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Imhof, Heinrich Maximilian

Marmorbüste von Mathilde Wesendonk [Frauenbüste]

Entstehungsjahr 1862
Technik Bildhauerei, Marmor
Maße 40 cm x 30 cm
Münchener-Nr. 50211
Linz-Nr. Keine
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Heinrich Maximilian Imhof (1795–1869) war ein Schweizer Bildhauer des Klassizismus.[1] Er lernte zunächst unter Franz Albart (?–?) in Kerns, später unter Johann Heinrich Danecker (1758–1841) in Stuttgart. Im Jahre 1824 reiste der Künstler nach Rom, so er sich niederließ. Seine erste große Skulptur „David mit dem Haupte Goliaths“ stammt aus dem Jahre 1827. Imhof erhielt daraufhin Aufträge vom Preußischen Kronprinzen, dem späteren Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) und König Ludwig I. von Bayern (1786–1868). In den Jahren 1836 bis 1838 war Imhof in Griechenland für König Otto I. (1815–1868) tätig, restaurierte dort antike Bildwerke und erteilte Unterricht. Zurück in Rom schuf er  eine Reihe spätklassizistischer Marmorskulpturen mit Motiven aus dem Alten Testament. Imhof verband einen strengen Klassizismus mit einem weicheren, lyrisch betonten Stil, später unter naturalistischer Beobachtung des Modells.

Die Marmorbüste zeigt eine Frau mit nach unten geneigtem Haupt auf einem Sockel. Die Dargestellte trägt ein Kopftuch über dem welligen Haar sowie einfache Oberbekleidung mit Faltenschlag über der Brustmitte. Die Skulptur ist nach antikem Vorbild gestaltet und zeigt die deutsche Schriftstellerin Mathilde Wesendonk (1828–1902), geborene Luckemeyer. Als Titel ist sowohl „Frauenbüste“[2] als auch „Marmorbüste von Mathilde Wesendonk“[3] überliefert.

Das Werk ist rückseitig an der oberen Sockelkante signiert sowie datiert „H. IMHOF, FEC 1862“

[1] Für das Folgende vgl. Hans A. Lüthy, Imhof, Heinrich Max, in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 151 f. [Online-Version]; URL: www.deutsche-biographie.de/pnd119264374.html#ndbcontent [Abruf: 28.07.2020].

[2] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card, Mü-Nr. 50211.

[3] Vgl. Zentralinstitut für Kunstgeschichte (ZIKG), München, Archiv der Kunsthandlung Julius Böhler, Karteikarten und Fotokartei, M_33-0060. Mit bestem Dank an das ZIKG für den freundlichen Hinweis auf die Unterlagen zum Werk im Archiv der Kunsthandlung Julius Böhler, München.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
Bis 12.12.1933Eveline von Wesendonk (1861–1945), St. Margarethen
12.12.1933–20.12.1934Kunsthandlung Julius Böhler, München und Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller, München, erwerben je halben Anteil an der Marmorbüste
Ab 20.12.1934Adolf Hitler (1889–1945)
Seit 1949 (?)Bundesvermögen

Die Marmorbüste war einst Teil der Sammlung von Eveline von Wesendonk (1861–1945), geborene von Hessenstein, St. Margarethen.[1] Diese war verheiratet mit dem Physiker Karl von Wesendonk (1857–1934), dem Sohn der Dargestellten Mathilde Wesendonk.[2] Das Ehepaar bewohnte in den 1880er Jahren eine repräsentative Villa in Berlin-Tiergarten. Wann und auf welchem Wege die Marmorbüste in das Eigentum von Eveline von Wesendonck gelangte ist nicht bekannt. Zwar besaßen die Eltern von Karl von Wesendonk eine umfangreiche Kunstsammlung, diese wurde jedoch vom Vater testamentarisch für M 300.000 zugunsten seiner Nachkommen der Bonner Gemäldegalerie zum Kauf angeboten. Informationen zu einer eigenen Kunstsammlung liegen derzeit keine vor.

