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Zeitblom (Umkreis) , Bartholomäus

Die Heilige Elisabeth mit einem Bettler und die Heilige Klara

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Holz
Maße 149,5 x 80 cm
Münchener-Nr. 4666
Linz-Nr. 3181
Lost Art-ID 220159
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Bartholomäus Zeitblom (um 1455–1520) war ein deutscher Maler der Spätgotik und Hauptvertreter der Ulmer Malerschule.[1] Über Ausbildung und Leben des Künstlers ist nur wenig bekannt. Überliefert ist, dass Zeitblom der Schwiegersohn des Malers Hans Schüchlin (?–1505) war. Ende des 15. Jahrhunderts soll er künstlerisch überaus aktiv und im Auftrag von Kirchen und Klöstern sowie Fürsten und Herren tätig gewesen sein. Zu seinen Hauptwerken zählt der Altar zu Eschach, der sich heute in der Staatsgalerie Stuttgart befindet.

Das Gemälde zeigt links die Heilige Elisabeth von Thüringen (1207–1231) sowie rechts von ihr die Heilige Klara von Assisi (1194–1223). Beide Figuren sind stehend dargestellt und in einem braunen Habit mit weißem Schleier gekleidet. Während die Heilige Elisabeth in ihrer linken Hand ein Brot und mit der Rechten eine Kanne hält, trägt die Heilige Klara in ihrer rechten Hand ein gotisches Reliquiar. In der unteren linken Ecke des Gemäldes ist ein Bettler in rotem Gewand dargestellt, der das Brot aus der Hand der Heiligen Elisabeth greift. Im Vordergrund mittig liegt eine goldene Krone.

Die Heilige Elisabeth war eine Königstochter aus Ungarn. Ihre Eltern waren König Andreas II. (1177–1235) und seiner Ehefrau Gertrud von Andechs (um 1185–1213).[2] Elisabeth widmete sich schon früh der Wohltätigkeit und der Armenpflege. Früh verwitwet, legte sie im Jahre 1228 als Terziarin des Dritten Ordens des Heiligen Franziskus die Gelübde der Armut und Weltentsagung ab. Bereits vier Jahre nach ihrem Ableben wurde sie 1235 heiliggesprochen. Die Heilige Klara ist die Gründerin des Frauenordens der Klarissinnen. Sie legte 18-jährig das Ordensgelübde in die Hand des Heiligen Franziskus ab und stand der Ordensgemeinschaft des Klosters St. Damiano in Assisi vor. Ihre Heiligsprechung erfolgte im Jahre 1225. Als Attribut ist ihr die Monstranz beigegeben worden, weil sie bei einem Überfall durch die Sarazenen den Eindringlingen mit der Monstranz in der Hand entgegengetreten und sie dadurch vertrieben haben soll.

Das Werk ist weder signiert noch datiert.

Folgende Hinweise sind der Rückseite zu entnehmen: weißes, blau umrandetes Etikett mit perforiertem Rand „3181“ (Linz-Nr.); Papierzettel mit Stempel „MN MVZEVM TORTENETI OSZTALYA“ (Ungarisches Nationalmuseum, Historische Abteilung) und Beschriftung „BÜCHL R ES TARSA BANKÜZL T RT.-nak / kezizálogul lekötve. / Budapest, 1931 november 6-ikán.“ [„Büchler und Kollegen Aktiengesellschaft, am 6. November 1931 in Budapest als Garantie hinterlegt“] (nicht identifiziert); Etikett „ERNST MUZEUM AUKCIOI“ [Ernst Museum, Auktion] (Ernst Museum, Budapest); schabloniert „Z 5960“ (nicht identifiziert); in weißer Kreide „P.L.92“ (nicht identifiziert); in roter Kreide „II 36“ (nicht identifiziert).[3]

[1] Für das Folgende vgl. Max Bach, Zeitblom, Bartholomäus, in: Allgemeine Deutsche Biographie 45 (1900), S. 8–11. URL: www.deutsche-biographie.de/pnd104187980.html#adbcontent [Abruf: 31.03.2020].

