Delug, Alois Johann Josef
Märzwinde oder Frau mit zwei Kindern beim Aufhängen der Wäsche
Entstehungsjahr | 1891 |
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Technik | Öl auf Leinwand |
Maße | 126,5 cm x 170 cm |
Münchener-Nr. | 7581 |
Linz-Nr. | 3604 |
Lost Art-ID | 220545 |
Herkunft | Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen |
Beschreibung
Alois Delug1 wurde 1859 in Bozen geboren, dort erhielt er seine erste künstlerische Anregung durch Major von Schöpfer. Nach einem Studienaufenthalt in Innsbruck zog Delug nach Wien um, dort studierte er zwischen 1880 und 1886 an der Akademie bei Carl Wurzinger, Christian Griepenkerl und August Eisenmenger, ab 1883 beim Orientmaler Leopold Karl Müller. 1886 bis 1888 genoss er das Rom-Stipendium der Akademie und unternahm ausgedehnte Reisen durch Europa (Paris, Belgien, Holland, England), 1888 erfolgte der Umzug nach München, 1896 wieder nach Wien. 1897 war er Mitbegründer der Wiener Secession. 1898 bis 1928 wirkte er als Professor an der Wiener Akademie: 1898-1910 ordentlicher Professor, 1900-1910 Leiter einer Spezialschule für Malerei, 1910-1928 Leiter einer systemisierten Spezialschule für Malerei. 1922 bis 1924 hielt er sich als Porträtist in den USA auf.
Delugs Spektrum reicht von der akademischen Historienmalerei bis zur Freilichtmalerei, der er sich seit ca. 1890 widmete, und zur Porträtkunst, der er sich in späteren Jahren vorwiegend zuwandte. Delug hatte einen hohen Stellenwert für die österreichische Landschaftsmalerei, mit einem Teil seines Schaffens wird er dem Symbolismus zugeordnet. Als Akademielehrer war er auch moderneren Tendenzen gegenüber offen. Um seine Heimatstadt Bozen hat sich Delug ebenfalls Verdienste erworben, so setzte er sich erfolgreich für den Schutz des historischen Stadtbildes ein und begründete 1896-99 das Städtische Museum. Wien verdankt ihm die Schaffung und Erhaltung der Künstlerheime am Wiener Rosenhügel und in Grinzing.
Eine Fülle von Auszeichnungen, Preise und Ehrungen wurde Delug im Lauf seiner Karriere verliehen, darunter die Goldmedaille auf der Jahresausstellung in München 1890, die Erzherzog-Carl-Ludwig-Medaille auf der 3. Internationalen Kunst-Ausstellung in Wien 1894 für das Bild „Märzwinde“, die Goldmedaille in Berlin 1896, die Große Goldene Staats-Medaille und der Kaiserpreis 1898 sowie die Silbermedaille auf der Weltausstellung in Paris 1900 und die Goldmedaille auf der Weltausstellung in Chicago 1904. Delug verstarb 1930 in Wien, wo 1932 eine Gedächtnisausstellung gezeigt wurde.
Den Aufzeichnungen des Hitler-Biographen Josef Greiner zufolge soll Delug im Jahr 1907 Adolf Hitler wegen dessen unzulänglicher Leistungen bei seinen Aufnahmeprüfungen zur Malschule sowie anschließend zur Architekturschule einen Studienplatz an der Kunstakademie verweigert haben. In den 1920er Jahren scheint Delug völkischem Gedankengut angehangen zu haben.
