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Thoma, Hans

Apfelbaum

Entstehungsjahr 1878
Technik Öl auf Leinwand
Maße 47,5 x 68 cm
Münchener-Nr. 8569
Linz-Nr. 1637/916
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Hans Thoma (1839–1924) findet nach kurzer Lehrzeit als Lithograph, Anstreicher und Uhrenschildmacher 1859 Aufnahme an der großherzoglichen Kunstschule in Karlsruhe, wo er unter anderem bei Johann Wilhelm Schirmer ausgebildet wird.1 Nach dem Wechsel 1867 an die Düsseldorfer Akademie, wo er Otto Scholderer kennenlernt, unternimmt er mit diesem im folgenden Jahr eine Reise nach Paris. Dort wird das Oeuvre von Gustave Courbet zum entscheidenden Erlebnis für Thoma. Seine nun entstehenden Werke, die er im Kunstverein Karlsruhe zeigt, stoßen jedoch auf so scharfe Kritik, dass er den Entschluss fasst, 1870 nach München umzusiedeln, wo er die nächsten Jahre wirkt. Auch hier findet seine Arbeit ein geteiltes Echo, besonders die älteren Maler lehnen seine Kunst teils heftig ab.2 Ihm geistesverwandte Maler, mit denen er in München verkehrt, sind u. a. Victor Müller, Wilhelm Leibl, Arnold Böcklin und Wilhelm Trübner. Es vergeht allerdings noch mehr als ein Jahrzehnt bis Thoma 1890 endlich einen großen Erfolg in München erzielt.3 Als Sechzigjähriger wird er schließlich vom Großherzog Friedrich I. von Baden zum Direktor der Galerie und Professor der Kunstschule nach Karlsruhe berufen. Im Jahre 1909, also noch zu seinen Lebzeiten, wird für Thoma ein Museum in der Karlsruher Kunsthalle eröffnet.

Das Gemälde „Apfelbaum“ aus dem Jahre 1878 malt Thoma während seiner Zeit in Frankfurt, wo er von 1876 bis 1899 lebt.4 Während dieser Zeit entstehen Bilder mit neuen allegorischen und symbolischen Sujets. Thoma bevölkert seine Landschaften mit heidnischen und christlichen Figuren sowie tanzenden Putten und musizierenden Engeln. An sein großes Vorbild Böcklin, dessen Bilder eine mystische Welt mit Naturgeistern, Sagengestalten und Fabelwesen darstellen, reicht Thoma zwar nicht heran, als Landschaftsmaler leistet er jedoch Bedeutendes. Da der Künstler die Sommermonate während seiner Frankfurter Jahre in Oberursel verbringt, ist anzunehmen, dass dieses Bild dort entstanden ist. Dargestellt ist hier ein einzeln stehender Apfelbaum, der im Sonnenlicht auf einer Wiese steht. Durch das Gewicht der reifen Äpfel hängen die Äste schwer herab. Das Gemälde ist nicht in dem 1909 erschienen Werkverzeichnis von Henry Thode enthalten, mit dem der Künstler befreundet war.5

Provenienz

Zeittafel
12.12.1934 Auktionshaus Lempertz, Köln, Erwerb durch Peter Melder6  
Ca. 1941 Von Melder an die Domgalerie, Köln, verkauft 
18.4.1941 Von dort von der Galerie Almas-Dietrich erworben 
April 1941 Weiterverkauf für RM 23.000 an den „Sonderauftrag Linz“

Im Münchner Central Collecting Point wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zur Herkunft des Gemäldes ermittelt, dass es am 12.12.1934 im Auktionshaus Lempertz in Köln versteigert wurde.7 Dort wurde es unter dem Titel „Fruchtschwerer Apfelbaum“ angeboten. Im Auktionskatalog war es abgebildet. Der Einlieferer konnte nicht ermittelt werden. Laut Katalog war die Versteigerung „aus verschiedenem Besitz“ zusammengesetzt. 1954 teilte Dr. Josef Hanstein, ehemaliger Inhaber des Auktionshauses Lempertz, auf Anfrage des Central Collecting Point in München mit, dass er den Einlieferer des Gemäldes nicht ermitteln könne, da das Archiv des Auktionshauses während des Zweiten Weltkrieges vernichtet worden sei.8 Erwerber des Gemäldes war lt. der Recherchen im Collecting Point Peter Melder. Ca. im Jahre 1941 veräußerte dieser das Gemälde an die Domgalerie in Köln.9 Kurz darauf, am 18. April 1941, erwarb es die Münchener Galeristin Maria Almas-Dietrich von dort, die es im selben Monat für RM 23.000 an Hitlers „Sonderauftrag Linz“ weiterveräußerte.10

Die erneuten Recherchen zur Herkunft des Werkes erbrachten keine weiteren Erkenntnisse. Die Anfrage zur Person Peter Melder beim Bundesarchiv ergab, dass keinerlei Unterlagen über ihn aufbewahrt werden, d.h. er ist dort weder als NS-Verfolgter noch als Mitglied der NSDAP vermerkt. Dass Melder nach dem Zweiten Weltkrieg dem Münchner Central Collecting Point Auskunft über die Provenienz des Werks gab, ohne Ansprüche an demselben anzumelden, spricht dafür, dass er das Gemälde nicht NS-verfolgungsbedingt hatte abgeben müssen. Darüber hinaus ist das Gemälde nicht im Werkverzeichnis von Henry Thode aus dem Jahre 1909 enthalten.11 Auch in der weiteren Thoma-Literatur konnte es nicht ermittelt werden.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz bis 1934 ungeklärt. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.

Stand: 2006

1 Für das Folgende vgl. Hans Thoma 1961, unpag.
2 Für das Folgende vgl. Dirrigl 2001, S. 21-25.
3 Hans Thoma 1961, unpag.
4 Dirrigl 2001, S. 76f.
5 Thode 1909.
6 Für das Folgende vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 8569. Eine weitere auf der Inventarkarte vermerkte Nummer lautet Aussee 3816.
7 Auk.kat. Auktionshaus Lempertz, Gemälde neuzeitlicher und alter Meister, Köln 12.12.1934, Kat.Nr. 176, Taf. 6.
8 Schreiben von Josef Hanstein an den CCP München, Köln, 12.12.1951, in: BArch, B 323/332.
9 Dies geht auf Aussagen von Peter Melder und von der Domgalerie gegenüber dem Central Collecting Point München hervor; vgl. die Property Cards zur Mü.-Nr. 8569 unter www.dhm.de/datenbank/ccp.
10 Vgl. die vorstehende Fußnote.
11 Thode 1909.

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