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Kaulbach, Friedrich August von

Reigen (Tanzende Mädchen)

Entstehungsjahr 1897
Technik Pastell auf Papier
Maße 49 x 84 cm
Münchener-Nr. 768
Linz-Nr. 336
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Friedrich August von Kaulbach (1850-1920), der einer weit verzweigten Malerfamilie entstammte, profilierte sich als Maler, Zeichner, Graphiker und Radierer vor allem in den Gattungen Porträt, Genre, Landschaften, Stillleben und Karikatur. Bevorzugte Themen waren Tanz und Musik, Mythologie, Religion, Krieg und Tod. Nach der Übersiedlung nach München im Jahre 1871 bewegte sich der von der vornehmen Münchener Gesellschaft hochgeschätzte „Malerfürst“ im Kreise seiner Künstlerkollegen Wilhelm von Diez, Franz von Lenbach und Hans Makart. 1886 wurde Kaulbach zum Direktor der Münchner Akademie ernannt. Besonders begehrt waren seine Porträts, da er es vermochte den momentanen Eindruck seiner Auftraggeber im Bildnis festzuhalten, wobei er sich ebenso wie Lenbach der Fotografie bediente.

Provenienz

Die Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt (TVK) ermittelte zur Provenienz des Pastells „Reigen“, dass dieses zu einem auf der Property Card nicht näher bezeichneten Zeitpunkt von der Münchener Galerie Almas-Dietrich für die Sammlung ‚Sonderauftrag Linz’ erworben wurde.1 Am 12. März 1949 gab die Galeristin Maria Almas-Dietrich darüber hinaus zu Protokoll, dass sie das Kunstwerk vor dem Weiterverkauf an den „Sonderauftrag Linz“ „aus deutschem Besitz“ erworben hatte.2

Die neuen Recherchen zur Provenienz des Pastells erbrachten folgende Hinweise:
Im Werkverzeichnis zu Friedrich August von Kaulbach von Klaus Zimmermanns (1980) werden die Angaben zur Provenienz auf der Property Card bestätigt: „Aus deutschem Besitz über Galerie Almas, München in Reichsbesitz“.3

Zimmermanns verweist zudem darauf, dass das Werk unten links bezeichnet ist: „F.A. Kaulbach 1897“. Darüber hinaus gibt der Autor an, dass das Pastell im Jahr seiner Entstehung auf einer Ausstellung im Münchener Glaspalast ausgestellt war. Und ein Jahr später ebenfalls auf der Weltausstellung in Paris.
Die Angaben zur Münchener Kunstausstellung 1897 konnten bestätigt werden.

Demnach wurde das Pastell im Jahr seiner Entstehung 1897 auf der VII. Internationalen Kunstausstellung im Königlichen Glaspalaste zu München, veranstaltet von der „Münchener Künstlergenossenschaft“ vom 1. Juni bis Ende Oktober mit der Ausstellungsnummer 856b: „Mädchenreigen“ und versehen mit einem „*“ als verkäuflich ausgestellt.4 Hinweise auf den derzeitigen Eigentümer sind dem Katalog nicht zu entnehmen. Das Kunstwerk befand sich zum Zeitpunkt der Ausstellung vermutlich noch im Eigentum des Künstlers, da es gerade entstanden war. Ein Jahr später wurde ein Ölgemälde mit dem Titel „Reigen“ auf der Pariser Weltausstellung, welches sich laut Ausstellungskatalog 1900 „im Besitze des Hrn. Passavant, Basel“ befand, ausgestellt.5 Nachweislich handelte es sich bei diesem Werk jedoch um ein Ölgemälde und nicht um ein Pastell. Laut Werkverzeichnis hat Friedrich August von Kaulbach um 1897 ebenfalls ein Ölgemälde mit dem Titel „Studie zum Reigen“ geschaffen.6

In weiteren Münchener Ausstellungs- und Auktionskatalogen der Jahre bis 1945 konnte das Pastell nicht identifiziert werden. Dem 1991 erschienenen „Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates“ konnte darüber hinaus entnommen werden, dass keine Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München überliefert sind.7 Hier mussten alle Kunsthandlungen und Auktionshäuser ihre Ausstellungen in den Jahren von 1933 bis 1945 anmelden.