Vor dem Betrachter breitet sich eine von dürren Bäumchen bewachsene Wiese aus, die nach rechts zu einem hell leuchtenden Gewässer hin abfällt. Zwischen die diagonal ins Bild gesetzten kahlen Bäume ist eine Leine gespannt, an der sich große weiße Tücher im Wind blähen. Leicht aus der Bildmitte nach rechts verschoben steht eine junge Frau mit einem Säugling im rechten Arm und nimmt die Wäsche ab, wendet ihre volle Aufmerksamkeit jedoch dem Säugling zu. Zwei kleine Mädchen assistieren ihr mit kindlichem Ernst. Das eine sammelt hinter der Frau die Wäsche vom Boden auf, um sie in einen Korb zu legen. Das zweite steht rechts neben der jungen Frau, hält ein Bündel Wäsche vor sich und wendet sich mit ernstem Blick dem Betrachter zu. Die nahsichtige Szenerie ist in das fahle Licht der Frühlingssonne getaucht.
Die Figuren sind räumlich und farblich in die Landschaft eingebettet, Farbschattierungen werden durch Reflexe des Lichts erzeugt. Delug kombiniert in seinem Bild seine Freiluftskizzen zu einem durchkomponierten Landschaftsbild, in dem ein extrem perspektivischer Tiefenzug mit einer vertikalen Achse kontrastiert. In Delugs malerischer Auffassung werden Einflüsse des deutschen Impressionismus, insbesondere Liebermanns deutlich.
Provenienz
1917 | Dortmund, Privatbesitz |
bis 1944 | in österreichischem Privatbesitz |
am 29.02.1944 | durch Vermittlung der Kunsthändlerin Elisabeth Adelsberger,Kaiser Friedrich Ring 68, Wiesbaden für den "Sonderauftrag Linz" für RM 29.000,- erworben2 |
Auf der Property Card, Mü-Nr. 7581 wird das Bild geführt als: „Frau mit zwei Kindern beim Aufhängen der Wäsche“.
Die TVK München ermittelte, dass das vorliegende Gemälde am 29.2.1944 auf Vermittlung der Wiesbadener Kunsthändlerin Elisabeth Adelsberger aus österreichischem Privatbesitz erworben wurde.3
Die erneuten Recherchen ergaben Folgendes: Alle Querverweise bestätigen nach umfassender Recherche im Bundesarchiv die vorliegenden Angaben.4 Außerdem lassen sich die Umstände des Ankaufs etwas deutlicher rekonstruieren, wenngleich die Identität der Vorbesitzer unbekannt bleibt. Auf das Angebot der Kunsthistorikerin Adelsberger an Dr. Voss hin entsteht eine kurze Korrespondenz über Delugs Bild. Der Preis von RM 30.000 erscheint in Dresden als sehr hoch für das Werk, „denn schliesslich ist Delug weder ein berühmter Maler, noch der Gegenstand ein besonders anziehender“. Adelsbergers Rückfrage bei den Eigentümern ergibt die Reduzierung des Preises auf RM 29.000, für den das Bild dann auch erworben wird. Der Preis rechtfertige sich folgendermaßen: „Des weiteren wird mir mitgeteilt, daß das Bild deshalb in Wien so hoch geschätzt wird, weil es das Hauptwerk der oesterreichischen Pleinairmalerei ist, und in seinen Massen ein sehr representatives Stück darstellt.“ Es sei nach Adelsbergers Aussage schwer, an Kunstwerke aus Privatbesitz zu gelangen: „Es ist heute ungeheuer schwer etwas aus Privatbesitz loszueisen, meine Erfahrungen in Frankfurt/M sind äußerst deprimierend, wo die Leute zu keinem Entschluß kommen und lieber sehen, wie ihre Kunstwerte in Flammen aufgehen, oder unter Schutt begraben liegen.“5
Aus den vorliegenden Mitteilungen kann man schließen, dass Adelsberger vermittelnd auftrat. Dabei bleibt allerdings unklar wie und warum das Bild wieder nach Österreich gelangt sein könnte, nachdem es sich 1917 in Dortmunder Privatbesitz befunden hatte.6
Elisabeth Adelsberger vermittelte über Voss ab 1943 zahlreiche Gemälde aus österreichischem Privatbesitz an den Sonderauftrag Linz.7 Zwischen der Wiesbadener Kunsthistorikerin Adelsberger und Hermann Voss, Wiesbadener Museumsdirektor und ab 1943 „Sonderbeauftragten des Führers“ bestanden bereits vor 1943 geschäftliche Beziehungen. Adelsberger verkaufte Voss mehrere Bilder für die Wiesbadener Galerie.8
Die Kommission für Provenienzforschung beim Bundesdenkmalamt Wien konnte für das vorliegende Gemälde keine Angaben zur Herkunft machen.9
Die kunsthistorischen Recherchen ergaben Folgendes. Bei dem Gemälde „Märzwinde“ handelt es sich um Delugs bekanntestes Werk, daher wird es in nahezu jeder biographischen Darstellung und Ausstellungsbesprechung zu Delug erwähnt, jedoch ohne weiterführende Informationen zum jeweiligen Besitzer.10 Ein Werkverzeichnis von Delug liegt nicht vor.
Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.
Stand: 2011
1 Für Folgendes vgl. Thieme/Becker 9, 1913, S. 40f.; Müller/Singer 5, 1921, S. 68; 6, 1922, S. 66; Planer 1929, S. 106; Schmidt 1951, passim; Vollmer 1, 1953, S. 541; ÖBL 1, 1957, S. 176; Wagner 1967, passim; Fuchs, Maler (19. Jh.) 1, 1972, K 64, S. 217; Erg.bd. 1, 1978, K 90; Schöny 1975, S. 274f. Nr. 349; ÖKL 5, 1979, S. 406f.; DBE 2, 1995, S. 480; AKL 25, 2000, S. 561f.; Bénézit 4, 1999, S. 423; Hastaba (Hg.) 2002, S. 96f.; Czeike 2, 2004, S. 9.
2 Für das Folgende vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 7581. Weitere auf der Karteikarte vermerkte Nummern sind Arcisstr. 91, Linz 3604, Th. L. 131 und 944.
3 Für das Folgende vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 7581. Weitere auf der Karteikarte vermerkte Nummern sind Arcisstr. 91, Linz 3604, Th. L. 131 und 944.
4 BArch Koblenz B 323/154/106/569-571 [LF XXVIIa/106/569-571] (Überweisungsauftrag vom 11.3.1944, Hinweis auf Erwerbung des Bildes an Reichskanzlei vom 4.3.1944, Rechnung Adelsberger an Dr. Voss vom 29.2.1944); B 323/531/176 (Photoliste Linz-Film); B 323/1202/16 (von Dr. Wiedemann, Dresden, geführtes handschriftliches Verzeichnis der Linz-Ankäufe).
5 BArch Koblenz B 323/129/22 (94f.), 23 (97), 24 (102-106), 25 (107, 111f.) [LF XV/19/94f.; XV/20/97; XV/21/102-106; XV/22/107, 111f.].
6 So die Angabe in der vom Professorenkollegium der Wiener Akademie, dem auch Delug angehörte, selbst herausgegebenen Schrift: Akademie Wien 1917, S. 274f.
7 Vgl. http://www.dhm.de/datenbank/linzdb/ (unter Provenienz «Adelsberger»).
8 Iselt, 2010, S.152.
9 BDA Archiv, RestMat., K 12 -1, Mappe 10.
10 AK Berlin, 1892, S. 12 Nr. 205 (mit Abb.), Kunst für alle 9, 1893-94, S. 236, AK Venedig 1895, S. 85f. (mit Abb.), Hevesi 1903, S. 239f. (mit Abb.), Thieme/Becker 9, 1913, S. 40 („Märzwinde“, nach 1890), Mus.kat. Darmstadt 1979, S. 42 Nr. 32 (mit Abb.), AK Bozen 1990, Windt 1997, S. 44f. Nr. 13 (mit Abb.), AKL 25, 2000, S. 561 („Märzwinde“, 1891)., Schweers 1, 2008, S. 288.