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Hasenpflug, Karl Georg Adolf

Klosterruine Walkenried im Harz

Entstehungsjahr 1850
Technik Öl auf Holz
Maße 89 x 75 cm
Münchener-Nr. 2425
Linz-Nr. 842 / 660
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Carl/Karl Hasenpflug (23. September 1802, Berlin bis 13. April 1858, Halberstadt), einer der bedeutendsten deutschen Architekturmaler seiner Zeit, absolvierte ab 1820 in der Werkstatt von Carl Wilhelm Gropius in Berlin eine Lehre als Dekorationsmaler.1 Er besuchte zeitweise, mit Unterstützung von Friedrich Wilhelm III., die Berliner Akademie der Künste im Fach Architekturmalerei. Hasenpflug ging zunächst nach Leipzig und ab 1830 nach Halberstadt. Häufige Motive seiner Bilder, die oftmals als Auftragswerke entstanden, waren Kirchenbauten, unter anderem die Dome von Magdeburg, Erfurt, Halberstadt und Brandenburg an der Havel.

Von 1832 bis 1836 bearbeitete Hasenpflug einen Auftrag in Köln. Während dieser Zeit lernte er Carl Friedrich Lessing kennen. Durch die Anregungen Lessings verfolgte er einen romantischen Stil. Es entstanden in der Folge viele Werke mit winterlichen Motiven undder Darstellung von Ruinen und Kapellen.

1850 stellte er in der Royal Academy in London aus. Die Ausstellungen der Berliner Akademie der Künste hatte er bis 1846 beschickt und seine Bilder wurden auf Ausstellungen in New York, in Edinburgh sowie in Philadelphia gezeigt. Eine in dieser Form ausgeprägte Sammelleidenschaft für die Gemälde Hasenpflugs gehört in der Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts zu den großen Ausnahmeerscheinungen.

Im vorliegenden Gemälde ist die Ansicht der zisterziensischen Klosterkirche Walkenried aus südöstlicher Perspektive mit Blick auf die innere Westfront von St. Maria und St. Martin dargestellt.2  Das Bild ist ein seitenverkehrtes Pendant zum Gemälde Klosterruine im Winter, 1839. Diese erst 1850 entstandene Darstellung nimmt dasselbe Motiv, allerdings spiegelverkehrt, wieder auf.

Hasenpflug verwandelt in dieser Fassung den Bauzustand Walkenrieds in eine Architekturvision. Gewaltig, machtvoll beherrscht auf diesem Gemälde die Ruine, d.h. nur ein Relikt der Westwand von Osten her gesehen, die gesamte Bildkomposition. Die gewaltige Eingangspartie wird monumental ins Zentrum gestellt. Die hier dargestellte Ruine entsprach zu keiner Zeit dem realen Baubefund, und auch die vom Künstler gewählte Blickrichtung war durch die vorgebaute Klausur nicht möglich. Durch die frei erfundenen Strebefeiler im Vordergrund werden Abmessungen und Aussehen eines nur in der Phantasie existierenden Kirchenschiffes vorgespielt. Ebenso frei erfunden sind auch die Mauerung mit dem Relief der Kreuzigung ganz links im Bilde wie auch die ruinöse Fassade dahinter und die hoch auf einem Berg thronende Bergruine. Der Betrachter erlebt eine Ruine bei Abenddämmerung. Es scheint, als ob es unmittelbar zuvor geschneit hätte. Hasenpflug gelingt es in diesem Gemälde auf großartige Weise, die diffuse Konsistenz einer dunstigen, nebelverhangenen Luft in der Abenddämmerung spürbar zu machen und er erweist sich hier als einer der großen Meister des atmosphärischen Stimmungsbildes.

Provenienz

Zeittafel
Dom-Galerie Köln3
um 1937

von Galerie Maria Almas-Dietrich, München für „Sonderauftrag Linz“ erworben4

Die TVK München ermittelte, dass das Gemälde von der Galerie Almas, München (von Domgalerie Köln) nach Aussage von Maria Dietrich am 14.8.1951 erworben wurde.5  

Die erneuten Recherchen ergaben Folgendes. In den Unterlagen im Bundesarchiv Koblenz im Bestand Treuhandverwaltung für Kulturgut der OFD München konnten die Aussage von Frau Dietrich nachgewiesen werden, eine Rechnung konnte nicht recherchiert werden.6

Demnach identifizierte Maria Almas-Dietrich die Gemälde der Linz – Nummern 600 bis 1100 und gab an, die über sie vermittelten Gemälde in Deutschland von Privatpersonen oder von Kunsthändlern erworben zu haben. Zum interessierenden Gemälde der Linz – Nummern 842 gab Maria Almas-Dietrich an, es von der Domgalerie Köln erworben zu haben.

