Blechen, Carl
Romantische Landschaft mit Opernmotiven
Entstehungsjahr | um 1820/1824 |
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Technik | Öl auf Leinwand |
Maße | 96 x 72,5 cm |
Münchener-Nr. | 3063 |
Linz-Nr. | 2323 |
Lost Art-ID | 219627 |
Herkunft | Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen |
Beschreibung
Karl Blechen (1798–1840) war ein deutscher Maler und Zeichner der Romantik.[1] Nach einer Anstellung im Bankenwesen, besuchte Blechen ab 1822 die Akademie der Bildenden Künste in Berlin, wo er unter Peter Ludwig Lütke studierte. Eine mehrmonatige Reise nach Dresden, dem damaligen Zentrum romantischer Malerei, folgte eine Anstellung als Bühnenmaler am Königstädtischen Theater. Einen Wendepunkt im künstlerischen Schaffen Blechens, stellte eine ausgedehnte Italienreise ab Herbst 1828 dar. Nach der Rückkehr des Künstlers nach Berlin, erhielten seine Werke erstmals die Aufmerksamkeit eines größeren Kreises. 1831 wurde er als Nachfolger seines einstigen Lehrers Lütke zum Lehrer der Landschaftsklasse an der Berliner Akademie ernannt. Im Jahre 1835 folgte die Aufnahme als Akademiemitglied. Blechen verstarb an schwerer Krankheit bereits im Alter von 42 Jahren. Er gehört zu den herausragenden Vertretern der romantischen Landschaftsmalerei.
Das Gemälde zeigt einen Torbogen, der die Aussicht auf eine weite Landschaft mit einer Ruine freigibt. Im Bildvordergrund befinden sich Felsen, auf denen am linken Bildrand zwei Eulen sitzen. Unter dem Torbogen sind zwei Figuren dargestellt.[2] Das Gemälde stammt aus der Zeit, als Blechen in Berlin als Theatermaler tätig war. So stammt die Szene im Bildvordergrund aus Mozarts Oper „Don Giovanni“. Sie zeigt Donna Anna im Kampf mit Don Giovanni vor der Kulisse seines Schlosses. Als Titel sind „Romantische Landschaft mit Opernmotiven“[3], „Ruinenlandschaft mit Motiven aus Webers ‚Freischütz‘“[4] sowie „Romantische Landschaft mit Ruine“[5] überliefert.
Das Werk ist bezeichnet „Bl.“ (eingeritzt), jedoch nicht datiert. Eine Entstehung um 1820/1824 wird angenommen.[6]
Ein Werkverzeichnis des Künstlers konnte nicht ermittelt werden. Jedoch ist das Gemälde in der bekannten Blechen-Monografie von Kern (1911) enthalten.[7]
Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: Eigentümernachweis Julius Freund.[8]
[1] Für das Folgende vgl. Paul Ortwin Rave, Blechen, Karl, in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 295. URL: www.deutsche-biographie.de/pnd118511645.html#ndbcontent [Abruf: 07.09.2018]. Vgl. auch: Günter Meißner (Hg.), Saur. Allgemeines Künstlerlexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Bd. 2, Berlin 1995, S. 472–275.
[2] Für das Folgende vgl. LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster, Sammlung Online, Karl Blechen, Romantische Landschaft mit Ruine. URL: www.lwl.org/AIS5/Details/collect/38929 [Abruf: 27.04.2020].
[3] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 3063.
[4] Vgl. Auk.kat. Sammlung Julius Freund. Aus dem Besitz von Frau Dr. G. Freund, Buenos Aires. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und Druckgraphik, Galerie Fischer, Luzern, 21.03.1942, S. 12, Los Nr. 39, Tafel 15.
[5] V gl. LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster, Sammlung Online, Karl Blechen, Romantische Landschaft mit Ruine. URL: www.lwl.org/AIS5/Details/collect/38929 [Abruf: 27.04.2020].
[6] Vgl. ebd.
[7] Vgl. Guido Joseph Kern, Karl Blechen. Sein Leben und seine Werke, Berlin 1911, S. 36–38, Abb. S. 25.
[8] Laut Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 3063.
Provenienz
O. J. | Gräfin Pauline Lüttichau (?–?), Schlesien |
(…) | |
Ab 1911 | General Exzellenz von Amstetter (?–?) |
(…) | |
Spätestens ab September 1933–11.03.1941 | Julius Freund (1869–1941), Berlin, als Dauerleihgabe an das Schweizer Museum Winterthur |
11.03.1941–21.03.1942 | Erben nach Julius Freund |
Ab 21.03.1942 | Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“), erworben auf Auktion bei Galerie Fischer, Luzern |
Ab Sommer 1943 | Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee |
08.07.1945 | Eingang in den Central Collecting Point München |
1949–2009 | Bundesvermögen |
2009 | Restitution |
Das Gemälde war einst Teil der Sammlung von Gräfin Pauline Lüttichau (?–?), geborene Dortu, die das Werk zu einem unbekannten Zeitpunkt direkt vom Künstler erwarb.[1] Am 15. Juni 1903 fand im Auktionshaus Hugo Helbing die Nachlassversteigerung der Gräfin Lüttichau statt.[2] Das Gemälde von Blechen befand sich jedoch nicht unter den angebotenen Werken.