In der weiteren Literatur zum künstlerischen Werk des Friedrich August von Kaulbach konnte das Pastell wie folgt nachgewiesen werden. Georg Habich (1899/1900) erwähnt das Pastell mit dem Titel „Frühlingsreigen“ in seinem Aufsatz über Friedrich August von Kaulbach.8 Der Autor verzichtet allerdings ebenfalls auf die Angabe des derzeitigen Eigentümers sowie auf weitere Angaben zur Provenienz des Werkes. In seiner Publikation über Friedrich August von Kaulbach erwähnt auch Alfred Rosenberg (1900) das Pastell hier mit dem Titel „Mädchenreigen“ und datiert die Entstehung auf das Jahr 1897.9 Die Datierung ist auf der hier reproduzierten Abbildung deutlich zu erkennen. Unter der Abbildung findet sich zudem der Hinweis „Reproduziert mit Bewilligung der Verlagshandlung H.D. Mithke in Wien“.10 Weiterführende Hinweise zum derzeitigen Eigentümer beziehungsweise zur Provenienz des Kunstwerkes finden sich auch bei Rosenberg (1900) nicht. Fritz von Ostini, der im Jahre 1911 eine Publikation zum Gesamtwerk des Künstlers herausgab, erwähnt das Werk im Zusammenhang mit einer Studie „Rückenakt, Studie zum „Reigen“11 Hinweise auf den Eigentümer des Werkes sind allerdings auch hier nicht verzeichnet.
In der weiterführenden Literatur zum künstlerischen Werk des Friedrich August von Kaulbach konnte das Pastell „Reigen“ nicht nachgewiesen werden.12

Forschungen zum persönlichen Nachlass von Friedrich August von Kaulbach – eine bedeutende Quelle, welche zur Provenienz des Pastells weiterführende Hinweise hätte liefern können - ergaben, dass dieser verlorengegangen ist.13 Somit konnte nicht nachgewiesen werden, wann und an wen Friedrich August von Kaulbach, beziehungsweise dessen Ehefrau, das Pastell verkauft hat, beziehungsweise von wem Maria Almas-Dietrich das Kunstwerk in der Folge erwarb.
In Bundesbesitz befinden sich insgesamt 29 Kunstwerke des Friedrich August von Kaulbach. Wenigstens fünfzehn dieser Werke wurden von der Sammlung „Sonderauftrag Linz“ über die Münchener Galeristin Maria Almas-Dietrich aus dem Nachlass des Künstlers von dessen Witwe Frieda Kaulbach erworben.14 Vierzehn dieser Werke im Jahre 1941.15 Diese Werke haben Linzer Inventarnummern zwischen 2075 und 2093, was ein Indiz dafür sein könnte, dass sie im Januar 1942 vom „Sonderauftrag Linz“ im Konvolut von Maria Almas-Dietrich angekauft worden sind.16

Das hier zu behandelnde Pastell „Reigen“ erhielt die Linzer Inventarnummer 336 und scheint somit zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt von Maria Almas-Dietrich angekauft worden zu sein.

Auf der Rückseite des Pastells befinden sich folgende Aufschriften. Mittig in blauer Farbe die München-Nummer 768. Oben rechts die Linz-Nummer 336. In blauer Farbe ist mittig eine weitere nicht zu identifizierende Nummer 58644 angebracht. Rechts unten findet sich die sogenannte K-Nummer 655. Weiterführende Hinweise sind der Rückseite des Blattes nicht zu entnehmen.

Trotz intensiver Recherchen in deutschen Ausstellungs- und Auktionskatalogen der Jahre bis 1945 konnte nicht ermittelt werden, ob das Pastell von seinen ehemaligen Eigentümern vor dem Verkauf an die Münchener Galeristin Maria Almas-Dietrich im Kunsthandel zum Kauf angeboten wurde.

Die Recherchen zur Münchener Galerie Maria Almas-Dietrich verliefen ebenfalls ergebnislos, da keine Akten in Münchener Archiven überliefert sind.17 Dem 1991 erschienenen „Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates“ konnte darüber hinaus entnommen werden, dass keine Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München überliefert sind.18 Angesichts dieser lückenhaften Archivlage ist nicht belegbar, von wem und wann genau Maria Almas-Dietrich das Werk erwarb und wann sie es schließlich an den „Sonderauftrag Linz“ weiterverkauft hat.

Nicht ermittelt werden konnte, wer das Pastell „Reigen“ an Maria Almas-Dietrich verkauft hat. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.
Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt. Alle hier bekannten Quellen sind ausgeschöpft.