Der Inhaber der Domgalerie Köln Eduard Arthur Schmidt gab in einer Aussage vom 20.März 1951 nicht an, dieses Gemälde über die Galerie Almas – Dietrich verkauft zu haben.7

Die Recherchen zur Galerie Maria Almas-Dietrich ergaben, dass keine zur Provenienz des Gemäldes relevanten Akten in Münchener Archiven überliefert worden sind. Die Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München sind nicht überliefert. Akten der Reichskammer der bildenden Künste sind im Bestand der Reichskulturkammer und ihrer Einzelkammern im Bundesarchiv Berlin nicht überliefert. Im Bundesarchiv Berlin sind keine personenbezogenen Unterlagen zu Maria Dietrich überliefert.8

Maria Dietrich wurde am 28. Juli 1892 in München geboren, ihr Vater war Jude. Sie handelte seit 1919 mit Kunst und meldete im November 1937 die Kunsthandlung Almas offiziell an. 1940 stieg ihr Einkommen mit der Besetzung Frankreichs auf eine halbe Million Reichsmark. Maria Dietrich erwarb vor allem ab 1940 Kunstwerke aus dem besetzten Frankreich und aus Österreich.9

Insgesamt verkaufte Frau Dietrich über 900 Werke an Hitler. Sie hatte engen Kontakt zu Heinrich Hoffmann, er ermöglichte ihr ab 1936 den Zutritt zu Hitler und verkaufte mit ihr bis 1940 Bilder an Hitler. Später konnte sie selbstständig, ohne die Zustimmung von Hans Posse oder Hermann Voss Gemälde an Hitler einliefern. Sie hatte zahlreiche Kontakte zu Kunsthändlern und Versteigerungshäusern, unter anderem auch zum Auktionshaus Hans W. Lange, der als Verkäufer der Berliner Finanzbehörden agierte. Zu ihren Lieferanten in München gehörte unter anderem die Galerie Maria Gillhausen. Nachdem Hermann Voss die Leitung des Sonderauftrages Linz übernommen hatte, verkaufte sie weniger Bilder an Hitler.10

1944 brannte ihr Geschäft nach Luftangriffen auf München in der Ottostraße aus und 1945 wurde ihr Privathaus zerstört. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte Maria Dietrich die Kunstgalerie weiter, die später von ihrer Tochter übernommen wurde.11

Die Recherchen zur Domgalerie Köln ergaben nach Anfragen im Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchiv Köln, Stadtarchiv Köln, in der Ferdinand Möller Stiftung Berlin, im Zentralarchivs des Internationalen Kunsthandels Köln e.V., bei Dr. Henrik Hanstein, Galerie Lempertz und der Stief – Schwiegertochter von Arthur Schmidt, aus Köln bis zum jetzigen Zeitpunkt, dass keine zur Provenienz des Gemäldes relevanten Firmenunterlagen erhalten geblieben sind.

Zur Firmengeschichte konnte folgende Angaben recherchiert werden.

Eduard Arthur Schmidt, Buchhändler, 1885 geboren, gründete 1912 die Kunsthandlung DOM – Galerie in München und war seit 1920 im Kölner Handelsregister eingetragen. 1937 war die einzige Mitarbeiterin seine Ehefrau.Die Kunsthandlung war auf deutscher Meister des 19. Jahrhunderts und Antiquitäten spezialisiert.12

Die Kunsthandlung befand sich ab 1922 am Domhof 16. Im Jahr 1930 scheint sich die Dom-Galerie vergrößert zu haben, in den Adressbüchern ist sie unter Domhof 14/16 eingetragen. Seit 1935 sind die Geschäftsräume am Neumarkt 1D. Das Gebäude am Neumarkt 1D wurde während der Bombenangriffe auf Köln zerstört. Nach 1945 befindet sich die Kunsthandlung, mit vielen anderen Kölner Galerien in der Schildergasse 107. 1955 ist die Dom-Galerie dann wieder am Neumarkt 1C zu finden.13

Die Tochter Ferdinand Möllers, Angelika Fessler wurde 1962 gemeinsam mit Diana Strenger unter den bisherigem Firmennamen Inhaberin der Galerie. Arthur Schmidt schreibt am 1.2.1963 an die Industrie und Handelskammer, dass er aus Altersgründen (78 Jahre alt) seine Firma an Angelika Fessler und Diana Strenger weitergegeben habe. Das Geschäftslokal blieb weiter Neumarkt 1c, "Fahrbach-Haus". Nachdem die Firma 1965 noch einmal geändert wurde in Kunsthandlung Dom-Galerie Angelika Fessler, wurde sie 1970 gelöscht. 1971 war das Haus Neumarkt 1c im Besitz der Kunsthandlung G. Fahrbach".14

