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Kaiser, Ernst

Landschaft bei Berchtesgaden

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Holz
Maße 30,0 x 34,5 cm
Münchener-Nr. 9354
Linz-Nr. 1393
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Ernst Kaiser (1803–1865) war ein deutscher Landschaftsmaler.[1] Nach Lehrjahren bei seinem Vater Georg Kaiser (1767–um 1835) ging der Künstler 1822 an die Münchener Akademie, wo er sich zunächst zum Historienmaler ausbilden ließ. Eine Reise in das Hochgebirge im Jahre 1824 führte jedoch zum Wechsel Kaisers in das Landschaftsfach. Er richtete sich mit Heinrich Bürkel (1802–1869) ein gemeinsames Atelier ein und wanderte mit ihm durch Oberbayern. 1828 folgte eine Reise nach Italien. Die Entwicklung des landschaftlichen Stimmungsbildes erhielt durch Kaiser einen starken Impuls. Trotzdem blieb dieser zu Lebzeiten eher unbekannt. Seine Aktivitäten beschränkten sich vornehmlich auf Kunstvereine und allgemeine Kunstausstellungen. Werke des Künstlers befinden sich heute zumeist in Privatbesitz.

Ob es sich bei dem Werk „Landschaft bei Berchtesgaden“ um ein eigenhändiges Werk des Künstlers handelt, konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden.

Das Gemälde zeigt eine Gebirgslandschaft. Im Vordergrund befindet sich das wellige Gebirgstal in satten Grüntönen mit einzeln stehenden Hütten sowie Bäumen. Im rechten Bildteil ist eine dichte Baumgruppe dargestellt. Im Hintergrund sind die Alpen zu erkennen, darüber der blaue, leicht bewölkte Himmel. Als Titel ist sowohl „Landschaft bei Berchtesgaden“[2] als auch „Landschaft mit Watzmann“[3] überliefert.

Das Gemälde ist weder signiert noch datiert.[4]

Ein Werkverzeichnis des Künstlers konnte nicht ermittelt werden. Darüber hinaus wurde die einschlägige Literatur zum Künstler hinsichtlich des Werkes überprüft.[5]

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: in blauer Fettkreide „9354“ (Mü-Nr.); weißes, Blau umrandetes Etikett mit perforiertem Rand „1393“ (Linz-Nr.); in schwarzer Tusche, zweimal „Ki517“ (Kremsmünster); weißes, Blau umrandetes Etikett mit perforiertem Rand „N: 2726 br [?]“ (nicht identifiziert); in Kugelschreiber „No 2726 br [?]“ (nicht identifiziert); in rosa Fettkreide „18“ (nicht identifiziert).

[1] Für das Folgende vgl. Brigitte Lohkamp, Kaiser, Ernst, in: Neue Deutsche Biographie 11, 1977, S. 36. URL: www.deutsche-biographie.de/pnd117565121.html#ndbcontent [Abruf: 26.03.2019].

[2] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9354.

[3] Vgl. BArch Koblenz, B 323 / 764, Ministerpräsidentenkartei, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9354, „Scenery with Watzmann“.

[4] Laut Unterlagen in den National Archives in Washington D.C. ist das Werk datiert „1830“. Diese Datierung konnte im Rahmen einer Objektautopsie jedoch nicht festgestellt werden. Vgl. NARA, M1946, „Linz Museum: Inventory by Accession Number“. URL: www.fold3.com/image/273701628 [Abruf: 26.03.2019].

[5] Kein Treffer: Ausst.kat. 1. Allgemeine Deutsche Kunst-Ausstellung, München 1854. Ausst.kat. Deutsche Allgemeine und Historische Kunstausstellung, München 1858. Ausst.kat. Ausstellung bayerischer Kunst 1800–1850, Glaspalast München 1906. Ausst.kat. Ausstellung deutscher Kunst aus der Zeit von 1775–1875, Deutsche Jahrhundertausstellung, Nationalgalerie, Berlin, 1906. Ausst.kat. Münchner Malerei unter Ludwig I., Galerie Heinemann, München, 1921. Ausst.kat. Münchner Malerei von 1850–1880, Galerie Heinemann, München, 1922. Thieme/Becker 1926 (1964), Bd. 19/20, S. 444f. Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts. Beitrag zur Kunstgeschichte, Bd. 1/2, Leipzig 1948, S. 664 ff. Ausst.kat. Ernst Kaiser. Nah und fern, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 2006.