Von Eveline von Wesendonck wurde das Werk am 12. Dezember 1933 für insgesamt RM 50,- zu je einem halben Anteil von der Kunsthandlung Julius Böhler[3] sowie dem Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller[4] in München erworben.[5] Gemeinsam verkauften sie die Marmorbüste am 20. Dezember 1934 an Adolf Hitler (1889–1945) für insgesamt RM 1.500,-.[6]

Zur Marmorbüste liegt keine historische Property Card der amerikanischen Alliierten vor, die einen Eingang des Werkes im CCP München belegt. Recherchen im Bestand B323 im Bundesarchiv Koblenz ergaben, dass die dortigen Property Cards mit der Zählung bei etwa 50500 aufhören.[7] Eine Property Card zur Marmorbüste ist dort nicht enthalten.[8] Auf der zugehörigen Property Card im Archiv der Kunstverwaltung des Bundes sind keine Informationen zur Herkunft des Werkes vermerkt. Es bleibt ungeklärt, wann und auf welchem Wege die Marmorbüste in Bundesvermögen gelangte.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt nach dem bisherigen Kenntnisstand die Provenienz ungeklärt.[9]

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Vgl. Zentralinstitut für Kunstgeschichte (ZIKG), München, Archiv der Kunsthandlung Julius Böhler, Karteikarten und Fotokartei, M_33-0060.

[2] Für das Folgende vgl. Johanna Heinen, Ein „Jüdisches“ Mäzenatentum für moderne französische Kunst? Das Fallbeispiel der Nationalgalerie im Berlin der wilhelminischen Ära (1882–1911), Frankfurt am Main 2016, S. 208f.

[3] Die Münchner Kunsthandlung Julius Böhler wurde im Jahre 1880 vom gleichnamigen Kunsthändler (1860–1934) gegründet. Zum Programm gehörten insbesondere Möbel, Plastiken, Skulpturen, sowie Gemälde (Alte Meister) und Kunsthandwerk. In den Jahren 1933–1945 nutzten Julius Harry Böhler (1907–1979) sowie der Teilhaber Hans Sauermann (1885–1960) die Vorteile, die sich nicht-jüdischen Kunsthändlern durch die Ausschaltung ihrer jüdischen Konkurrenz und angesichts des größeren Angebots auf dem Kunstmarkt wegen der unter Verfolgungsdruck verkauften Kunstwerke boten. Neben einigen Erwerbungen für das Germanische Nationalmuseum kaufte die Kunsthandlung Böhler insbesondere für ihren eigenen Bestand oder auf Provisionsbasis bei Versteigerungen auch Objekte, die entzogen, beschlagnahmt, unter Zwang verkauft oder zu einem geringen Preis verschleudert wurden. Ferner gab es direkte Ankäufe von jüdischen Sammlern, die während der NS-Zeit in Bedrängnis geraten waren. Vgl. Timo Saalmann, Langjährige Kontakte. Die Münchner Kunsthandlung Julius Böhler, in: Gekauft – getauscht – geraubt? Erwerbungen zwischen 1933 und 1945, Nürnberg 2017, S. 24–37.

[4] Weinmüller (1886–1958) war seit 1921 als Kunsthändler aktiv. 1936 eröffnete er das Kunstversteigerungshaus Weinmüller am Odeonsplatz in München. Zwei Jahre später folgte die Gründung einer Zweigstelle in Wien. Weinmüller war seit 1931 Mitglied der NSDAP und gilt als Ariseur jüdischer Auktionshäuser. Vgl. Zentralinstitut für Kunstgeschichte München, Die Kunsthandlungen und Auktionshäuser von Adolf Weinmüller in München und Wien 1936–1945. URL: www.zikg.eu/projekte/projekte-zi/weinmueller [Abruf: 29.08.2018]. Siehe auch: Meike Hopp, Kunsthandel im Nationalsozialismus. Adolf Weinmüller in München und Wien, Köln 2012.

[5] Vgl. ZIKG, München, Archiv der Kunsthandlung Julius Böhler, Karteikarten und Fotokartei, M_33-0060.

[6] Vgl. ebd.

[7] Vgl. Bundesarchiv (BArch) Koblenz, B323/769, Alte Ministerpräsidentenkartei (endet bei Mü-Nr. 50166); B323/646, Kontrollnummernkartei (endet bei Mü-Nr. 50172); B323/694, Restitutionskartei (endet bei Mü-Nr. 50524).

[8] Vgl. BArch Koblenz, B323/694, Restitutionskartei. Die Mü-Nr. 50210–50213 fehlen in der Zählung.

[9] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) Lost Art-Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) [Abruf: 24.07.2020].

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