Cuyp (Art des), Aelbert
Flußlandschaft mit Windmühlen
Entstehungsjahr | ohne Jahr |
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Technik | Ölmalerei auf Holz |
Maße | 26,5 cm x 39 cm |
Münchener-Nr. | 40242 |
Linz-Nr. | 3931 |
Lost Art-ID | 219682 |
Herkunft | Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen |
Beschreibung
Die neuere Forschung schreibt die „Flusslandschaft mit Windmühlen“ nicht mehr Aelbert Jacobsz Cuyp zu, sondern einem Nachfolger.1 Der niederländische Maler und Zeichner Cuyp (1620 – 1691) wurde von seinem Vater, dem Maler Jacob Gerritsz Cuyp, ausgebildet.2 In jungen Jahren wandte sich Aelbert Cyup Pastoralen und Flußlandschaften zu, deren Stil und Farbigkeit von Gemälden Jan van Goyens der 1630er Jahre beeinflusst sind. Auch das Werk in Bundesbesitz zeigt eine von van Goyen inspirierte Flußlandschaft, in der sich am linken Flußufer eine große Windmühle befindet. Eine weitere Mühle und eine Kirche sind im Hintergrund sichtbar. Auf dem breiten Fluß, der bis an den unteren Bildrand reicht, sind mehrere Fischerboote und Segelboote abgebildet.
Durch seine Heirat stieg Aelbert Cyup in die gesellschaftlichen Kreise seiner Auftraggeber auf, weswegen er sich nicht mehr ausschließlich der Malerei zum Broterwerb widmen musste, sondern zunehmend öffentliche Ämter wahrnehmen konnte. Datierte Gemälde, die ihm gesichert zugeschrieben werden können, sind in den Jahren 1639 bis 1658 erhalten. Sein Schwerpunkt galt der Landschaftsmalerei, daneben entstanden auch religiöse Themen.
Auf der Rückseite des Gemäldes ist ein Stempel „Zollzweigstelle Flughafen [unleserlich, vermutlich Ortsangabe] mit Bundesadler vorhanden.
Provenienz
Vor 5.10.1944 | Galerie Matthiesen, Berlin |
5.10.1944 | Von dort an den „Sonderauftrag Linz“ für RM 48.000 verkauft |
Die TVK München ermittelte, dass die Flusslandschaft am 5. Oktober 1944 von der Berliner Galerie Matthiesen, die zum damaligen Zeitpunkt von Dresden aus arbeitete, an den „Sonderauftrag Linz“ für RM 48.000 verkauft wurde.3 Das Gemälde wurde dem Künstler Aelbert Cuyp zugeordnet.
Die erneuten Recherchen ergaben folgendes:4 Das leihnehmende Museum schreibt das Gemälde nicht Cuyp zu, sondern einem unbekannten Nachfolger. Die Landschaft konnte weder im Werkverzeichnis noch in der weiterführenden Literatur nachgewiesen werden.5 Auch konnte es nicht im Archiv des Rijksbureau voor Kunsthistorische Documentatie in Den Haag ermittelt werden.6
Zur Galerie Matthiesen konnte folgendes recherchiert werden. Die Galerie wurde um 1920 von dem Kunsthistoriker Franz Zatzenstein (1897-1963) in Berlin gegründet.7 Zatzenstein heiratete 1920 Mara Matthiesen und änderte seinen Familiennamen in Zatzenstein-Matthiesen. Die Kunsthandlung wurde als GmbH geführt. Die Firma hatte ihre Geschäftsadresse in Berlin, Viktoriastraße 33. 1928 begann die Galerie mit der Kunsthandlung Colnaghi in London bei dem Verkauf der Kunstwerke aus der Eremitage in St. Petersburg zusammenzuarbeiten. Da Franz Zatzenstein Jude war, emigrierte er 1935 nach London. An der Galerie Matthiesen GmbH waren 1939 folgende Gesellschafter beteiligt: Gottfried Tanner, Zürich, Franz Zatzenstein, London, Maren Beate Matthiesen, London, P.