Piloty, Karl Theodor von
Thusnelda im Triumphzug des Germanicus
Entstehungsjahr | um 1864 |
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Technik | Öl auf Leinwand |
Maße | 88 x 107 cm |
Münchener-Nr. | 9026 |
Linz-Nr. | 709 |
Lost Art-ID | 220751 |
Herkunft | Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen |
Beschreibung
Das Gemälde zeigt Folgendes: In der Mitte Thusnelda mit Kind an der Hand. Rechts und links Frauen und Krieger, oben Lagernde, links Blick auf eine Versammlung.
Es ist mit "C. Piloty" signiert.
Das Gemälde ist eine von insgesamt vier bekannten Ölskizzen zum gleichnamigen Bild, das sich in der Pinakothek in München befindet. Die hier zusammengefaßten Provenienzangaben beruhen auf der Annahme, dass die Erben Pilotys die Ölskizze veräußert haben.
Folgende Fassungen und Skizzen sind vorhanden:
Zum Gemälde „Thusnelda im Triumphzug des Germanicus“1 existieren zwei Fassungen:
(A) Pinakothek München, 1869-1873, 490x710 und
(B) Wiederholung des Bildes aus der Neuen Pinakothek mit dem Maßen 135x200, befindet sich im Metropolitan Museum New York
Vier Skizzen sind dazu bislang bekannt :
(1) unsigniert, 56 x 63,5, um 1869, Geschenk Pilotys an den Mediziner Joseph von Lindwurm, München, 1987 in Melsunger Privatbesitz;
(2) undatiert, 88 x 107, um 1869, BADV-Skizze;
(3) undatiert, 90,5x124, um 1870, Lenbach-Haus, 1938 von Robert Knaus, Böbing erworben, 1928 ausgestellt in Münchener Kunstausstellung als Privatbesitz2 ;
(4) undatiert, 42,9x61, um 1870, Sammlung Erich Herzog, Kassel, erst 1984 aus dem Münchener Kunsthandel angekauft.
Der erste Nachweis der BADV-Skizze ist die Ausstellung „Werke von Carl von Piloty, Carl Spitzweg und Friedrich Voltz“ in der Königlichen Nationalgalerie zu Berlin vom November bis Dezember 1886.3 Dort wurde die Ölskizze als aus dem Eigentum der Erben des Künstlers gezeigt. Im Katalog ist es handschriftlich mit 4.000 Mark als verkäuflich gekennzeichnet.4 In einer Liste der Nationalgalerie wird das Gemälde gleichfalls als verkäuflich für 4.000 Mark aufgeführt. Die Erben Pilotys waren seine Kinder und seine Ehefrau Bertha, geborene Hellermann, je zur Hälfte. Ob die Skizze auf der Ausstellung verkauft wurde, ist leider aus den Unterlagen der Nationalgalerie nicht ersichtlich. Offenbar wurde sie nach 1886 auch nicht wieder ausgestellt.
Provenienz
1886 | im Besitz des Künstlers |
Ab 1896 | Ehefrau Bertha von Piloty und Kinder |
Bis 1935 | Möglicherweise Auguste Caroline Lammer, geb. Hofbauer, Bankinhaberin (1885 - 1937) |
Ab 1935 | Möglicherweise Massewalter Rechtsanwalt Ernst Czerny, Zell am See (Österreich) |
1936 / vor Sommer 1938 | Möglicherweise Erwerb durch Adolf Hitler/Reichskanzlei |
Am 9. Oktober 1935 schrieb Rechtsanwalt Dr. Ernst Czerny, Zell am See, an das Kaiser Friedrich-Museum Berlin und bot diesem einen „Originalentwurf vom großen Bild von Piloty ‚Thusnelda im Triumphzug des Germanicus’“ zum Kauf an. Er erklärte, er wäre Massewalter eines größeren Konkurses.5 Das Schreiben wurde an die Nationalgalerie weitergereicht und von dieser abschlägig beantwortet. Ein von Rechtsanwalt Dr. Czerny übersandtes Foto wurde wieder zurückgesandt. Leider sind die Maße nicht genannt. Bereits im Juni 1935 hatte sich Frau von Piloty, geborene von Baeyer, an Professor Weigmann in München gewandt und ihn auf eine in Zell am See zur Versteigerung kommende Piloty-Skizze aufmerksam gemacht.6 Diese Skizze ist höchstwahrscheinlich mit der in Berlin angebotenen identisch. Diese Frau Piloty war Eugenie, die Schwiegertochter Carl von Pilotys, sie hatte seinen Sohn Oskar 1892 geheiratet.7