Ab 1911 war das Gemälde im Eigentum von General Exzellenz von Amstetter (?–?).[3]
Der nächste bekannte Eigentümer des Werkes war der Berliner Kaufmann Julius Freund (1869–1941). Als Person jüdischen Glaubens gehört Freund zum Kreis der während der Zeit des Nationalsozialismus rassisch Verfolgten.[4] Seine Sammlung umfasste vornehmlich Zeichnungen und Gemälde des 19. Jahrhunderts, darunter Werke von Caspar David Friedrich (1774–1840), Karl Blechen, Franz Krüger (1797–1857), Theodor Hosemann (1807–1875), Eduard Gärtner (1801–1877), Carl Gustav Carus (1789–1869), Adolph von Menzel (1815–1905), Anselm Feuerbach (1829–1880), Hans von Marées (1837–1887) und Hans Thoma (1839–1924).[5] Infolge der Wirtschaftskrise sowie der Liquidierung seiner Firma standen Teile der Sammlung Freund bereits im Jahre 1930 zum Verkauf.[6] An einer angestrebten Übernahme der Kollektion durch das Museum Winterthur zeigte dieses jedoch zunächst kein Interesse. Erst im September 1933 änderte das Museum seine Haltung und übernahm über 350 Werke aus der Sammlung Freund als Dauerleihgabe, darunter das Gemälde „Romantische Landschaft mit Opernmotiven“ von Blechen.[7] Es wurde am 14. September 1933 von Berlin an das Kunstmuseum Winterthur übersandt und von dort am 3. Dezember 1941 an die Galerie Fischer, Luzern übergeben.
Im Februar 1939 emigrierte Julius Freund zusammen mit seiner Ehefrau Clara Freund (1878–1947), geborene Dresel, nach Großbritannien, wo er am 11. März 1941 verstarb.[8] Seine Tochter Dr. Gisèle (Gisela) Freund (1908–2000) bemühte sich im Folgenden gemeinsam mit dem Schweizer Kunsthändler Fritz Nathan (1895–1972) um den Verkauf der Sammlung.[9] Am 21. März 1942 fand in der Galerie Fischer in Luzern die Versteigerung von über 350 Objekten aus der Sammlung Freund statt, darunter Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgrafiken sowie Buchminiaturen. Das Geleitwort zum zugehörigen Auktionskatalog verfasste Dr. Gisèle Freund selbst. Das Gemälde von Blechen ist hier unter dem Titel „Ruinenlandschaft mit Motiven aus Webers ‚Freischütz‘“ als Los Nummer 39 gelistet und abgebildet.[10]
Im Rahmen der Auktion wurde das Werk durch das Deutsche Reich für CHF 6.700,- für den „Sonderauftrag Linz“ erworben und erhielt die Linz-Nummer 2323.[11]
Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 8. Juli 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[12] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.
Die Provenienz ist geklärt. Ein früherer NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust wurde ermittelt. Die Emigration und die damit einhergehenden finanziellen Einbußen der Eheleute Freund standen in Zusammenhang mit der Verfolgungssituation in Deutschland. Hinzu treten die bereits in Deutschland, aufgrund der gegen Juden gerichteten Maßnahmen des NS-Regimes, erlittenen Vermögensschäden. Auf Empfehlung der „Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz“ wurde das Gemälde aus der früheren Sammlung von Julius Freund im Jahre 2009 an die legitimierten Rechtsnachfolger zurückgegeben. [13]
Bearbeitungsstand: 2020
[1] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 3063.
[2] Für das Folgende vgl. Auk.kat. Katalog von Oelgemälden hervorragendster moderner und alter Meister: aus dem Nachlasse der Frau Gräfin Pauline Lüttichau, geb. Dortu, auf Schloss Stein (Schlesien), des Herrn O. in St. und des in München verstorbenen Kunstmalers Herrn A. von Swieszewski, Hugo Helbing, München, 15.06.1903.
[3] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 3063.
[4] Vgl. Schreiben des Centrum Judaicum, Berlin an die OFD, Berlin vom 13.12.2000.
[5] Vgl. Auk.kat. Galerie Fischer, Luzern, 21.03.1942, o. S., Geleitwort.
[6] Für das Folgende vgl. Kommission für Provenienzforschung Österreich, Beiratsbeschluss, Julius Freund, 23.06.2016. URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Freund_Julius_2016-06-23.pdf [Abruf: 09.11.2018].
[7] Für das Folgende vgl. Schreiben des Kunstmuseums Winterthur an die OFD, Berlin vom 18.09.2000.
[8] Für das Folgende vgl. Kommission für Provenienzforschung Österreich, Beiratsbeschluss, Julius Freund, 23.06.2016. URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Freund_Julius_2016-06-23.pdf [Abruf: 09.11.2018].
[9] Dr. Gisèle Freund emigrierte bereits 1933 nach Paris und lebte zum Zeitpunkt des Todes ihres Vaters in Buenos Aires. Einen Teil der Sammlung schenkte Julius Freund der Tochter wohl noch zu Lebzeiten. Um welche Werke es sich im Einzelnen handelte, ist nicht bekannt. Vgl. ebd.
[10] Vgl. Auk.kat. Galerie Fischer, Luzern, 21.03.1942, S. 12, Los Nr. 39, Tafel 15.
[11] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 3063.
[12] Vgl. ebd.
[13] Zur Begründung der Empfehlung der Beratenden Kommission siehe: https://www.beratende-kommission.de/Content/06_Kommission/DE/Empfehlungen/05-01-12-Empfehlung-der-Beratenden-Kommission-im-Fall-Freund-Deutschland.pdf?__blob=publicationFile&v=6.