen.9

Die Betrachtung der Gemälderückseite führte ebenfalls zu keinem konkreten Ergebnis die Herkunft betreffend. In schwarzer Tinte findet sich auf dem Keilrahmen oben rechts der Titel „F. Nerly Palazzo Pisano“ und weiterführend oben „Venezia“. Darüber hinaus in blauer Kreide mittig die Inventarnummer der Sammlung „Schloss Posen“: P 34/II sowie links unten ebenfalls in Blau die Münchener Nummer: 13094.10

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.

Stand: 2000

1 Vgl. Thieme/Becker 1999, Bd. 25/26. S. 391f.
2 Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 13094. Weitere auf der Property Card angegebene Inventarnummern sind P 34/II und Aussee 7914.
3 Aussage von Eugen Brüschwiler vom 21.06.1951, Bundesarchiv Koblenz (BArch), B 323/331. Sowie: BArch, B 323/517, Schloss Posen: „13094 P 34/I, Balkonansicht (Palazzo Pisano in Venedig), 70 x 53, 15.5.1942 von Kunsthandlung E. Brüschwiler, München, RM 1600.-.“
4 Vgl. Bayerisches Wirtschaftarchiv, K1/XV A 10c, Akt 89, Fall 40.
5 Vgl. die Einträge in den Münchener Adressbüchern der Jahre 1915-1943. Sein Einkommen bezifferte Eugen Brüschwiler laut Angaben in einem Fragebogen vom 1. Oktober 1940 auf RM 21.000. Vgl. hierzu: BArch Berlin (ehem. BDC), Sammlung: SA, Brüschwiler, Eugen. Vgl. hierzu ebenfalls: Datenbank Provenienzdokumentation des BADV Berlin, www.badv.bund.de.
6 Mitteilung BArch Berlin (ehem. BDC) vom 6.05.2008.
7 Folgende hierfür relevanten bayerischen Archive besitzen laut Mitteilung an die Autorin keine Unterlagen zur Kunsthandlung Brüschwiler in München: Staatsarchiv München; Stadtarchiv München; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München; Wirtschaftarchiv München. Vgl. ebenfalls: Anja Heuß, Provenienzgeschichte, in: Maria Eichhorn, Restitutionspolitik. Politics of Restitution, hrsg. von der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, Ausst.-Kat., München 2003.
8 Vgl. August Wolff, Friedrich von Nerly, in: Kunstchronik 14, 1879, S. 192-196; Werke von Eduard Meyerheim, Ernst Fries, Friedrich Nerly, Ausst.-Kat. Nationalgalerie Berlin, Berlin 1880; Franz Meyer, Friedrich von Nerly. Eine biographisch-kunsthistorische Studie, Erfurt 1908; Rosa Schapire, Zu Friedrich von Nerly. Aus unveröffentlichten Briefen, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt, Heft 29, Erfurt 1908; Friedrich Nerly, Venezianisches Album, Tübingen 1925; Friedrich Nerly, ein deutscher Romantiker in Italien, 1807-1878, Ausstellungskatalog Kunsthalle Bremen, Bremen 1957; Friedrich Nerly 1807-1878. Ein deutscher Romantiker in Italien, Ausst.-Kat. Landesmuseum Oldenburg, Oldenburg 1965; Friedrich Nerly zum 100. Geburtstag, Ausst.-Kat. Angermuseum Erfurt, Erfurt 1978; Friedrich Nerly und die Künstler um Carl Friedrich Rumohr, Ausst.-Kat. Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Gottorf 1991; Römische Tage – Venezianische Nächte. Friedrich Nerly zum 200. Geburtstag, hrsg. von Wolfram Morath-Vogel, Erfurt 2008.
9 Hinweise konnten im künstlerischen Nachlass Nerlys lediglich in Bezug auf vergleichbare Studien ermittelt werden. Mitteilung vom Angermuseum Erfurt vom 30.04.2008.
10 Mitteilung Museum Museumsberg Flensburg vom 3.07.2008.

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