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Alt, Rudolf von

Landschaft mit Ruine Rauhenstein in Niederösterreich (Landschaft mit Ruine Rauhenstein von Westen, Kutsche mit Insassen auf einer Straße)

Entstehungsjahr 1832
Technik Aquarell auf Papier
Maße 21,5 x 27,9 cm
Münchener-Nr. 2399/17
Linz-Nr. 314
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Rudolf von Alt (1812–1905) war ein österreichischer Landschafts- und Vedutenmaler.[1] Nach einer künstlerischen Ausbildung beim Vater Jakob Alt (1789–1872), besuchte Rudolf von Alt ab 1828 die Wiener Akademie. Er konzentrierte sich hauptsächlich auf das Landschaftsaquarell und fertigte nur wenige, kleinformatige Werke in Öl. Im Jahre 1863 bereiste der Künstler die Krim. Daneben unternahm er lange Reisen durch Österreich und Italien, wo er Freundschaft mit König Ludwig I. von Bayern (1786–1868) und Moritz von Schwind (1804–1871) schloss. Ab etwa 1846 beschäftigte er sich vermehrt mit der Kunst des Radierens. Im Jahre 1881 unternahm von Alt zusammen mit dem Kronprinzen Rudolf von Österreich-Ungarn (1858–1889) eine Reise nach Belgien. Zu seinem 80. Geburtstag wurde der Künstler in den Ritterstand erhoben und von vielen, auch ausländischen Akademien, geehrt. Seine Aquarelle, Lithografien, Radierungen und Zeichnungen sind in allen größeren europäischen Sammlungen zu finden, vornehmlich jedoch in Wien.

Das Aquarell zeigt eine Ruine auf einem bewaldeten Berg. Im Vordergrund befinden sich links auf einem hellen Sandweg eine Postkutsche sowie ein Mann zu Pferd. Im rechten Bildteil ist eine Frau mit Korb dargestellt, die ein Kind an der Hand hält. Im Mittelgrund ist links des Weges ein zweigeschossiges Gebäude zu sehen. Dahinter erhebt sich der dicht bewaldete Berg, auf dem sich die Ruine der Burg Rauhenstein in der Nähe der Stadt Baden bei Wien befindet. Als Werktitel sind „Landschaft mit Ruine Rauhenstein in Niederösterreich“[2], „Landschaft mit Ruine Rauhenstein von Westen, Kutsche mit Insassen auf einer Straße“[3] und „Ruine Rauhenstein bei Baden“[4] überliefert.

Das Werk ist signiert und datiert „Rudolph Alt 1832“.

Ein Werkverzeichnis der Aquarelle des Künstlers konnte nicht ermittelt werden.

Folgende Hinweise sind der Rückseite zu entnehmen: in Bleistift „2399/17“ (Mü-Nr.); in brauner Tinte, handschriftlich „Baden […]“ (vermutlich Werktitel).[5]

[1] Für das Folgende vgl. Margarete Braun-Ronsdorf, Alt, Rudolf von, in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 206 f. [Online-Version]. URL: www.deutsche-biographie.de/pnd118502204.html#ndbcontent [Abruf: 17.12.2019].

[2] Vgl. Ausst.kat. Kaiser-Franz-Joseph-Jubiläums-Ausstellung, Kunstverein München, 1911, S. 12, Nr. 22.

[3] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 2399/17.

[4] Vgl. Auk.kat. Gemälde alter und moderner Meister besonders Alt-Wiener & französische und englische Schulen aus dem Besitz des Frl. Käthe Lauber ehemaligen Mitgliedes des Jubiläums-Theaters in Wien und aus anderem Privatbesitz, Dorotheum, Wien, 11.05.1910, o. S., Kat. 1, Abb. Tafel 1.

[5] Laut Auskunft des ehemaligen Leihnehmers vom 13.01.2005.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
11.05.1910Angeboten auf Auktion beim Dorotheum, Wien
(…) 
1911–1924Dr. Julius Monath (1858–1924), Wien
1924–1938Hugo Victor Marmorek (1885–1953) und Felice Theresa Marmorek (1896–1938), Wien, erworben durch Erbgang
(…) 
Ab 1938Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“)
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
04.07.1945Eingang in den Central Collecting Point München
1949–2018Bundesvermögen
2018Restitution

Das Aquarell stand am 11. Mai 1910 bei dem Wiener Auktionshaus Dorotheum zum Verkauf. Im zugehörigen Auktionskatalog ist es unter Losnummer 1 verzeichnet und abgebildet.[1] Laut eines annotierten Exemplars des Kataloges wurde das Werk wohl für 3.150,- Kronen zugunsten eines unbekannten Käufers versteigert.[2]

Ein Jahr später war das Aquarell Teil der Kaiser-Franz-Joseph-Jubiläums-Ausstellung im Münchener Kunstverein.[3] Als Leihgeber trat der Wiener Rechtsanwalt Dr. Julius Monath (1858–1924) auf. Er war mit Olla Monath (1865–1915), geborene Singer, verheiratet.[4] Das Ehepaar hatte drei gemeinsame Kinder. Ob Monath das Aquarell auf der Auktion beim Dorotheum in Wien im Jahre 1910 erwarb ist nicht bekannt.