& C. Colnaghi, London.8 Franz Zatzenstein schenkte am 1. November 1938 den drei Angestellten der Galerie Matthiesen, dem Kaufmann Karl Gralow, der Kunsthistorikerin Dr. Margarethe Noelle und dem Kunsthändler Heinz Mansfeld, seinen Gesellschaftsanteil von nominell RM 30.000.9 Diese Schenkung wurde in der Folgezeit im Rahmen der „Entjudung“ und „Arisierung“ durch die IHK Berlin, den NSDAP-Gauwirtschaftsberater und den Polizeipräsidenten Berlin geprüft. Nachdem die Schenkung nicht genehmigt wurde, zog die Gesellschafterversammlung den Anteil von Franz Zatzenstein ein. Am 25. Mai 1939 wurde beschlossen, die GmbH zu liquidieren und die Sachwerte in eine Personengesellschaft mit dem Namen „Galerie Matthiesen“ unter gleicher Geschäftsadresse wie zuvor zu überführen. Ausdrücklich ist in der Korrespondenz zur „Arisierung“ der Kunsthandlung vom vorhandenen Lagerbestand der Galerie die Rede, der übernommen worden war. Im Jahre 1941 waren Dr. Margarethe Noelle und Heinz Mansfeld Geschäftsführer der Galerie. Ab 1941 ist die Galerie als GmbH als Eigentümerin des Grundstücks Viktoriastraße 33 im Berliner Adressbuch aufgeführt.10
Da Gemälde von Aelbert Cuyp sehr stark in England nachgefragt waren, wurde die Kunsthandlung Colnaghi in London nach dem Gemälde gefragt. Die dortigen Lagerbücher führen das Gemälde jedoch nicht auf.11 Es ist zu vermuten, dass das Cuyp-Gemälde aus dem Lagerbestand der Galerie Matthiesen stammte.
Im Frühjahr/Sommer 1944 brannte das Geschäftshaus in der Victoriastraße 33 ab und die Galerie Matthiesen lagerte ihre Bestände in ein brandenburgisches Dorf und nach Hinrichshof in Mecklenburg aus.12 Im Juli/August 1944 bot Margarethe Noelle das Gemälde Hermann Voss an.13 Die Rechnung der Galerie Matthiesen über RM 48.000 an den „Sonderauftrag Linz“ ist vom 5. Oktober 1944 datiert und wurde von Heinz Mansfeld in Dresden ausgestellt.14
Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.
Stand: 2008
1 Auskunft des Rheinischen Landesmuseums Bonn an Facts & Files vom 6. Mai 2008.
2 Für das Folgende vgl. Saur 1999, Bd. 23, 235-237.
3 Für das Folgende vgl. BADV Berlin, Property Card, mü 40242. Weitere auf der Karteikarte vermerkte Bezeichnungen sind Mü. Sendlingerstr. 1 sowie Stempel „Zollzweigstelle Flughafen …. ?“.
4 Die Recherchen wurden im Auftrag des BADV von Facts & Files, Berlin, durchgeführt.
5 Thieme-Becker, Bd. 8, S. 227 ff.; Bode 1890; Bode 1919, S. 270ff.; Hofstede de Groot 1929; Anonym 1942, Cuyp; Aelbert Cuyp 2001; Hofstede de Groot 1908, Bd. 2; Reiss 1975.
6 RKD, Dokumentation zu Alter Niederländischer Kunst (ONK/Gruppe 295 – Nördliche Niederlande 17. Jahrhundert; Künstler geboren von 1575 bis 1674) und Kartei zum Künstler Aelbert Cuyp (PDO- Niederländische Künstler: C).
7 Zur Biographie Zatzensteins siehe Dyck 2006, S. 25.
8 Schreiben des Finanzamtes Tiergarten, Berlin, vom 21.2.1939, an das Finanzamt Moabit-West. Vgl. BADV-Archiv, Juva-Akte.
9 Für das Folgende vgl. die Schreiben im BLHA, Rep. 36 A (II), Nr. 41154.
10 Berliner Adressbuch von 1943.
11 Auskunft von Colnaghi, London, an Facts & Files vom 15. Oktober 2008.
12 BArch, B 323, Nr. 139.
13 Ebd.
14 BArch, B 323, Nr. 174.