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Böcklin, Arnold

Deianira und Nessus

Entstehungsjahr 1898
Technik Öl auf Holz
Maße 103,5 x 150 cm
Münchener-Nr. 8793
Linz-Nr. 664/558
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Arnold Böcklin (1827-1901) ging 1845 von Basel zu einer kurzen Studienzeit nach Düsseldorf, an die damals fortschrittlichste Malerakademie.1 Dort studierte er bei Johann Wilhelm Schirmer, dem einzigen Landschaftsmaler des Kollegiums, diese Gattung. Während seines Aufenthalts in Rom (1857-1860) begann er sich der römischen Campagna und mythologischen Szenen zu widmen. 1862 nahm er eine Professur als Landschaftsmaler in Weimar an. Bereits zwei Jahre später siedelte er mit seiner Familie erneut nach Rom über, wo er eine Reihe von Porträts fertigte. Auch während seines wiederholten Münchener Aufenthalts (1871-1874) malte er Bildnisse. Diese Jahre wurden seine produktivste Phase, in der er unablässig mit neuen Maltechniken experimentierte. Nach dem endgültigen Bruch mit dem Malerkollegen Franz von Lenbach, zog er nach Florenz (1874-1885). Dort vollendete er seine wohl größte malerische Leistung, nämlich das Hauptwerk „Triton und Nereide“, was verschollen ist. Während seiner Züricher Jahre (1885-1892) entstanden vor allem Neufassungen früherer, bewährter Bildthemen, vor allem mythologische Szenen. Dabei wurden seine Werke monumentaler und die Figuren größer. Gleichzeitig trat das Landschaftliche in den Hintergrund. Sein gesundheitlicher Zustand macht eine erneute Übersiedlung nach Italien notwendig. In seinen letzten Lebensjahren bezog sich der Künstler wieder vermehrt auf das Zeitgeschehen und thematisierte Krieg und Seuchen. Sein Spätwerk ist von Melancholie, Hoffnungslosigkeit und düsterem Ernst geprägt.

Das Gemälde „Deianira und Nessus“, welches sich heute in Bundesbesitz befindet, entstand im Jahre 1898. Gezeigt wird die bewegte Szene eines Kampfes zwischen den titeltragenden mythologischen Gestalten. Deianira versucht sich dem Zugriff des Kentauren Nessus zu entwinden.2 Die Figuren scheinen durch ihren wilden Kampf den Rahmen des Bildes zu sprengen. Dargestellt ist der Moment, in dem Herkules dem Kentauren mit seiner Lanze die tödliche Wunde beibringt, um seine Frau zu befreien. Böcklin gibt hier den antiken Mythos wieder, wie ihn Ovid in seinen „Metamorphosen“ erzählt. Die Entstehung der Komposition „Deianira und Nessus“, die an antike Reliefs erinnert, reicht in die frühe Zeit von Arnold Böcklins Florentiner Jahre zurück.3

Provenienz

Zeittafel
1898 Kunsthandlung J.P. Schneider jr. Frankfurt a.M.4  
1898-1925 Sammlung Eduard Arnhold, Berlin5  
1925-mindestens 1928 Nach dem Tod des Sammlers ging es in den Besitz der Erben über (Ehefrau Johanna Arnhold)6  
 Erwerb der Kunsthandlung Almas-Dietrich, München7  
Um 1940 Weiterverkauf an den „Sonderauftrag Linz“8

Das Gemälde war Teil der Sammlung von Eduard Arnhold in Berlin, der das Bild im Jahr der Fertigstellung oder kurz darauf erworben hatte.9 Zusammen mit zwei weiteren Gemälden, die ebenfalls durch eine große Dynamik gekennzeichnet sind, zeigte er es im gelben Saal seiner Villa.10 Als er 1925 verstarb und die Sammlung in den Besitz seiner Ehefrau Johanna Arnhold überging, bemühte sich diese, die Sammlung für wissenschaftliche Zwecke zugänglich zu machen, um auf diese Weise die Zahlung von Erbschaftssteuern zu vermeiden. 1938 gelangte die Villa mit dem verbliebenen Teil der Sammlung in Reichsbesitz. Über die genauen Umstände, wie das betreffende Gemälde in den Bestand des „Sonderauftrages Linz“ gelangte, ist nichts Konkretes bekannt. Die Galeristin Maria Almas-Dietrich sagte 1949 aus, dass sie das Gemälde aus „deutschem Besitz“ erworben und für die geplante Sammlung in Linz weiterverkauft habe.11 Die Linzer-Nummer 664 lässt darauf schließen, dass dies nach Juli 1938 der Fall gewesen war.12