Rechtsanwalt Dr. Czerny war Massewalter des Konkurses von Auguste Lammer (1885-1937), sie hatte eine Bank in Österreich gegründet.8 Czerny mußte, um die Verbindlichkeiten der Bank zu tilgen, auch die Kunstsammlung Auguste Lammers verkaufen. Unter den Gemälden befand sich neben einer Ölskizze zur „Thusnelda“ auch ein Bild von Leonardo da Vinci.9 Wegen der Piloty-Skizze bemühte sich Dr. Czerny um die Klärung der Herkunft des Gemäldes. Die Akten des Rechtsanwalts werden im Salzburger Landesarchiv verwahrt. In den Unterlagen befindet sich einige Korrespondenz zur Skizze. Im April 1936 schrieb Dr. Czerny an einen Verwandten, der ein Foto des Bildes in München Professor Buchner gezeigt hatte: „Deine Mitteilungen waren riesig interessant, doch bin ich augenblicklich mit einer sehr hohen Persönlichkeit, bei welcher die Devisenbestimmungen nicht in Frage kommen in Unterhandlung und ist es nicht ausgeschlossen, dass das Bild zu einem sehr guten Preis recht bald verkauft wird. Zu Deiner Beruhigung kann ich Dir mitteilen, dass der Interessent in Deutschland lebt und das Bild daher nach Deutschland käme.“10 Als Herkunft der Ölskizze wurden zwei Damen, Töchter eines Ministers von „Kaiser Franz“ angegeben, die auf Schloss Spielberg wohnten, angegeben, das bis heute im Besitz der Familie Arbesser-Rastburg ist. Möglicherweise handelte es sich dabei um Familie Arbesser-Rastburg.11 Das Schloss befindet sich in einem Ort namens Knittelfeld in der Steiermark.
Aufgrund der niedrigen Linz-Nummer ist anzunehmen, dass die Ölskizze vor 1938 durch die Reichskanzlei oder Adolf Hitler erworben wurde. Unterlagen zum Kauf gibt es nicht. Es ist sehr wahrscheinlich anzunehmen, dass die von Rechtsanwalt Dr. Czerny gennante Persönlichkeit aus Deutschland, die sich nicht um die Devisenbestimmungen kümmern mußte, Adolf Hitler gewesen sein könnte.
Der Kunsthändler Karl Haberstock hatte am 7. März 1949 ausgesagt, dass das Bild aus New York stamme.12 Im Haberstock-Archiv der Städtischen Kunstsammlungen Augsburg kann das Gemälde nicht nachgewiesen werden.13 Es ist anzunehmen, dass Karl Haberstock die Fassungen verwechselt hat.
Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle bekannten Quellen ausgeschöpft sind. Ein NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust kann nicht ausgeschlossen werden.
Stand: 2008
1 Claudia Steinhardt-Hirsch, Thusnelda im Triumphzug des Germanicus, In: Reinhold Baumstark/Frank Büttner (Hg.), Großer Auftritt. Piloty und die Historienmalerei, München 2003, Kat. 16, S. 319 ff.
2 Katalog der Münchner Kunstausstellung 1928 im Glaspalast, München 1928, Kat. 95, S. 6.
3 Katalog „Werke von Carl von Piloty, Carl Spitzweg und Friedrich Voltz“ in der Königlichen Nationalgalerie zu Berlin vom November bis Dezember 1886, 23. Sonderausstellung, Kat. Nr. 138, Thusnelda Ölskizze, 0,85x1,04, 1873, bezeichnet C. Piloty, als Eigentum der Erben des Künstlers.
4 Zentralarchiv SMB-PK, Akten der Nationalgalerie, I/NG, Nr. 629.
5 Zentralarchiv SMB-PK, Akten der Nationalgalerie, I/NG, Nr. 939.
6 Archiv Pinakothek München, „Kaufangebote durch Private“, Fach 21, Nr. 1b, aus den Jahren 1934 (Archiv Nr. 455), 1935 (Archiv Nr. 456) und 1936 (Archiv Nr. 457).
7 Neue Deutsche Biographie zu Oskar von Piloty, S. 446.
8 Siehe dazu Martin Gschwandtner, Auguste Caroline Lammer (1885- 1937)- Die bisher einzige Bankgründerin Österreichs. Ihre turbulente Geschichte in einer krisenhaften Zeit, München/Ravensburg 2007.
9 Das Gemälde von Leonardo da Vinci “Madonna mit dem Kind (Madonna di Castello)” wurde im Sommer 1944 an den Sonderauftrag Linz veräußert, nachdem es 1937 in den USA war und anschließend von Dr. Czerny an einen deutschen Kunsthändler verkauft worden war. (Linz-Nr. Anhang(??), Mü-Nr. 4994) Siehe auch Gschwandtner, Auguste Caronline Lammer, S. 101.
10 Landesarchiv Salzburg, Nachlass Lammer, A 5.
11 Landesarchiv Salzburg, Nachlass Lammer, A 5.
12 Laut Notizen auf der BADV-CCP-Karteikarte.
13 Auskunft des Haberstock-Archivs an Facts & Files vom 15. Januar 2008.