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Klenze, Leo von

Ideale Ansicht der Stadt Athen in antiker Zeit "Athen im Mittelalter"

Entstehungsjahr 1862
Technik Öl auf Leinwand
Maße 104,5 x 131,5 cm
Münchener-Nr. 8688
Linz-Nr. 471
Lost Art-ID 220636
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Das Gemälde „Athen im Altertum“, auch Ideale Ansicht der Stadt Athen in antiker Zeit, schuf Leo von Klenze (1784 – 1864) im Jahre 1862.1 Klenze zählt zu den bedeutendsten klassizistischen Architekten. In besonderem Maße prägte er als Hofarchitekt Ludwigs I. durch seine Bauten die Residenzstadt München. Auf seinen Reisen nach Italien, Südfrankreich und Griechenland fertigte der enorm produktive Architekt auch zahlreiche Ölgemälde, Aquarelle und Zeichnungen. In diesem Gemälde zeigte Klenze eine ideale Ansicht der Stadt Athen in der Antike vor blauem Himmel und Staffage im Vordergrund.

Provenienz

Zeittafel
1884 Im Besitz von Leo von Klenzes’ Tochter Athenais Gräfin von Otting, geborene von Klenze (1828-1924) 
Vermutlich seit 1924 Durch Erbgang im Besitz von Friedrich Karl Graf von Otting (1856-1935), Sohn von Athenais Gräfin von Otting 
1935 Durch Erbgang im Besitz von Franz Leo Friedrich Graf von Otting und Fünfstätten (1904-1976), Sohn von Friedrich Karl Graf von Otting 
Vermutlich 1940er Jahre Von dort an den „Sonderauftrag Linz“ verkauft 

Zur Provenienz des Gemäldes ermittelte die Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt (TVK) keine Hinweise.2 Aufgrund der niedrigen Linzer Nummer ist allerdings davon auszugehen, dass das Gemälde bereits vor Juli 1938 für den „Sonderauftrag Linz“ erworben wurde.3

Die erneuten Recherchen ergaben Folgendes:4 Recherchen in der kunsthistorischen Literatur zu Leo von Klenze, insbesondere im Werkverzeichnis von Norbert Lieb und Florian Hufnagel aus dem Jahr 19795 ergaben, dass sich das Gemälde 1884 im Besitz von Leo von Klenzes’ Tochter Athenais Gräfin von Otting, geborene von Klenze (1828-1924) befand. 1851 heiratete Athenais den königlich bayerischen Kämmerer und Oberhofmeister des Prinzen Luitpold von Bayern, Maximilian Joseph Graf von Otting und Fünfstätten (1815-1901).6 Das Paar hatte zwei Kinder: Wilhelmine Gräfin von Otting (1852-1904) und Friedrich Karl Graf von Otting (1856-1935). Letzterer war mit Olga Gabriele M. Schenk von Stauffenberg (1866-1953) verheiratet und hatte mit dieser zwei Söhne: Maximilian Joseph Graf von Otting und Fünfstätten (1903-1951)7 und Franz Leo Friedrich Graf von Otting und Fünfstätten (1904-1976).8 Die Witwe von Letztgenanntem teilte auf Nachfrage mit, dass ihr Mann unter anderem das Gemälde „Athen im Altertum (Rekonstruktion)/Ideale Ansicht der Stadt Athen in antiker Zeit“ von Leo von Klenze nach dem Tod seines Vaters Friedrich Karl Graf von Otting 1935 geerbt hatte.9 Zur Erbmasse gehörte darüber hinaus ein weiteres heute im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland befindliches Gemälde Leo von Klenzes: „Der Domplatz von Amalfi“ (1859) (Mü-Nr. 7603).10 Nach Aussage der Witwe verkaufte ihr Mann beide Gemälde um 1940 über den Münchener Kunsthandel.11 „Der Domplatz von Amalfi“ gelangte nachweislich über einen Kontaktmann aus dem Besitz des Grafen von Otting und Fünfstätten an die Kunsthandlung Böhler in München und wurde am 26. Mai 1944 von Böhler weiterverkauft an die Sammlung „Sonderauftrag Linz“.12 Die Vermutung, dass auch das Gemälde „Athen im Altertum (Rekonstruktion)/Ideale Ansicht der Stadt Athen in antiker Zeit“ über Julius Böhler an die Sammlung des „Sonderauftrag Linz“ weiterverkauft wurde, bestätigte sich nicht.13 Über wen und zu welchem Zeitpunkt dieses Gemälde an die Sammlung des „Sonderauftrag Linz“ verkauft wurde, ist nicht rekonstruierbar.14

Ferner konnte dem 1991 erschienenden „Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates“ entnommen werden, dass keine Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München überliefert sind.15 Hier mussten während der NS-Zeit alle Kunsthändler ihr Gewerbe sowie ihre Ausstellungen und Auktionen anmelden. Da diese Akten fehlen, ist derzeit nicht rekonstruierbar, über welche Kunsthandlung Graf Otting das Gemälde von Leo von Klenze in den 1940er Jahren verkauft hat und welcher Kunsthändler es schließlich an die Sammlung „Sonderauftrag Linz“ weiterverkaufte.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz des Gemäldes ungeklärt, da alle Quellen ausgeschöpft sind. Da die Familie des Grafen Otting und Fünfstätten jedoch nicht zu den Verfolgten des nationalsozialistischen Regimes gehörte, ist bezüglich des Verkaufes eine nationalsozialistisch bedingte Zwangslage auszuschließen.16 Vielmehr bestätigt die Aussage der Witwe, dass ihr Mann das Gemälde aus finanziellen Gründen veräußert hat.

