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Alt, Rudolf von

Landschaft mit Ruinen von Sebastopol [korrekte Schreibweise: Sewastopol]

Entstehungsjahr 1863
Technik Aquarell
Maße 30,5 x 47,5 cm
Münchener-Nr. 2399/27
Linz-Nr. 783/632
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Rudolf von Alt (1812–1905) war ein österreichischer Landschafts- und Vedutenmaler.[1] Nach einer künstlerischen Ausbildung beim Vater Jakob Alt (1789–1872), besuchte Rudolf von Alt ab 1828 die Wiener Akademie. Er konzentrierte sich hauptsächlich auf das Landschaftsaquarell und fertigte nur wenige, kleinformatige Werke in Öl. Im Jahre 1863 bereiste der Künstler die Krim. Daneben unternahm er lange Reisen durch Österreich und Italien, wo er Freundschaft mit König Ludwig I. von Bayern (1786–1868) und Moritz von Schwind (1804–1871) schloss. Ab etwa 1846 beschäftigte er sich vermehrt mit der Kunst des Radierens. Im Jahre 1881 unternahm von Alt zusammen mit dem Kronprinzen Rudolf von Österreich-Ungarn (1858–1889) eine Reise nach Belgien. Zu seinem 80. Geburtstag wurde der Künstler in den Ritterstand erhoben und von vielen, auch ausländischen, Akademien geehrt. Seine Aquarelle, Lithografien, Radierungen und Zeichnungen sind in allen größeren europäischen Sammlungen zu finden, vornehmlich in Wien.

Das Aquarell zeigt die hügelige Landschaft von Sewastopol, einer Hafenstadt auf der Halbinsel Krim. Aufgrund ihrer militärischen Bedeutung wurde die Stadt im Krimkrieg (1853–56) mehrere Monate belagert und stark zerstört. Auf dem Aquarell sind verschiedene Ruinen, darunter auch das beschädigte Theatergebäude, zu erkennen. In der linken Bildhälfte steht eine einzelne Kuh auf einem Weg.

Das Werk ist unten links signiert „R. Alt“ sowie unten rechts bezeichnet und datiert „Sebastopol Juli 863“. 

Folgende Provenienzhinweise befinden sich auf dem Werk: auf Vorderseite, unten rechts Sammlerstempel [Lugt 387] (Provenienzmerkmal vor 1945); auf Rückseite, in Bleistift „5861/2“ (nicht identifiziert].[2]

[1] Für das Folgende vgl. Margarete Braun-Ronsdorf, Alt, Rudolf von, in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 206 f. [online-Version]. URL: www.deutsche-biographie.de/pnd118502204.html#ndbcontent [Abruf: 17.12.2019].

[2] Laut Auskunft des ehemaligen Leihnehmers vom 21.12.2004.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
Bis 1917Ludwig Lobmeyr (1829–1917), Wien
Ab 1917Nachlass Ludwig Lobmeyr (1829–1917), Wien
11.03.1918Angeboten auf Auktion der Kunsthandlung C. J. Wawra, Wien
(…) 
1934–Mindestens Februar 1939Im Eigentum von Renate Elisabeth (1925–?) und Hans Georg (1929–?) F., Wien, durch Erbgang erhalten
Frühestens Februar 1939–02.08.1939Kunsthandlung Eugen Brüschwiler, München
02.08.1939Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“)
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
4.07.1945Eingang in den Central Collecting Point München
1949–2009Bundesvermögen
2009Restitution

Das Aquarell war Teil der Sammlung des Wiener Glaswarenfabrikanten Ludwig Lobmeyr (1829–1917). Lobmeyr besaß eine Kunstsammlung und gilt als Mäzen von Rudolf von Alt. Seine Sammlungsobjekte versah er mit einem Stempel, der eine Zuordnung von Kunstwerken zu seiner früheren Sammlung ermöglicht.[1]                 

Bei der von der Wiener Kunsthandlung C.J. Wawra im März 1918 durchgeführten Versteigerung des Nachlasses von Lobmeyr wurde das Aquarell unter dem Titel „Die Ruinen von Sebastopol" angeboten.[2] Ob eine Veräußerung stattfand und wer der eventuelle Käufer war, ist unklar.                                                                                                   

Im Jahre 1934 befand sich das Aquarell im Nachlass der Eltern des in Wien lebenden Geschwisterpaares Renate Elisabeth (1925–?) und Hans Georg (1929–?) F.[3] Nach den 1938 einsetzenden Maßnahmen der NS-Verfolgung in Österreich konnten die Beiden im Mai 1939 mit einem Kindertransport nach Großbritannien emigrieren.[4] Deren Großmutter (1881–?) hatte schon im Februar 1939 beim Bundesdenkmalamt Wien für mehrere Kunstwerke, darunter auch das Aquarell, eine Ausfuhrgenehmigung beantragt.[5] Eine Ausfuhr der drei angemeldeten Aquarelle von Rudolf von Alt wurde jedoch abgelehnt. Im Zusammenhang mit der Flucht der Großmutter im Juli 1939 gelangte das Werk schließlich in den Münchener Kunsthandel. Am 2. August 1939 erwarb der „Sonderauftrag Linz“ das Aquarell von der Münchener Kunsthandlung Eugen Brüschwiler.[6] Es erhielt dort die Linz-Nr. 783/632.

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 4. Juli 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht. Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Die Provenienz ist geklärt.

Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug an diesem Kulturgut und die Rechtsnachfolge des ursprünglichen Eigentümers wurden ermittelt. Die Restitution ist durch Unterzeichnung der Rückgabevereinbarung erfolgt.

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Vgl. Lugt, Frits. Les Marques de Collections de Dessins & d’Estampes. Amsterdam 1921, Neuauflage, Den Haag 1956, L.387 und L.1690, URL: www.marquesdecollections.fr/ [Abruf: 19.05.2020].

[2] Vgl. Auk.kat. Versteigerung der Aquarelle, Handzeichnungen und Ölstudien aus dem Nachlass des Herrn Ludwig Lobmeyr, II. Teil, Kunsthandlung C. J. Wawra, Wien, 11.03.1918 und darauffolgende Tage, Los 8.

[3] Anonymisierung von den Erben gewünscht.

[4] Vgl. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Dokumente bzgl. der betroffenen Personen.

[5] Für das Folgende vgl. Archiv des Bundesdenkmalamtes Wien, Dokumente bzgl. des Ansuchens um Ausfuhrbewilligung.

[6] Vgl. Klaus Beetz, Die Erwerbungen Adolf Hitlers bis zum Führererlass vom 26. Juni 1939 für den Aufbau des Neuen Museums Linz, Berlin 2004, S. 14 (unpubliziert) und für das Folgende Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 2399/27. 

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