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Preußen

Schnupftabakdose mit Bildnis von Friedrich II.

Entstehungsjahr 18. Jh.
Technik Emaille
Maße 3,5 x 7,2 x 5,7 cm
Münchener-Nr. 2255/11
Linz-Nr. 3876
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Die Schnupftabakdose wurde im 18. Jahrhundert in Preußen hergestellt.

Sie ist aus Emaille gefertigt und mit Golddekor verziert. Auf dem Deckel befinden sich zentral eine Porträtbüste und das Emblem von Friedrich II. im Stern, von einer Krone bekrönt. Sowohl links als auch rechts des Porträts befindet sich ein antiker Krieger. An den Rändern des Deckels sind die Namen der Kriegsschauplätze des Schlesischen Krieges mit Datumsangaben verzeichnet. Diese werden jeweils von einem runden Ornament mit Schleife gerahmt. Auf der Innenseite der Schnupftabakdose steht: „Es lebe Friedrich / der allergrößte Held / bald seind alle Feinde müde / Preussensadler macht uns Friede.“

Provenienz

Zeittafel
(…) 
Bis 09.04.1942Baron András Herzog (1902–1943), Budapest
Seit 09.04.1942Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“), erworben über Galerie Sankt Lucas, Wien
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
17.07.1945Eingang in den Central Collecting Point München
1949–2010   Bundesvermögen
2010Restitution

Die Schnupftabakdose befand sich bis zum 9. April 1942 im Eigentum von Baron András Herzog (1902–1943), Budapest.[1] Dieser war der Sohn des jüdischen Bankiers Baron Mor Lipot Herzog (1869–1934), der zu Lebzeiten eine bedeutende Kunstsammlung zusammentrug, die mehr als 1.500 Werke sowie Bücher und wertvolle Einrichtungsgegenstände umfasste.[2] Nach dem Tod von Baron Mor Lipot Herzog im Jahre 1934 wurde seine Sammlung auf die drei Kinder András, Ersébet (?–?) und István Herzog (?–?) aufgeteilt.[3]

Aus der Sammlung Baron András Herzog wurde das Werk am 9. April 1942, zusammen mit einem Gemälde aus dem Umkreis von Bartholomäus Zeitblom (um 1455–1520), über die Wiener Galerie Sankt Lucas durch das Deutsche Reich für den „Sonderauftrag Linz“ erworben und erhielt die Linz-Nummer 3876.[4] Der Verkaufspreis betrug für 3.000,- Pengö. Unterlagen zum Verkaufshergang haben sich im Bundesarchiv in Koblenz erhalten.[5]

Nur sechs Monate später wurde Baron András Herzog in ein Arbeitslager verschleppt, wo er am 16. März 1943 an Typhus verstarb.[6] Seine Frau verließ daraufhin Ungarn und ging mit den beiden gemeinsamen Kindern nach Rom. Nach dem Rückzug der deutschen Besatzer aus Ungarn Ende 1944 wurden große Teile der ehemaligen Sammlung Herzog beschlagnahmt und in das Deutsche Reich gebracht.[7] Ein Teil konnte über den CCP München zurück nach Ungarn restituiert werden.

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 2. Juli 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[8] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard. Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Die Provenienz ist geklärt. Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug an diesem Kulturgut und die Rechtsnachfolge des ursprünglichen Eigentümers wurden ermittelt. Die Restitution ist durch Unterzeichnung der Rückgabevereinbarung erfolgt.

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 2255/11. Das Gemälde aus dem Umkreis von Bartholomäus Zeitblom wurde im CCP München unter der Mü-Nr. 4666 inventarisiert.

[2] Vgl. Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, Lost Art, Modul „Provenienzrecherche“, NS-Raubkunst, Jüdische Sammler und Kunsthändler (Opfer nationalsozialistischer Verfolgung und Enteignung), Baron Mor Lipot Herzog. URL: www.lostart.de/Content/051_ProvenienzRaubkunst/DE/Sammler/H/Herzog, Baron Mor Lipot.html?nn=5144&cms_lv2=95482&cms_lv3=8794 [Abruf: 31.03.2020].

[3] Vgl. Frank Brunecker/Uwe Degreif, Museumsland. Die Biberacher Rückgabe, in: Momente, Nr. 1, 2014, S. 40–41, hier S. 40.

[4] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 2255/11 und Mü-Nr. 4666. Auf letzterer ist als Ankaufsdatum der 04.04.1942 vermerkt.

[5] Siehe: BArch Koblenz, B323/138, Bl. 416–421.

[6] Für das Folgende vgl. Brunecker/Degreif 2014, S. 40.

[7] Für das Folgende vgl. Hannes Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung. Die Restitution der Beute- und Raubkunst im Kollisions- und Völkerrecht, Berlin 2005, S. 438.

[8] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München.

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