[2] Für das Folgende vgl. Herbert Hoffmann, Städtische Sammlungen Biberach an der Riß, Bd. 3a, Katalog der Gemälde und Skulpturen bis 1900, Biberach 1975, S. 18f.

[3] Laut Auskunft des ehemaligen Leihnehmers vom 12.01.2010.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
Bis 04.04.1942Baron András Herzog (1902–1943), Budapest
Ab 04.04.1942Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“), erworben über Galerie Sankt Lucas, Wien
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
17.07.1945Eingang in den Central Collecting Point München
1949–2010   Bundesvermögen
2010Restitution

Das Gemälde befand sich bis zum 9. April 1942 im Eigentum von Baron András Herzog (1902–1943), Budapest.[1] Dieser war der Sohn des jüdischen Bankiers Baron Mor Lipot Herzog (1869–1934), der zu Lebzeiten eine bedeutende Kunstsammlung zusammentrug, die mehr als 1.500 Werke sowie Bücher und wertvolle Einrichtungsgegenstände umfasste.[2] Nach dem Tod von Baron Mor Lipot Herzog im Jahre 1934 wurde seine Sammlung auf die drei Kinder András, Ersébet (?–?) und István Herzog (?–?) aufgeteilt.[3]

Aus der Sammlung Baron András Herzog wurde das Werk am 9. April 1942, zusammen mit einer Schnupftabakdose, über die Wiener Galerie Sankt Lucas durch das Deutsche Reich für den „Sonderauftrag Linz“ erworben und erhielt die Linz-Nummer 3181.[4] Der Verkaufspreis betrug für 33.000,- Pengö. Unterlagen zum Verkaufshergang haben sich im Bundesarchiv in Koblenz erhalten.[5]

Nur sechs Monate später wurde Baron András Herzog in ein Arbeitslager verschleppt, wo er am 16. März 1943 an Typhus verstarb.[6] Seine Frau verließ daraufhin Ungarn und ging mit den beiden gemeinsamen Kindern nach Rom. Nach dem Rückzug der deutschen Besatzer aus Ungarn Ende 1944 wurden große Teile der ehemaligen Sammlung Herzog beschlagnahmt und in das Deutsche Reich gebracht.[7] Ein Teil konnte über den CCP München zurück nach Ungarn restituiert werden.

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 7. Juli 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[8] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard. Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Die Provenienz ist geklärt. Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug an diesem Kulturgut und die Rechtsnachfolge des ursprünglichen Eigentümers wurden Die Restitution ist durch Unterzeichnung der Rückgabevereinbarung erfolgt.

Bearbeitungsstand: 2020

 

[1] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 4666. Die Schnupftabakdose wurde im CCP München unter der Mü-Nr. 2255/11 inventarisiert.

[2] Vgl. Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, Lost Art, Modul „Provenienzrecherche“, NS-Raubkunst, Jüdische Sammler und Kunsthändler (Opfer nationalsozialistischer Verfolgung und Enteignung), Baron Mor Lipot Herzog. URL: www.lostart.de/Content/051_ProvenienzRaubkunst/DE/Sammler/H/Herzog, Baron Mor Lipot.html?nn=5144&cms_lv2=95482&cms_lv3=8794 [Abruf: 31.03.2020].

[3] Vgl. Frank Brunecker/Uwe Degreif, Museumsland. Die Biberacher Rückgabe, in: Momente, Nr. 1, 2014, S. 40–41, hier S. 40.

[4] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 4666.

[5] Siehe: BArch Koblenz, B323/138, Bl. 416–421.

[6] Für das Folgende vgl. Brunecker/Degreif 2014, S. 40.

[7] Für das Folgende vgl. Hannes Hartung, Kunstraub in Krieg und Verfolgung. Die Restitution der Beute- und Raubkunst im Kollisions- und Völkerrecht, Berlin 2005, S. 438.

[8] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München.

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