Anfragen im Bundesarchiv Berlin zu personenbezogen Unterlagen des Document Centers blieben erfolglos.15

Die Dom-Galerie Köln verkaufte über die Galerie Almas - Dietrich 7 Gemälde an den „„Sonderauftrag Linz““. In einem Brief vom 20. März 1951 gab Arthur Schmidt die Gemälde mit der entsprechenden Nummer an, benannte aber nicht das hier interessierende Gemälde. Direkte Verkäufe an den „„Sonderauftrag Linz““ sind nicht bekannt.16

Die Dom–Galerie Köln nennt Britta Kopf in ihrer Publikation zur Arisierung in Köln nicht. In den Jahren 1942/43 wurden von der Dienststelle Westen des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete rund 1261 Waggons mit jüdischem Vermögen nach Köln versandt. Köln gehörte mit Hamburg, Delmenhorst und Osnabrück zu den Städten, die am stärksten von der Deportation westeuropäischer Juden profitierten. Wertvolle Kunstgegenstände und Bücher wurden vor allem über das Kunstversteigerungshaus Menna an Interessierte vermittelt.17

Die kunsthistorischen Recherchen ergaben keine neuen Erkenntnisse. Im einzigen und zugleich vollständigsten Werkverzeichnis bei Friedrich von Boetticher18 ist das interessierende Gemälde nicht verzeichnet. Ebenso wenig im Katalog der Berliner Akademie Ausstellungen 1786 – 185019 , bei Frietzsche20 und Schasler.21

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle bekannten Quellen ausgeschöpft sind. Ein NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust kann nicht ausgeschlossen werden.

Stand: 2009

1 Nach Ziehr, 2002.
2 Nach Ziehr, in: Ziehr, Antje ( Hrsg.), 2002, S. 140f, S. 294.
3 Aussage Frau Marie Almas-Dietrich, München 14.8.1951. Vgl. BA Koblenz, B 323/331, Linz- Nr. 842, o. Nr. Künstler, Hasenpflug K.G., von Domgalerie Köln.
4 BArch Koblenz, B 323/46 Vor dem Krieg erworben.
5 BADV Berlin, Property Card Mü-Nr. 2425.
6 Aussage Frau Maria Almas-Dietrich, München 14.8.1951, vgl. BA Koblenz, B323/ 331 Linz- Nr. 842, o. Nr. Künstler, Hasenpflug. K.G. von Domgalerie Köln
7 BArch Koblenz, B323/ 331 DOM – Galerie.
8 Nach Recherchen des BADV Berlin zu Mü-Nr. 9458 besitzen folgende bayerische Archive keine Akten zur Galerie Maria Almas-Dietrich: Staatsarchiv München, Stadtarchiv München, Bayrisches Hauptstaatsarchiv München und Wirtschaftsarchiv München. Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates, 1991. BArch Berlin, R 56. Mitteilung Bundesarchiv Berlin. Vgl. E-Mail vom 12.11.2008.
9 Eichhorn, 2003, S. 272.
10 Löhr, 2005, S. 127f.
11 BArch Koblenz, B 323, 436. Eichhorn, 2003, S. 272.
12 Nach Recherchen im familiären Umfeld von Arthur Schmidt.
13 Mitteilung Historisches Archiv , Köln. Vgl. E-Mail vom 20.11.2008.
14 Auskunft Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln. Vgl. E-Mail vom 4.11. 2008, Firmen und Beitragsakte der IHK zur Dom-Galerie Köln.
15 BArch Koblenz, B323/ 331 DOM – Galerie , Inh. Arthur Schmidt, Gemälde ersten Ranges, Antiquitäten, Köln, 20. 3. 1951, Schildergasse 107, Verkaufte Linz, 1637, 3101, 2484, 2361, 2249,2476, 2727, 1441 + Max von Gabriel, Kopf eines Mädchens mit Krone.
16 E-Mail vom 12.11.2008 vom Bundesarchiv Berlin.
17 Bopf, 2004, S. 300ff.
18 Boetticher, 1891, Bd. 1, S. 492 – 493. Hasenpflug, Carl Georg.
19 Börsch-Supan, 1971.
20 Frietzsche, 1937/38.
21 Schasler, 1856, S. 344.

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