Markó, Károly
Landschaft mit zwei Figuren
Entstehungsjahr | 1851 |
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Technik | Öl auf Leinwand |
Maße | 22,0 x 31,0 cm |
Münchener-Nr. | 3620 |
Linz-Nr. | 940 |
Lost Art-ID | 219650 |
Herkunft | Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen |
Beschreibung
Károly Markó d. J. (1822–1891) war ein ungarischer Landschaftsmaler. Seine Ausbildung erhielt er vom Vater Károly Markó d. Ä. (1791–1860).[1] Dieser widmete sich gemeinsam mit seinen Schülern vornehmlich den Landschaften von Rom und Pisa, später dem Umland von Florenz. Mit gleichförmiger Genauigkeit zeichnete der Kreis um Markó d. Ä. antike Ruinen, neuzeitliche Bauten, Wandermönche, Ziegenhirten, Musikanten, tanzende Bauern, Steine, Höhlen und Pflanzen. Jene Skizzen bildeten die Grundlage für spätere Gemälde. Auch Károly Markó d. J. war Italien sehr verbunden, wo er seit 1838 lebte. Im Jahre 1884 erfolgte der Umzug nach Russland. Wie der Vater malte er Landschaften, jedoch etwas derber und in kühleren Farben.
Das Gemälde zeigt eine vorwiegend in Grün- und Brauntönen gehaltene italienische Ideallandschaft. Im Vordergrund führt ein Waldweg nach rechts vorn. Links des Weges sitzt ein Mädchen sowie etwas erhöht ein Knabe. Der Weg wird von hohen Bäumen mit dichtem Blattwerk flankiert. Am rechten Bildrand befindet sich eine Böschung. Darüber ist der blaue Himmel mit leichter Bewölkung dargestellt.
Das Gemälde ist links unten signiert und datiert „C. Marko 1851“.
Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: auf dem Keilrahmen in Schwarz „K630“ (Kremsmünster); Fragment eines Etiketts „N. 8 Wald […]“ (nicht identifiziert); handschriftlich „B“ (nicht identifiziert); in Rot „6“ (nicht identifiziert); in Tinte „No 8“ (nicht identifiziert); runder, schwarzer Stempel (nicht identifiziert); Etikett „8“ (nicht identifiziert); auf Blau umrandetem Etikett mit perforierten Rändern, in Schwarz „940/698“ (Linz-Nr.); in Tinte „Caty [?]“ (nicht identifiziert).
[1] Für das Folgende vgl. Ulrich Thieme/Felix Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 24, Leipzig 1999, S. 117f. und Lóránd Bereczky, Markó Károly (1791–1860), Budapest 1991, S. 13ff, S. 23ff.
Provenienz
(…) | |
Bis 15.–17.03.1939 | Ernst Gotthilf (1865–1950) und Else Henne Gotthilf (1874–1965), Wien |
15.–17.03.1939–um 1940 | Galerie Almas, München, erworben über Auktionshaus Weinmüller, Wien |
Um 1940 | Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“) |
10.07.1945 | Eingang in den Central Collecting Point München |
Ab Sommer 1943 | Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee |
1949–2011 | Bundesvermögen |
2011 | Restitution |
Das Landschaftsgemälde von Markó war einst Teil der Sammlung Ernst und Elisabeth Gotthilf, Wien.[1] Der Architekt und Oberbaurat Ernst Donath Gotthilf (1865–1950) und seine Ehefrau Else Henne Gotthilf (1874–1965), geborene Zifferer, waren jüdischer Abstammung.[2] Nach dem „Anschluss“ Österreichs emigrierten sie im Sommer 1939 nach England. Zur Beschaffung der notwendigen Reisemittel sowie zur Bezahlung von Sonderabgaben, war das Ehepaar gezwungen, Teile seiner Kunstsammlung zu veräußern. 1938 übergaben sie der Wiener Kunsthändlerin Dr. Vita Künstler eine Anzahl Gemälde zum Zwecke der Veräußerung, darunter auch das Landschaftsgemälde von Markó.[3] Die Werke standen folglich in der Auktion am 15.–17. März 1939 im Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller in Wien zum Verkauf. Insgesamt 68 Objekte aus der Sammlung Gotthilf wurden im Rahmen der Auktion angeboten.[4] Im zugehörigen Auktionskatalog ist das Gemälde von Markó unter dem Titel „Ideale Waldlandschaft mit Quelle und zwei Figuren“ als Los Nummer 428 verzeichnet. Als Schätzpreis ist dort RM 400,- angegeben.[5]
Als Käuferin trat die Münchner Kunsthändlerin Maria Almas-Dietrich auf. Sie erwarb das Gemälde für RM 280,-.[6]
Maria Almas-Dietrich (1892–1971), geborene Dietrich, betrieb nach eigenen Angaben seit 1918 eine Kunsthandlung in München.[7] Im Jahre 1921 heiratete sie den türkischen Staatsbürger Ali Almàs-Diamant und trat zum Judentum über. Seit 1926 lebten sie jedoch in Trennung, 1937 erfolgte die Scheidung. Der Name „Almas“ blieb jedoch für die Galerie erhalten. Nach eigenen Angaben lernte Almas-Dietrich im Jahre 1936 Heinrich Hoffmann (1885–1957), den Fotografen Adolf Hitlers, kennen und erhielt über diesen erste Aufträge, Kunst für Hitler zu erwerben. Fortan entwickelte sie sich zu den aktivsten Vermittlern von Kunst an die Nationalsozialisten. Zwischen 1936 und 1944 verkaufte Almas-Dietrich über eintausend Kunstwerke an Hitler und zählt damit zu den Kunsthändlern mit der größten Anzahl an Hitler verkauften Kunstwerken. Am 15. Januar 1940 wurde sie aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung, dass sie keine Jüdin sei, im Deutschen Reich eingebürgert. Nach der Zerstörung ihrer Galerie bei einem Luftangriff am 20. April 1944 wurde der Betrieb in die eigene Villa an der Gustav-Freytag-Str. 5 im Herzogpark verlagert. Die amerikanische Besatzungsbehörde vernahm Maria Almas-Dietrich nach 1945 mehrfach zu ihren Geschäften. Dabei wurden auch Unterlagen wie Geschäftsbücher beschlagnahmt und durch die Division MFA&A ausgewertet.[8]
Von Almas wurde das Gemälde zu einem unbekannten Zeitpunkt vom Deutschen Reich für den „Sonderauftrag Linz“ angekauft und erhielt die Linz-Nr. 940.[9] Eine Rechnung zum Ankauf liegt nicht vor. Die Höhe der Linz-Nr. lässt jedoch einen Erwerb um 1940 vermuten.
