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Kretzschmer, Johann Hermann

Italienerin mit weißem Schultertuch u. Korallenkette

Entstehungsjahr 1838
Technik Öl auf Leinwand
Maße 70,5 x 61 cm
Münchener-Nr. 2474
Linz-Nr. 2812
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Die Zuschreibung des Gemäldes ist nicht eindeutig gesichert.

Entgegen der Angaben zu dem Gemälde in der Restitutionskartei, scheint es sich hier nicht um ein Werk des Künstlers Carl Johann Heinrich Kretschmars zu handeln, sondern vielmehr des Malers Hermann Johann Kretzschmer.1

Kretzschmer kam 1829 nach Berlin, wo ihn Wilhelm Wach unterrichtete und ging 1831 nach Düsseldorf. 1837-1939 hielt er sich in Italien auf. Er besuchte 1840 und 1841 Sizilien, Griechenland, Ägypten und Konstantinopel. 1842 kehrte er nach Düsseldorf zurück und zog 1845 nach Berlin. 1856 erhielt er das Prädikat Professor. Das hier interessierende Gemälde einer Italienerin trägt die Signatur „Rom 6. April 1938“, was für diese Zuschreibung spricht. Ein Werkverzeichnis des Genre-, Orient- und Kriegsmalers ist nicht überliefert. Hinweise zu dem Portrait der Italienerin oder auf den Verbleib seines künstlerischen und schriftlichen Nachlasses konnten der überlieferten Literatur nicht entnommen werden.

Das Gemälde zeigt das Brustbild einer jungen Frau in ländlicher Tracht mit braunroter Bluse. Der linke Ellenbogen der dargestellten Frau ist aufgestützt

Das Gemälde ist rechts unten in Rot signiert "Roma 6 April/1838".

Provenienz

Zeittafel
am 16./17.4.1943als Los Nr. 183 in einer Versteigerung bei Hans W. Lange/ Berlin und Wien angeboten und über die Galerie Almas-Dietrich weiterveräußert

Die Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt (TVK) ermittelte zur Provenienz des Gemäldes von Johann Hermann Kretzschmer mit dem Titel “Römerin”, dass es als Los Nr. 183 in einer Versteigerung bei Hans W. Lange/ Berlin und Wien am 16./17.4.1943 aus einem Besitz in Guben angeboten worden ist. Ferner gibt es einen Verweis auf Maria Almas-Dietrich.2

Auf Beschluss Edgar Breitenbachs vom MFA & A wurde das hier interessierende Gemälde im Juni 1949 an den Ministerpräsidenten übergeben mit der Auflage, dass weitere Untersuchungen zur Provenienz des Gemäldes angestellt werden.3

Die neuerlichen Ermittlungen konnten die Angabe auf der Property Card zur Versteigerung des Gemäldes im Jahre 1943 im Berliner Auktionshaus H.W.Lange bestätigen. Mit der Katalognummer 183 und dem Titel „“Römerin“ wurde das Bild auf der am 16.-17.4.1943 veranstalteten Versteigerung „Verschiedener deutscher Kunstbesitz, Gemälde Alter und neuer Meister“ mit dem Schätzpreis von RM 4000 zum Kauf angeboten.4

Der Zuschlag erfolgte bei 9000 RM. Das Verzeichnis der Auftraggeber des Auktionskataloges nennt für die Katalognummer 183 „75.Guben“.5

Der Einlieferer gab nur dieses eine Gemälde zur Auktion. Fehlende Annotationen zum Einlieferer in den überlieferten Auktionskatalogen der besagten Versteigerung führten zu keiner Aufklärung desselben.
Im Landesarchiv Berlin konnten keine Hinweise zu dem aus Guben stammenden Einlieferer ermittelt werden, da hier lediglich die Anmeldeformulare und Auktionsprotokolle des Berliner Auktionshauses H. W. Lange für das Jahr 1937 überliefert sind und keinerlei Unterlagen des Auktionshauses aus dem Jahre 1943 befinden.6

Im Bundesarchiv Koblenz konnten ebenso keine aussagekräftigen Akten zur Identifizierung dieser Person ermittelt werden.