Stand: 2010

1 Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 768. Das Kunstwerk befindet sich heute als Leihgabe im Kaulbach-Museum, Bad Arolsen. Die Recherchen wurden im Auftrag des BADV von Frau Dr. Vanessa Voigt durchgeführt.
2 Aussage Maria Almas-Dietrich vom 12.03.1949. Vgl. BArch, B 323/331, Kunsthändler A-J, Almas-Dietrich. Sowie: BArch, B 323/649, Restitutionskartei.
3 Klaus Zimmermanns, Friedrich August von Kaulbach (1850-1920). Monographie und Werkverzeichnis, München 1980, Kat. 679, Abb. S. 179. Zimmermanns verweist auf drei weitere Studien des Kunstwerkes. Vgl. hierzu: Zimmermanns 1980, Kat. Nr. 680-682. Die dritte Tanzende von links ist nach den Angaben von Zimmermanns Frida von Kaulbach.
4 Vgl. hierzu: Ausst.Kat. der VII. Internationalen Kunstausstellung im Kgl. Glaspalast zu München 1897, veranstaltet von der „Münchener Künstlergenossenschaft im Vereine mit der Münchener Secession“, 1. Juni bis Ende Oktober, München 1897, S. 81, Nr. 856b, Saal-Nr. 40. Die mit einem „*“ gekennzeichneten Kunstwerke wurden zum Kauf angeboten.
5 Ausst.Kat. Catalogue Général Officiel II, S. 270, Kat. Nr. 74.
6 Klaus Zimmermanns, Friedrich August von Kaulbach (1850-1920). Monographie und Werkverzeichnis, München 1980, Kat. 680.
7 Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates 1991, bearb. von Heinz Boberach, München, London, New York, Paris 1991.
8 Habich, Georg, Friedrich August von Kaulbach, in: Die Kunst, 1. Jg., 1899/1900, S. 1-35, hier: S. 28/29 (Abbildung).
9 Adolf Rosenberg, Friedrich August von Kaulbach, Bielefeld/Leipzig 1900, S. 46, 83f., Abb. 71.
10 Ebd.
11 Friedrich August von Kaulbach Gesamtwerk, hrsg. von Fritz von Ostini, München 1911, S. XIV, Tafel 122.
12 Vgl. hierzu u.a.: Pietsch, Ludwig, Friedrich August von Kaulbach, München 1897; Wolter, Franz, Fritz August von Kaulbach, in: Die Kunst. Monatshefte für freie und angewandte Kunst, 27.1913, München 1913, S. 1-24, hier: S. 8 (ohne Seitenzahl); Evelyn Lehmann, Elke Riemer, Die Kaulbachs. Eine Künstlerfamilie aus Arolsen, Arolsen 1978.
13 Mitteilung von Mayen Beckmann an die Oberfinanzdirektion Berlin, Berlin, 23.04.2001.
14 Im Jahre 1941 erwarb Maria Almas-Dietrich insgesamt vierzehn Gemälde von Frieda von Kaulbach aus dem Nachlass von deren verstorbenen Mann. Die Münchener Galeristin verkaufte diese Gemälde im Januar 1942 vermutlich en bloc an die Sammlung „Sonderauftrag Linz“, darunter die Mü-Nrn: 10739; 10792; 13393; 1541/1; 1541/2; 45062; 8596; 9211; 9220; 9327; 9756; 9826; 11180 und 45072. Zu einem ebenfalls früheren Zeitpunkt erwarb Maria Almas-Dietrich vermutlich ebenfalls aus dem Nachlass Kaulbachs von dessen Witwe Frieda Kaulbach das Gemälde „Damenbildnis“, Mü-Nr 2278/1.
15 Darunter die Mü-Nrn: 10739; 10792; 13393; 1541/1; 1541/2; 45062; 8596; 9211; 9220; 9327; 9756; 9826; 11180 und 45072.
16 ebd.
17 Folgende in Frage kommenden Münchener Archive besitzen keine Unterlagen zur Galerie Maria Almas-Dietrich: Staatsarchiv München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Wirtschaftarchiv München. Lediglich das Stadtarchiv verfügt über eine Gewerbekarte der Galerie Almas. Mitteilung des Stadtarchiv München vom 10.05.2009.
18 Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates 1991, bearb. von Heinz Boberach, München, London, New York, Paris 1991.

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