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Unbekannt, Deutschland, 17. Jahrhundert

Schrank

Entstehungsjahr O. J.
Technik Holz
Maße 195,0 x 179,0 x 74,0 cm
Münchener-Nr. 15752
Linz-Nr. Keine
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Der Schrank  wurde im 17. Jahrhundert in Deutschland hergestellt.

Er ist zweitürig und an Front und Seiten mit Profilrahmen (Wulst- und Kehlprofile im Wechsel) untergliedert. Kranzgesims und Sockel sind profiliert und haben, wie das Mittelteil, abgeschrägte Ecken. Der Schrank hat einen geschweiften Giebel und steht auf Kugelfüßen.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
O. J.Hermann Göring (1893–1946)
21.11.1945Eingang in den Central Collecting Point München
Seit 1949Bundesvermögen

Der Schrank wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt von Hermann Göring (1893–1946) erworben.[1] Über die Herkunft des Objektes liegen derzeit keine Informationen vor.

Hermann Wilhelm Göring war ein deutscher Politiker und von 1928 bis 1945 Mitglied des Reichstages für die NSDAP.[2] In seinem Jagdschloss „Carinhall“ in der Schorfheide trug er eine umfangreiche Kunstsammlung zusammen, die etwa 3.100 Kunstwerke umfasste.[3] Der Schwerpunkt seiner Sammlung lag auf der Kunst des Mittelalters, der Renaissance sowie der französischen Gotik.[4] Daneben befanden sich mehr als 600 Gemälde holländischer Künstler des 16. und 17. Jahrhunderts in seinem Besitz. Leiter der Gemäldesammlung Görings war der frühere Berliner Kunsthändler Walter Andreas Hofer (1893–1971).[5] Dieser war nicht nur am Sammlungsaufbau beteiligt, sondern führte auch die Inventarisierung der Kunstwerke fort, die in mehreren Verzeichnissen von Görings Privatsekretärin Gisela Limberger (1893–1980) begonnen wurde.[6 Erwerbungen für die Sammlung Göring wurden auf den Kunstmärkten im Deutschen Reich, in den Niederlanden, Frankreich, Italien, Polen und der Schweiz getätigt[7] und zu einem großen Teil aus öffentlichen Mitteln finanziert.[8] Häufig traten sowohl Privatpersonen als auch Göring direkt unterstellte Behörden, wie das Reichsforstamt, die Vierjahresplanbehörde und das Reichsjagdmuseum, als Erwerber zugunsten der Sammlung des Reichsmarschalls auf.[9] Auch Tauschgeschäfte waren nicht unüblich.[10] Darüber hinaus erwarb Göring Kunstwerke aus Enteignungen und Zwangsverkäufen im Deutschen Reich sowie den besetzten Gebieten. Er pflegte Kontakte zu bekannten Akteuren des NS-Kunstraubs, wie den Kunsthändlern Alois Miedl (1903–1990), Josef Angerer (1899–1961), Gustav Rochlitz (1889–1972) und Walter Bornheim (1888–1971).[11] Auch war ihm ab 1938 das Devisenschutzkommando unterstellt, das gegen die „Abwanderung“ von Kapital ins Ausland vorgehen sollte.[12] Mit dem Auftrag, Kunstwerke, Devisen und andere Vermögenswerte in den besetzten Ostgebieten sowie ab 1940 in Belgien, Frankreich und den Niederlanden aufzuspüren und zu konfiszieren,[13] war das Devisenschutzkommando in besonderem Maße an der systematischen Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung aus dem Deutschen Reich beteiligt.[14] Überliefert sind ebenfalls Erwerbungen aus Beschlagnahmungen des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg (ERR) für die Sammlung Göring.[15]

Die Inventarnummer Veldenstein 2 auf der Property Card weist auf eine Lagerung des Schrankes auf Burg Veldenstein bei Nürnberg hin.[16] Das Anwesen gehörte einst Görings Taufpaten, dem jüdischen Arzt Dr. Hermann von Epenstein (1850–1934). Familie Göring ließ sich hier bereits im Jahre 1914 nieder.[17] Nach dem Tod ihres Mannes verkaufte Elisabeth von Epstein (1879–1956) die Burg 1939 an Hermann Göring.[18] Wie alle seine dienstlichen und privaten Wohnsitze, stattete dieser auch  Burg Veldenstein mit zahlreichen Kunstwerken aus.[19] Zudem wurden wertvolle Gemälde sowie Skulpturen, Gobelins und Teppiche aus Görings Residenzen Wildpark und Kurfürst bei Potsdam sowie Carinhall in der Schorfheide im Februar 1945 nach Burg Veldenstein gebracht.[20]

Über Burg Veldenstein gelangte der Schrank am 21. November 1945 in den Central Collecting Point in München.[21] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung diesen mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt nach dem bisherigen Kenntnisstand die Provenienz ungeklärt.[22]

Bearbeitungsstand: 2019

[1] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 15752.

[2] Vgl. Deutsches Historisches Museum, Lebendiges Museum Online, Biografie, Hermann Göring 1893–1946. URL: www.dhm.de/lemo/biografie/hermann-goering [Abruf: 19.02.2020].

[3] Vgl. Hanns Christian Löhr, Der Eiserne Sammler. Die Kollektion Hermann Göring. Kunst und Korruption im „Dritten Reich“, Berlin 2009, S. 98.

[4] Für das Folgende vgl. ebd., S. 127.

[5] Vgl. BArch Koblenz, B323/68, ab Bl. 111.

[6] Vgl. Löhr 2009, S. 95. Ein „Katalog der Sammlung Göring“ befindet sich heute im Bundesarchiv Koblenz. Vgl. BArch B 323/316–320.

[7] Für das Folgende vgl. ebd., S. 24–27.

[8] Vgl. Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, Modul „Provenienzrecherche“, NS-Raubkunst, Dienststellen und Verantwortliche des systematischen und organisierten NS-Kulturgutraubes, Hermann Göring. URL: www.lostart.de/Content/051_ProvenienzRaubkunst/DE/Verantwortliche/G/G%C3%B6ring,%20Hermann.html [Abruf: 19.03.2020].

[9] Vgl. Löhr 2009, S. 102.

[10] Vgl. ebd., S. 10.

[11] Vgl. ebd., S. 67/105 und Sabine Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz. Dingliche Herausgabeansprüche nach deutschem Recht, Berlin 2007, S. 55.

[12] Vgl. ebd., S. 40/53.

[13] Vgl. Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, Modul „Provenienzrecherche“, NS-Raubkunst, Dienststellen und Verantwortliche des systematischen und organisierten NS-Kulturgutraubes, Devisenschutzkommando. URL: www.lostart.de/Content/051_ProvenienzRaubkunst/DE/Verantwortliche/D/Devisenschutzkommando.html [Abruf: 19.03.2020].

[14] Vgl. Löhr 2009, S. 52.

[15] Vgl. ebd., S. 40/53/99.

[16] Vgl. ebd.

[17] Vgl. Ilse von zur Mühlen, Die Kunstsammlung Hermann Görings. Ein Provenienzbericht der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, München 2004, S. 16.

[18] Vgl. Burg Veldenstein, Geschichte. URL: www.burg-veldenstein.de/geschich.htm [Abruf: 06.02.2019].

[19] Vgl. von zur Mühlen 2004, S. 25.

[20] NARA, M1922. URL: www.fold3.com/image/114/287203662 [Abruf: 05.02.2019]. Interrogation of Dagmar Ernst, 13.09.1945, S. 7.

[21] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München.

[22] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) LostArt Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) [Abruf: 06.02.2019].

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