In der kunsthistorischen Literatur zum Werk des Carl Kretzschmer konnten keine Hinweise zu dem im Katalog erwähnten Einlieferer "75. Guben" gefunden werden.7

Das hier interessierende Gemälde wird allerdings in einer 1951 zusammengestellten Liste von Objekten, die bei H.W. Lange zur Versteigerung kamen, genannt.8

Die danach „Bisher geklärte Provenienz“ lautet lediglich „Versteig. Lange 16./17.4.43“ und hat nicht den teilweise bei anderen Kunstwerken derselben Auflistung vorhandenen Zusatz „nicht jüdisch“. Insofern könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass es sich bei dem Gubener Besitz um jüdisches Eigentum handelte. Erworben wurde das Gemälde von Maria Almas im Auftrage von Gottfried Reimers für 9000 RM.9

Die weiteren Recherchen zur Münchener Galerie Maria Almas-Dietrich verliefen allerdings ergebnislos, da keine Akten in Münchener Archiven überliefert sind.10

Angesichts dieser lückenhaften Archivlage ist nicht exakt belegbar, wann genau Maria Almas-Dietrich das Gemälde an den „Sonderauftrag Linz“ verkauft hat.
Der Erwerb durch Maria Almas wird durch die Herkunftsangabe auf der oben genannten Lange Liste von 1951 nicht bestätigt, da es bei dem Eintrag zu dem Gemälde von Kretzschmer nicht, wie bei vielen anderen von Lange angebotenen Objekten heißt „Almas von Lange“, sondern lediglich auf die Lange Versteigerung am 16./17.4.1943 Bezug genommen wird.11

Auf der Rückseite des Gemäldes befinden mehrere Aufschriften und Aufkleber:
die München-Nummer “2474” und “K1624”, daneben mit roter Handschrift “Dietrich”. sowie ein weißes Etikett mit der Aufschrift “ Kunstausstellung Kühl, Dresden A1 Brüdergasse 21”.

Der Hinweis auf die Kunstausstellung Kühl, Dresden konnte die Herkunft des Gemäldes nicht weiter aufklären. Allerdings deutet die angegebene Adresse darauf hin, dass das Gemälde sich frühestens 1934 in deren Dresdner Geschäftsräumen befunden haben kann, da Kühl erst in diesem Jahr in der Kleinen Brüdergasse 21 ansässig war.12

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz des Gemäldes ungeklärt, zumal nicht herausgefunden werden konnte, aus welcher Sammlung und unter welchen Umständen das Gemälde 1943 bei Lange eingeliefert worden ist und alle relevanten Quellen ausgewertet worden sind. Ein verfolgungsbedingter Entzug des Gemäldes kann nicht ausgeschlossen werden.

Stand: 2011

1 Ulrich Thieme/ Felix Becker, Hermann Johann Kretzschmer in: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künste, u. a. Leipzig 1938, S. 512
2 BADV Berlin, Property Card, Bestand BADV (Deutschland), Karteikasten 9999, Mü-Nr. 2474, BArch B323/ 653 (Restitutionskartei).
3 BArch Koblenz, B323/763 (Ministerpräsidentenkartei zu Mü-Nr. 2474)
4 Kat.Nr.183: Carl Kretschmar (Braunschweig, Berlin, 1769-1847), Römerin, Brustbild in ländlicher Tracht mit rotbrauner Bluse und weißem Brusttuch mit Korallenkette. Den linken Ellenbogen aufstützend. Unten rechts datiert: Rom 26. April 1838. Leinwand. H. 70cm, Br. 61cm. Tafel 19. Schätzpreis laut Liste RM 4000. Vgl. Auktionskatalog H.W.Lange, Berlin, Verschiedener Deutscher Kunstbesitz, Gemälde Alter und neuerer Meister, Möbel, Tapisserien, Golddosen., Berlin 16. und 17.4.1943.
5 S. Fn. 4, Verzeichnis der Auftraggeber, Nr. 183.
6 Mitteilung vom Landesarchiv Berlin vom 25.8.2011.
7 Gisold Lammel, Zwischen Legende und Wahrheit- Bilderfolgen zur brandenburgisch-preußischen Geschichte, 1997
8 s. National Archives Washington (NARA), Liste des „Office of the U.S. High Commissioner for Germany Office of Land Commissioner for Bavaria, Property Division, OEA, Cultural Property Branch, CCP Munich Brief an H.W. Lange vom 10.5.1951 und Lange Liste S. 6.
9 BArch B323/132, Bl.170. S. auch Birgit Schwarz, Hitler’s Musuem, Wien 2004,S. 168.
10 Folgende in Frage kommenden Münchener Archive besitzen keine Unterlagen zur Galerie Maria Almas-Dietrich: Staatsarchiv München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Wirtschaftarchiv München. Lediglich das Stadtarchiv verfügt über eine Gewerbekarte der Galerie Almas. Mitteilung des Stadtarchiv München vom 10.05.2009.
11 s. National Archives Washington (NARA), Liste des „Office of the U.S. High Commissioner for Germany Office of Land Commissioner for Bavaria, Property Division, OEA, Cultural Property Branch, CCP Munich Brief an H.W. Lange vom 10.5.1951 und Lange Liste S. 6.
12 Die Kunstausstellung Kühl wurde 1945 in der Kleinen Brüdergasse vollständig ausgebombt und verfügt nur noch über einige wenige Unterlagen, die das hier relevante leider Gemälde nicht umfassen. Freundl. Auskunft per Email von Frau Schmidt-Kühl, 14.10.2011.

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