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Luchsberger, Simon

Heiliger Georg

Entstehungsjahr um 1500
Technik Holz
Maße 123 cm (Höhe)
Münchener-Nr. 5673
Linz-Nr. Keine
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Laut Property Card des Central Collecting Point München handelt es sich bei der Standfigur des Heiligen Georg um ein Werk von Simon Luchsberger (?–?).[1] Der Künstler ist nicht im Allgemeinen Künstlerlexikon enthalten.[2] Bei einer Internetrecherche konnte er nicht eindeutig nachgewiesen werden.

Die Standfigur zeigt den Heiligen Georg in gotischer Rüstung auf einem naturalistisch gestalteten flachen Sockel. Mit dem rechten Fuß tritt der Dargestellte auf den bezwungenen Drachen. Sein rechter Arm ist erhoben, der linke auf eine Tatsche gestützt. Das Gesicht wird umrahmt von lockigem Haar, um die Schultern ist ein bis auf den Boden fallender Mantel gelegt. Das Werk wurde als Wandfigur mit ausgehöhltem Rücken geschnitzt.

Das Werk ist weder signiert noch datiert. Eine Entstehung um 1500 wird angenommen.[3]

[1] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 5673. Im Katalog zur Versteigerung des Werkes im Jahre 1936 ist zum Künstler vermerkt „Tirol, um 1500, dem Michael Pacher zugeschrieben“. Vgl. Auk.kat. Aus dem Besitz der Firma A. S. Drey, München, Paul Graupe, Berlin, 17./18.06.1936, S. 28, Los 119, Abb. Tafel 36.

[2] Vgl. Ulrich Thieme/Felix Becker (Hgg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Leipzig 1999.

[3] Vgl. Auk.kat. Paul Graupe, Berlin, 17./18.06.1936, S. 28. Auf der Property Card der Ministerpräsidentenkartei ist als Entstehungsjahr „ca. 1490“ vermerkt. Vgl. Bundesarchiv (BArch) Koblenz, B323/763.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
1909Charles Mége (1881–1958), Paris
(…) 
1929–17./18.06.1936Kunsthandlung A. S. Drey, München, verkauft auf Auktion bei Paul Graupe, Berlin
17./18.06.1936–1937/1938Kunsthandlung Hinrichsen, Berlin
Bis 1937/1938 oder 1944/1945Kunsthandlung Walter Bornheim, München
Ab 1937/1938 oder 1944/1945Hermann Göring (1893–1946)
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
29.07.1945Eingang in den Central Collecting Point München
1949–2003Bundesvermögen
2003Restitution

Die Standfigur des Heiligen Georg befand sich einst im Eigentum von Charles Mége (1881–1958), Paris.[1] Dieser besaß eine wertvolle Sammlung, die neben einigen Gemälden und Wandteppichen, hauptsächlich Skulpturen italienischer, deutscher, flämischer sowie französischer Meister aus dem Mittelalter und der Renaissance umfasste. Die Zeitschrift „Les Arts“ würdigt sie im Jahre 1909 mit einem eigenen Artikel, in dem auch die Standfigur des Heiligen Georg erwähnt wird.[2]

Im Jahre 1929 wurde das Werk für RM 7.500,- von einem unbekannten Verkäufer durch die Kunst- und Antiquitätenhandlung A. S. Drey erworben.[3] Diese wurde im Jahre 1860 von Aron Schmaya Drey (1813–1891) in München gegründet. In den 1920er Jahren eröffnet das Unternehmen weitere Filialen in London, New York und Amsterdam.[4] Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden die Inhaber der Kunsthandlung als Juden verfolgt. Als Franz Drey (?–?) im Jahre 1936 emigrierte, übernahm der Münchener Kunsthändler Walter Bornheim (1888–1971) die Geschäfte mitsamt dem Lager an Kunstgegenständen für insgesamt RM 300.000,-.[5] Die Lagerbestände standen im Folgenden am 17./18. Juni 1936 im Auktionshaus Paul Graupe in Berlin zum Verkauf, darunter auch die Standfigur des Heiligen Georg.[6] Im zugehörigen Auktionskatalog ist sie unter der Losnummer 119 verzeichnet und abgebildet. Neben weiteren Objekten in der Auktion wurde sie als „national wertvolles Kulturgut“ deklariert.[7] Das Werk wurde im Rahmen der Auktion für RM 5.400,- von der Kunsthandlung Hinrichsen in Berlin erworben.[8]

Von dort wurde gelangte das Werk in das Eigentum von Bornheim.[9] Laut eigener Aussage vom 24. November 1953 hatte Bornheim die Plastik „wahrscheinlich 1937, spätestens 1938“ von Hinrichsen erworben „und dann gleich an Göring weitergeben“. Auf der Property Card des CCP München ist hingegen ein Eingang der Plastik in die Sammlung Göring als Geschenk in den Jahren 1944/1945 vermerkt.[10]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 3. August 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[11] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls  bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Die Provenienz ist geklärt. Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug an diesem Kulturgut und die Rechtsnachfolge des ursprünglichen Eigentümers wurden ermittelt. Die Restitution ist durch Unterzeichnung der Rückgabevereinbarung erfolgt.

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Für das Folgende vgl. Gaston Migeon, Collection de M. Ch. Mège, in: Les Arts. Revue Mensuelle des Musées, Collections, Expositions, Nr. 86, Februar 1909, S. 2–19.

[2] Vgl. ebd., S. 10, Abb. S. 16, betitelt als „Saint Michel“.

[3] Vgl. Bayerisches Hauptstaatsarchiv (BHStA), München, Akten des Bayerischen Landesentschädigungsamtes, BEG 77924.

[4] Für das Folgende vgl. Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, Modul „Provenienzrecherche“, NS-Raubkunst, Jüdische Sammler und Kunsthändler, Drey, Siegfried (Kunsthandlung A.S. Drey). URL: www.lostart.de/Content/051_ProvenienzRaubkunst/DE/Sammler/D/Drey, Siegfried.html [Abruf: 12.02.2020].

[5] Zur Geschichte der Kunst- und Antiquitätenhandlung A. S. Drey, München siehe auch: Andrea Baresel-Brand (Hg.), Entehrt – Ausgeplündert – Arisiert. Entrechtung und Enteignung der Juden, Magdeburg 2005, S. 249.

[6] Für das Folgende vgl. Paul Graupe, Berlin, 17./18.06.1936, S. 28, Los 119, Abb. Tafel 36.

[7] Vgl. ebd., o. S.

[8] Vgl. BArch Koblenz, B323/516, n. pag., Schreiben von Walter Bornheim, München an die Treuhandverwaltung von Kulturgut (TVK), München vom 24.11.1953. Siehe auch: Anonym, Preisberichte, in: Weltkunst, Jg. 10, Nr. 25/26, 28.06.1936, S. 4.

[9] Für das Folgende vgl. BArch Koblenz, B323/516, n. pag., Schreiben von Walter Bornheim, München an die TVK, München vom 24.11.1953.

[10] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 5673.

[11] Vgl. ebd.

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