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Rubens-Werkstatt

Heinrich IV. ergreift die günstige Gelegenheit Frieden zu schließen (Occasio)

Entstehungsjahr 1630/1635
Technik Öl auf Leinwand
Maße 230 x 273 cm
Münchener-Nr. 5233/11
Linz-Nr. 1707
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Das großformatige Gemälde mit dem Titel „Heinrich IV. ergreift die günstige Gelegenheit Frieden zu schließen“ ist um 1630/35 in der Rubens-Werkstatt entstanden. „Die günstige Gelegenheit“ oder auch „Occasio“ ist vom Künstler in mehreren Fassungen gemalt worden. Es zeigt den siegreichen Helden, der die günstige Gelegenheit zum Friedensschluss ergreift. Eine Zeitlang trug Rubens sich mit dem Gedanken, die Komposition der „Occasio“ für den Zyklus aus dem „Leben Heinrichs IV.“ zu verwerten. Im Bild der Sammlung Miethke trägt der siegreiche Held jedoch keinerlei Porträtcharakter; es ist eine reine Allegorie.

Provenienz

Zeittafel
Schottland, Privatbesitz1
1893Ausgestellt in der Royal Academy, London, Nr. 170, als „Marriage of Mars und Venus“ Besitzer: Martin H. Colnaghi
1897Galerie Hugo Othmar Miethke, Wien
15.5.1941Aus Konkursmasse Galerie Miethke, Wien, an Galerie Ernst Arnold, München, für RM 50.000
21.5.1941Von dort über Frau Troost für RM 75.000 an die Reichskanzlei verkauft

Die Provenienz des Gemäldes wurde von der TVK München bereits weitgehend erforscht.2 Aus schottischem Privatbesitz gelangte es zu einem unbekannten Zeitpunkt in die Sammlung Martin H. Colnaghi. Im Jahr 1893 stellte es der Sammler der Londoner Royal Academy als Leihgabe zur Verfügung. 1897 wurde das Werk erstmals in der Literatur genannt.3 Im selben Jahr gelangte es in den Besitz der Galerie Hugo Othmar Miethke in Wien. Aus dessen Konkursmasse wurde das Gemälde an die Münchener Galerie Arnhold verkauft. Am 21. Mai 1941 verkaufte es Frau Troost für RM 75.000 an die Reichskanzlei.

Zusätzliche Recherchen erbrachten folgendes: Das Gemälde gehörte ursprünglich dem Wiener Kunsthändler Hugo O. Miethke, der 1918 verstarb. In seinem Nachlass befand sich das Rubens-Gemälde, der zur Hälfte seiner Ehefrau Jessica und zur Hälfte seiner Mutter Mary Kumpf-Miethke vererbt wurde. In zweiter Ehe heiratete Jessica Miethke den jüdischen Bürger Gustav Braun. Nach dem Tod von Mary Kumpf-Miethke 1932, wurde im Jahre 1936 ein Nachlasskonkurs eröffnet.4 Der Konkursverwalter beabsichtigte das Gemälde zu verkaufen, um davon die Hälfte des Erlöses zu erhalten. Jessica Braun weigerte sich allerdings, dem zuzustimmen. Daraufhin erzwang der Konkursverwalter im Juli 1940 auf dem Gerichtsweg die Veräußerung des Bildes. 1941 nahm der Eigentümer der Galerie Arnold, Ludwig Gutbier, Kontakt mit dem Konkursverwalter auf und erwarb das Gemälde mit dem Titel „Occasio“ für RM 50.000. Es traf am 15. Mai 1941 in der Kunsthandlung ein. Die Hälfte des Ankaufspreises, der den Anteil von Jessica Braun darstellte, wurde über einen Notar auf ein Sperrkonto überwiesen. Zu diesem Zeitpunkt hielt sie sich, die die französische Staatsbürgerschaft besaß, in Französisch-Kamerun auf, was als feindliches Ausland galt. Die Galerie Arnold verkaufte die allegorische Darstellung am 21. Mai 1941 über Gerdi Troost, die Witwe des Architekten Troost, für RM 75.000 an die Reichskanzlei.5

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatte die Antragstellerin die Rückerstattung des hälftigen Anteils am Eigentum des Gemäldes bei der Wiedergutmachungsbehörde I Oberbayern beantragt. Ihr Antrag wurde abgelehnt; ebenso ihr Einspruch vor der Wiedergutmachungskammer beim Landgericht München I. Die Antragstellerin beantragte eine Nachprüfung der Entscheidung des Oberlandesgerichts München (OLG) durch den United States Court of Restitution Appeals (CORA). Sie berief sich in dem erneuten Antrag darauf, dass die Ehefrau eines Juden berechtigt sei, sich auf die Entziehungsvermutung nach Art. 3 REG zu berufen. Die Entscheidung des OLG wurde mit der Entscheidung vom Dezember 1953 durch CORA bestätigt. Zur Frage der Entziehungsvermutung zugunsten eines nichtjüdischen Ehepartners wurde dort ausgeführt, dass die Entziehungsvermutung nach Art. 3 REG nicht für den nichtjüdischen Ehepartner eines rassischen Verfolgten gilt. Dieser muss vielmehr den Nachweis erbringen, dass er unmittelbaren Verfolgungsmaßnahmen der Nationalsozialisten ausgesetzt war, in deren Folge er zum Abschluss eines Rechtsgeschäfts gezwungen wurde, durch das ihm Vermögensnachteile entstanden sind. Zum Zeitpunkt des Verkaufs lebte das Ehepaar aber bereits in Afrika.

Eine Rückgabe kommt mithin nicht in Betracht.

Stand: 2003

1 Für das Folgende vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 5233/11. Weitere auf der Karteikarte vermerkte Inventarnummer ist B´gaden 195.
2 Ebd.
3 Lützow 1897.
4 Für das Folgende vgl. Schriftverkehr Dr. Franz Pranter an die TVK 457-08-55 E Mü 105. Vgl. BArch, B323/469.
5 Vgl. BArch, B323/129, LF XV/34/164 und B323/162, LF XXXIII/Nr. 133, 136, 139.

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