Stand: 2010

1 Für das Folgende vgl. Thieme/Becker 1999, Bd. 20, S. 478ff.
2 Auf der Property Card befinden sich keine Hinweise zur Provenienz des Gemäldes. Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 8688.
3 Zur Inventarisierung vgl. die Aussage von Hans Reger am 21.7.1951, in: Bundesarchiv Koblenz (BArch), B 323/332, Reger. Hans Reger fertigte seit 1938 eine „Liste der für das Museum Linz vorgesehenen Gemälde“. Diese Liste wurde im Mai 1945 von der US Army in Altaussee, Österreich gefunden. Vgl. das Faksimilie bei: Günther Haase, Die Kunstsammlung Adolf Hitler. Eine Dokumentation, Berlin 2002, hier: S. 246.
4 Die Recherchen wurden im Auftrag des BADV von Frau Dr. Vanessa Voigt, München, durchgeführt.
5 Vgl. Norbert Lieb / Florian Hufnagel, Leo von Klenze. Gemälde und Zeichnungen, München 1979, S. 133, G 67, Abb. Taf. XII; Ludwig Schreiner, Die Gemälde des 19. und 20. Jahrhunderts in der Niedersächsischen Landesgalerie Hannover, Textband, Hannover 1990, S. 187, Nr. 342; Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Dresden 1895, S. 695; Hugo Marggraff, Katalog der vom Architekten- & Ingenieur-Vereine veranstalteten Ausstellung von Plänen und Bildern Leo von Klenze’s, München 1884, S. 25, Nr. 347; Oswald Herderer, Leo von Klenze, München 1964, S. 168, 415 f., Nr. 13; Leo von Klenze als Maler und Zeichner 1784-1864, Ausstellungskatalog Akademie der Schönen Künste, München 1977, S. 74, G 20; L. Schreiner, Architekturmalerei des 19. Jahrhunderts, in: Kulturring, Zeitschrift der Kulturvereine in Hannover, 43, Hannover 1968, S. 1; Georg Lengl, Leo von Klenze „baut“ am Dom von Amalfi, in: Zeitschrift des deutschen Vereins für Kunstwissenschaft, 1979, S. 68 ff., S. 71, Abb. 2
6 Vgl. hierzu: Meldekarte im Stadtarchiv München. Maximilian Joseph Graf von Otting und Fünfstätten war von 1840 bis 1849 mit Leo von Klenzes Tochter Sophie Marie Leodegilde Olympia verheiratet, die 1849 verstarb. Vgl. hierzu: Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser, Teil 3, 110. Jg., 1937, S. 342.
7 Vgl. hierzu: Meldeunterlagen, Stadtarchiv München.
8 Vgl. hierzu: Meldeunterlagen, Stadtarchiv München. Eine Prüfung der Volkszählungsunterlagen von 1939 verlief negativ. Und auch in der NSDAP-Mitgliederkartei ist Franz Leo Friedrich Graf von Otting und Fünfstätten nicht vertreten. Mitteilung des Bundesarchiv Berlin vom 10.07.2008.
9 Mitteilung der Witwe, München vom 6. Juni 2008. Der Gräfin wurde eine Abbildung des Gemäldes vorgelegt, die sie sofort erkannte und bestätigen konnte, dass sich das Gemälde ehemals im Besitz ihres Mannes Franz Leo Friedrich Graf von Otting und Fünfstätten befand.
10 Leo von Klenze, Der Domplatz von Amalfi, Februar 1859, Öl auf Leinwand, 84 x 114 cm. Mü-Nr. 7603. Linz-Nr. 3748. Vgl. hierzu: BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 7603.
11 Mitteilung der Witwe, München vom 6. Juni 2008.
12 Vgl. hierzu: BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 7603. Zur Provenienz dieses Gemäldes siehe: Mü-Nr. 7603. Linz-Nr. 3748.
13 Im Nachlass der Kunsthandlung Böhler, der sich im Bayerischen Wirtschaftsarchiv in München befindet, konnte kein Hinweis auf den Verkauf eines weiteren Gemäldes Leo von Klenzes an die Sammlung „Sonderauftrag Linz“ ermittelt werden. Mitteilung von Richard Winkler, Bayerisches Wirtschaftsarchiv, München vom 19.05.2008.
14 Auch die Prüfung der Rückseite des Gemäldes erbrachte keinerlei neue Hinweise. Nach Auskunft von Werner Helmberger, Bayerische Schlösserverwaltung vom 19.05.2008 besitzt das Gemälde einen Rückseitenschutz. Die Leinwand ist daher nicht einsehbar. Auf den Rahmenleisten findet sich allerdings sowohl die Münchener-Nummer als auch die Linz-Nummer des Kunstwerkes. Darüber hinaus eine vermutlich nach 1945 mit Kugelschreiber angebrachte „Nr. 10“.
15 Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates 1991, bearb. von Heinz Boberach, München, London, New York, Paris 1991.
16 Mitteilung des Bundesarchiv Berlin vom 10.07.2008.

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