Die Nummer K630 auf der Property Card sowie auf der Bildrückseite weist auf die Lagerung des Gemäldes im Depot Kremsmünster hin.[10] Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrages Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.[11] Aus Angst vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.[12]
Um das Werk vor weiteren Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 10. Juli 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[13] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.
Die Provenienz ist geklärt. Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug an diesem Kulturgut und die Rechtsnachfolge des ursprünglichen Eigentümers wurden ermittelt. Die Restitution ist durch Unterzeichnung der Rückgabevereinbarung erfolgt.
Bearbeitungsstand: 2020
[1] Vgl. Deutsches Zentrum Kulturgutverluste (DZK), Lost Art, Modul „Provenienzrecherche“, NS-Raubkunst, Datenbank Kunst- und Kulturgutauktionen 1933–1945“, Auktion Weinmüller 15.–17.03.1939, Los 428, Einlieferer: Ernst Gotthilf. URL: www.lostart.de/Webs/DE/Provenienz/Weinmueller/Auktionsobjekt.html?cms_param=AOBJ_ID%3D36011%26_page%3D2%26_sort%3D%26_anchor%3Did70996%26ABET_ID%3D59317 [Abruf: 19.05.2020].
[2] Für das Folgende vgl. Monika Mayer, Jenseits von Klimt. Zur Provenienzforschung in der Österreichischen Galerie Belvedere, in: Gabriele Anderl, Christoph Bazil et al., … wesentlich mehr Fälle als angenommen. 10 Jahre Kommission für Provenienzforschung, Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung, Bd. 1, Böhlau 2009, S. 93–106, hier S. 105. Zum Schicksal von Ernst und Else Gotthilf siehe auch: Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport, Beschluss der Kommission für Provenienzforschung über die Rückgabe eines Gemäldes von Amerling aus der ehemaligen Sammlung ernst Gotthilf in der Österreichischen Galerie Belvedere, 01.06.2007. URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Gotthilf_Ernst_2007-06-01.pdf [Abruf: 19.05.2020].
[3] Vgl. Schreiben Vita Künstler, Wien vom 04.11.1938 inklusive Liste der zu verkaufenden Kunstwerke.
[4] Vgl. DZK, Lost Art, Modul „Provenienzrecherche“, NS-Raubkunst, Datenbank Kunst- und Kulturgutauktionen 1933–1945“, Auktion Weinmüller 15.–17.03.1939. URL: www.lostart.de/Webs/DE/Provenienz/Weinmueller/Auktionsobjekt.html?cms_param=AOBJ_ID%3D36011%26_page%3D2%26_sort%3D%26_anchor%3Did70996%26ABET_ID%3D59317 [Abruf: 10.12.2018].
[5] Vgl. Auk.kat. Antiquitäten, Möbel, Plastik, Gemälde alter und neuer Meister: Gläser, Porzellan, darunter eine Reihe bedeutender Wiener Tassen des 18. Jahrhunderts, Silber, Juwelen, Möbel, Teppiche, Plastik des 15. bis 18. Jahrhunderts, Hauptwerke der Wiener Malerei, Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller, Wien, 15.–17.03.1939, S. 42, Los 428.
[6] Vgl. DZK, Lost Art, Auktion Weinmüller 15.–17.03.1939. URL: http://www.lostart.de/Webs/DE/Provenienz/Raubkunst.html [Abruf: 08.11.2018].
[7] Vgl. Bayerisches Wirtschaftsarchiv (BWA,), München, K1, XVA, 10c, 264, Akt Fall 33.
[8] Vgl. National Archives and Records Administration (NARA), Washington, D. C., RG 260, 519, Box 445.
[9] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 3620.
[10] Vgl. ebd.
[11] Vgl. Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln 2010, S. 217.
[12] Vgl. Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“. Kunstbeschaffung im Nationalsozialismus, Berlin 2016, S. 54.
[13] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München.