Bis zum Jahre 1938 befand sich das Aquarell im Eigentum der Eheleute Hugo Victor Marmorek (1885–1953) und Felice Theresa Marmorek (1896–1938), geborene Monath. Letztere war die jüngste Tochter von Julius und Olla Monath und erwarb das Werk wohl durch Erbgang. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 war Hugo Victor Marmorek gezwungen, aufgrund der „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden“ vom 26. April 1938 eine Vermögensanmeldung bei den nationalsozialistischen Behörden einzureichen.[5] Hier ist das Werk von Rudolf von Alt unter dem Titel „Landschaft mit Ruine“ gelistet. Noch im selben Jahr plante Hugo Victor Mamorek die Emigration.[6] In einem Ansuchen um Ausfuhrbewilligung für die Freigabe des Umzugsgutes vom 24. Juni 1938 ist das Aquarell enthalten. Es wurde jedoch, neben drei weiteren Werken, von der Zentralstelle für Denkmalschutz in Wien für die Ausfuhr zurückgestellt. Am 16. August 1938 reichte Hugo Victor Marmorek einen Antrag auf Nachtragsbewilligung für seine Kunstwerke ein, dem jedoch hinsichtlich der zurückgestellten Kunstwerke nicht stattgegeben wurde, so dass er diese nicht mit ins Ausland nehmen konnte.[7] Felice Theresa Marmorek war am 25. Mai 1938 verstorben.[8] Am 1. Oktober 1938 meldete sich Hugo Victor  Marmorek nach London ab.[9] Für das Umzugsgut waren jedoch bereits die USA als Ziel angegeben worden.[10]

Noch im selben Jahr wurde das Aquarell durch das Deutsche Reich für den „Sonderauftrag Linz“ erworben und erhielt die Linz-Nummer 314.[11] Victor Hugo Mamorek gab in einem Schreiben an die US-amerikanischen Alliierten vom 14. Juni 1949 an, dass dem Antrag auf Ausfuhr seiner Kunstwerke aus dem Jahre 1938 nur stattgegeben wurde, wenn er zwei Aquarelle für Hitlers Privatsammlung zurückließ.[12]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 4. Juli 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[13] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls  bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Die Provenienz ist geklärt. Ein früherer NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust wurde ermittelt. Die Restitution ist durch Unterzeichnung der Rückgabevereinbarung erfolgt.

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Vgl. Auk.kat. Dorotheum Wien, 11.05.1910, o. S., Kat. 1, Abb. Tafel 1.

[2] Vgl. Auskunft vom Dorotheum, Wien, vom 21.03.2005 inklusive Kopie des annotierten Kataloges zur Auktion am 11.05.1910.

[3] Für das Folgende vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 2399/17.

[4] Für das Folgende vgl. Schreiben vom Stadt- und Landesarchiv Wien an das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, Berlin vom 31.03.2005.

[5] Für das Folgende vgl. Österreichisches Staatsarchiv (ÖStA), Archiv der Republik (AdR) 06, Nr. 32443, „Verzeichnis über das Vermögen von Juden“, Hugo Victor Mamorek, o. D.

[6] Für das Folgende vgl. Schreiben der Kommission für Provenienzforschung beim Bundesdenkmalamt Wien an das BADV, Berlin, vom 01.04.2005, inklusive Kopie vom „Ansuchen auf Ausfuhrbewilligung“ von Hugo Victor Mamorek vom 24.06.1938.

[7] Vgl. Schreiben der Kommission für Provenienzforschung beim Bundesdenkmalamt Wien an das BADV, Berlin, vom 01.04.2005, inklusive Kopie vom „Ansuchen auf Ausfuhrbewilligung“ von Hugo Victor Mamorek (Nachtragsbewilligung) vom 16.08.1938.

[8] Vgl. ÖStA, AdR 06, Nr. 32443, „Verzeichnis über das Vermögen von Juden“, Hugo Victor Mamorek, o. D.

[9] Vgl. Schreiben vom Stadt- und Landesarchiv Wien an das BADV, Berlin vom 31.03.2005.

[10] Vgl. Schreiben der Kommission für Provenienzforschung beim Bundesdenkmalamt Wien an das BADV, Berlin, vom 01.04.2005, inklusive Kopie vom „Ansuchen auf Ausfuhrbewilligung“ von Hugo Victor Mamorek vom 24.06.1938.

[11] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 2399/17 und  Klaus Beetz, Die Erwerbungen Adolf Hitlers bis zum Führererlass vom 26. Juni 1939 für den Aufbau des Neuen Museums Linz, Berlin 2004 (unpubliziert), S. 14.

[12] Vgl. Bundesarchiv Koblenz, B323/476, Bl. 1. Schreiben von Mamorek, Detroit, an das American Occupation Government in Germany, Frankfurt am Main, vom 14.06.1949.

[13] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München.

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