Aufgrund der lückenhaften Archivlage konnte die Provenienz des Gemäldes nicht eindeutig geklärt werden. Es sprechen allerdings zwei Umstände dagegen, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Gemälde um einen NS-verfolgungsbedingten Verlust handelt: Das Grundstück mit der Villa und der Sammlung wurde 1938 durch das Deutsche Reich, für städtebauliche Maßnahmen, von den Arnholdschen Erben erworben. Darüber hinaus liegen zum jetzigen Zeitpunkt keine Anhaltspunkte für rassistische Verfolgungsmaßnahmen vor, da die Erben nichtjüdisch waren. Zwar war das Ehepaar Arnhold jüdischer Abstammung, da es jedoch keine leiblichen Kinder hatte, adoptierte es ein Mädchen namens Elisabeth. Diese Tochter, ebenso wie ihre Kinder aus erster Ehe, und ihr späterer zweiter Ehemann waren nichtjüdischer Herkunft und fielen damit nicht unter verfolgungsbedingte Maßnahmen.

Stand: 2002

1 Für das Folgende vgl. Holenweg 2001, S. 337-358.
2 Zur Bildbeschreibung vgl. Andree 1977, S. 528.
3 Tschudi 1908/1909, S. 8.
4 Soweit nicht anders vermerkt, sind die Provenienzangaben dem Werkverzeichnis entnommen. Vgl. Andree 1977, S. 528, Nr. 465.
5 Andree nennt als Erwerbungsjahr 1898. Auf der Property Card ist dagegen nur verzeichnet, dass sich das Bild „früher“ in der Sammlung Arnhold befunden hat. Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 8793.
6 Andree erwähnt das Bild seit 1925 im Besitz der Erben Eduard Arnholds. Gemeint kann damit nur die Ehefrau sein, die Alleinerbin war [Anm. d. Verf.], denn das Werk wurde noch 1928 in einer Publikation über die Sammlung Arnhold in dieser als Bestand genannt. Vgl. Arnhold/Grabowsky 1928, S. 235. Als die Witwe Johanna Arnhold 1929 verstarb, ging in der Folgezeit ein Teil der Sammlung entsprechend ihres Testamentes in den Besitz der Erben über.
7 Maria Almas-Dietrich sagte am 16.3.1949 aus, dass sie das Bild aus deutschem Besitz erworben habe. Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 8793 und BArch, B323/331, Kunsthändler A-J.
8 Andree nennt um 1940, während auf der Property Card keine Zeitangabe notiert ist.
9 Diese Vermutung wird durch einen Briefwechsel zwischen dem Sekretariat des inzwischen verstorbenen Arnhold und einem mit „Herr Doktor“ bezeichneten Mann vom 18.9.1928 bestätigt. Im Brief wird mitgeteilt, dass sich das Gemälde „Nessos und Dejaneira“ [sic] früher in der Villa Böcklin befand. Das Bild sei allerdings bereits vor Erwerbung der Villa durch Arnhold in dessen Besitz übergegangen. Vgl. SMB-PK, ZA, I/NG/ ad. Spec. 20, Bd. 61/2A. Die Villa in Fiesole, in der Böcklin lebte und arbeitete, hatte Arnhold um die Jahrhundertwende gekauft. Vgl. Dorrmann 2002, S. 169f.
10 Dorrmann 2001, S. 33.
11 Aussage vom 16.3.1949. Vgl. BArch, B323/331, Kunsthändler A-J.
12 Zur Inventarisierung vgl. die Aussage von Reger am 21.7.1951, in: BArch, B 323/332, Reger.

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