Conca, Sebastiano
Der Tod des Seneca
Entstehungsjahr | 1735 |
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Technik | Öl auf Leinwand |
Maße | 61,5 x 75,5 cm |
Münchener-Nr. | 3956 |
Linz-Nr. | 2876 |
Lost Art-ID | 219681 |
Herkunft | Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen |
Beschreibung
Sebastiano Conca (1680 – 1764) war Schüler des Soimena in Neapel.1 Nach seiner Übersiedlung nach Rom im Jahre 1706 erhielt er viele Aufträge von römischen Kirchen. Er gehörte zu den bekanntesten und meist beschäftigten Künstlern Roms. Er hatte zahlreiche Gönner in der ewigen Stadt. Ebenso erhielt er Aufträge von König Philip V. von Spanien sowie den Königen von Polen, Portugal und Sardinien. Seit 1719 gehörte er der Academie S. Luca an, deren Princeps er zweimal war. Raffael Mengs war ein bedeutender Schüler von ihm. 1751 wurde Conca nach Neapel gerufen, wo er 1761 starb.
In der linken Bildhälfte sitzt Seneca, in weiße Tücher gehüllt, vor einer reichen Säulenarchitektur.2 Während seine Füße in einem Kupferkessel stehen, hat ihm gerade ein am Boden kauernder Arzt die Adern geöffnet. Die Umstehenden sind in klagender Pose dargestellt und zeigen auf Senecas Ehefrau im Hintergrund, die sich auf dieselbe Art das Leben zu nehmen versucht. Im Vordergrund sitzt ein Schreiber, der die letzten Worte des sterbenden Philosophen niederschreibt. Das Gemälde ist in einem grünlich-gelben Gesamtton gehalten, aus dem weitere Farben lebhaft hervortreten.
Provenienz
Vermutlich ab 1936 | Kunsthandlung Herbert Klewer, Berlin |
Nachgewiesen ab Sommer 1938 | Sammlung Heinrich Scheufelen, Stuttgart-Oberlenningen, ausgestellt zusammen mit Concas „Der Tod des Cato von Utica“ (Linz-Nr. 2877) in Wiesbaden 1938, Kat.Nr. 17 und 18 |
6. 4. 1943 | Verkauf der beiden Conca-Gemälde für RM 10.000 an den „Sonderauftrag Linz“ |
Die TVK München ermittelte, dass das Gemälde im Jahre 1938 in Wiesbaden ausgestellt war.3 Am 6. April 1943 wurde es aus der Sammlung von Heinrich Scheufelen, Stuttgart-Oberlenningen, zusammen mit Linz-Nr. 2877 für RM 10.000 für den „Sonderauftrag Linz“ erworben.
Die erneuten Recherchen ergaben folgendes:4 Zwischen dem 1. September 1936 und Sommer 1938 erwarb Heinrich Scheufelen (1866-1948)5 , bis 1932 Gesellschafter und Geschäftsführer der Papierfabrik Scheufelen in Lenningen (Württemberg), zwei Gemälde von Sebastiano Conca von der Kunsthandlung Herbert Klewer in Berlin.6 Das Gemälde „Der Tod des Seneca“ mit der Inventarnummer 344 der Scheufelen-Sammlung wurde zusammen mit dem Gemälde „Der Tod des Cato von Utica“ (Inv.Nr. 345) für RM 1.100 erworben. 1939 hatten diese Werke einen Schätzwert von zusammen RM 3.000.7 Die Kunsthandlung Herbert Klewer wurde am 1. September 1936 in Berlin gegründet.8 Unterlagen über die Tätigkeit der Kunsthandlung sind nicht mehr vorhanden.9
Im Sommer 1938 fand die Ausstellung „Romanische Schulen“ mit Gemälden italienischer Meister aus der Sammlung Scheufelen in der Gemäldegalerie Wiesbaden statt. In der Einleitung wurde der „repräsentative, galerieartige Charakter“ der Sammlung besonders hervorgehoben.10 Der Katalog wurde von Hermann Voss, damals noch Leiter des Wiesbadener Museums, und anderen Autoren verfasst. Unter Nr. 17 und 18 wurden beide Gemälde von Conca im Katalog aufgelistet und abgebildet.11
Im März 1943 hatte Hermann Voss bei Scheufelen angefragt, ob er Teile seiner Sammlung verkaufen wolle.12 Scheufelen veräußerte am 6. April 1943 die beiden Werke von Conca und sechs weitere Gemälde an den „Sonderauftrag Linz“.13 Für die beiden Conca-Gemälde erhielt er RM 10.000. Am 23. Mai 1943 trafen die Gemälde im „Führerbau“ in München ein und wurden am 16. Juni 1943 von Adolf Hitler besichtigt.14
Es konnte nicht ermittelt werden, wer das Conca-Gemälde vor dem Kunsthändler Klewer besaß. Im Thieme-Becker wird ein Werk „Tod des Seneca“ im Besitz der „Madrider Galerie“ erwähnt.15 Dieses Gemälde stammte aus der Sammlung Manuel Godays, befand sich eigentlich im Prado, war aber seit 1882 im Justizpalast in Madrid untergebracht, wo es 1915 verbrannte.16
Beide Conca-Gemälde wurden 1981 ohne Provenienzangabe in einem Ausstellungskatalog in Italien publiziert.17
Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.
Stand: 2008
1 Für das Folgende vgl. Thieme/Becker 1999, Bd. 7, S. 287f.
2 Für das Folgende vgl. Romanische Schulen 1938, Kat.Nr. 17.
3 BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 3607. Weitere auf der Karteikarte vermerkte Inventarnummern lauten Aussee 2693 und K 1619.
4 Die Recherchen wurden im Auftrag des BADV von Facts & Files, Berlin, durchgeführt.
5 Neue Deutsche Biographie 1953ff., Eintrag zu Scheufelen, S. 712f. und Schreiben vom 9. Mai 2008 an Facts & Files.
6 Kopien des Inventarbuches der Staatsgalerie Stuttgart am 10. Juli 2008 an Facts & Files geschickt.
7 Ebd.
8 LAB, Reichskammer der bildenden Künste, Landesleitung Berlin, Mitgliederakte zu Ingeburg Klewer, A Rep. 243-04, Nr. 4338.
9 Herbert Klewer wurde 1939 zur Wehrmacht eingezogen und legte sein Geschäft still. 1943 wurden Wohnung und Geschäft von Bomben zerstört und 1944 nahm Klewers Frau, Ingeburg, das Geschäft wieder auf. Vgl. LAB, Reichskammer der bildenden Künste, Landesleitung Berlin, Mitgliederakte zu Ingeburg Klewer, A Rep. 243-04, Nr. 4338.
10 Romanische Schulen 1938, unpag.
11 Kopie des Ausstellungskatalogs der Gemäldegalerie Wiesbaden 1938, Nr. 17 und 18.
12 Schreiben von Voss an Scheufelen, Dresden, 16.3.1943. Vgl. BArch, B 323, Nr. 141.
13 Kaufbestätigung von Voss an Scheufelen, Dresden, 6.4.1943. Vgl. BArch, B 323, Nr. 142.
14 Korrespondenz NARA, RG 260, Box 434.
15 Thieme/Becker 1999, Bd. 7, S. 288.
16 Rose-de Viejo 1983.
17 Sebastiano Conca 1981, Kat. Nr. 64 a und b.