Provenienz

Zeittafel
(…)           
O. J.Kunsthandel, München
Bis 27.01.1941Kunsthandlung Eugen Brüschwiler, München
Ab 27.01.1941Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“)
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
15.10.1945Eingang in den Central Collecting Point München
Seit 1949Bundesvermögen

Bis zum 27. Januar 1941 befand sich das Gemälde im Besitz der Münchener Galerie Eugen Brüschwiler.[1] Laut Aussage des Kunsthändlers vom 14. März 1951 hatte dieser das Werk zuvor „aus Münchener Handel“ erworben.

Über die Kunsthandlung Eugen Brüschwiler und deren Aktivitäten im Nationalsozialismus konnten nur wenige aussagekräftige Informationen ermittelt werden. Gegründet wurde die Kunst- und Antiquitätenhandlung im Jahre 1916 von den Brüdern Dr. August und Eugen Brüschwiler (1889–1967) in München.[2] Nachdem August Brüschwiler 1931 aus dem Geschäft ausgeschieden war, wurde die Kunsthandlung unter dem Namen „Eugen Brüschwiler“ weitergeführt.[3] Im Zuge mehrerer Umzüge der Kunsthandlung in den folgenden Jahren änderte sich gleichzeitig der Schwerpunkt des Unternehmens: Antiquariat (1935), Bilderhandlung (1939) und Antiquitäten (ab 1940). Seit 1925 war Eugen Brüschwiler Mitglied der NSDAP und darüber hinaus in der SA organisiert.[4] Dies mag ein Grund dafür gewesen sein, dass Brüschwiler von den nationalsozialistischen Machthabern bevorzugt für die Ankäufe von Kunstwerken für den „Sonderauftrag Linz“ beauftragt wurde. Die Aussage, die Eugen Brüschwiler im März 1951 zur Herkunft des Gemäldes „Landschaft bei Berchtesgaden“ zu Protokoll gab,[5] kann nicht verifiziert werden, da die Kunsthandlung Brüschwiler keine Auktionen veranstaltete und somit keine Kataloge überliefert sind. Geschäftskorrespondenzen oder Inventarbücher der Kunsthandlung sind ebenfalls nicht überliefert.[6] Da jegliche Akten fehlen, ist nicht rekonstruierbar, von wem Eugen Brüschwiler das Gemälde erworben hat.

Dem 1991 erschienenen „Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates“ konnte darüber hinaus entnommen werden, dass keine Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München überliefert sind.[7] Da diese Akten fehlen, die Aufschluss über alle angemeldeten Ausstellungen und Auktionen der Jahre von 1933 bis 1945 liefern, ist nicht nachvollziehbar, von welchem Münchener Kunsthändler oder Sammler Eugen Brüschwiler das Gemälde erwarb.

Von der Kunsthandlung Eugen Brüschwiler wurde das Werk am 27. Januar 1941 vom Deutschen Reich für den „Sonderauftrag Linz“ erworben und erhielt die Linz-Nummer 1393.[8]

Die Nummer Ki 517 auf der Property Card sowie auf der Bildrückseite weist auf die Lagerung des Gemäldes im Depot Kremsmünster hin.[9] Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrages Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.[10] Aus Sorge vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.[11]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 15. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[12] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt nach dem bisherigen Kenntnisstand die Provenienz ungeklärt.[13]

 

Bearbeitungsstand: 2019

[1] Für das Folgende vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9354.

[2] Vgl. Bayerisches Wirtschaftarchiv, K1/XV A 10c, Akt 89, Fall 40.

[3] Für das Folgende vgl. Münchener Adressbücher, 1915–1943. Sein Einkommen bezifferte Eugen Brüschwiler laut Angaben in einem Fragebogen vom 1. Oktober 1940 auf RM 21.000,-. Vgl. BArch Berlin (ehem. BDC), Sammlung: SA, Brüschwiler, Eugen.

[4] Vgl. Auskunft des BArch Berlin vom 6.05.2008.

[5] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9354.

[6] Folgende hierfür relevanten bayerischen Archive besitzen laut eigener Auskunft keine Unterlagen zur Kunsthandlung Brüschwiler in München: Staatsarchiv München, Stadtarchiv München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Wirtschaftarchiv München. Siehe auch: Anja Heuß, Provenienzgeschichte, in: Ausst.kat. Maria Eichhorn, Restitutionspolitik. Politics of Restitution, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 2003.

[7] Vgl. Heinz Boberach, Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates, München/London/New York/Paris 1991.

[8] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9354.

[9] Vgl. ebd.

[10] Vgl. Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln 2010, S. 217.

[11] Vgl. Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“. Kunstbeschaffung im Nationalsozialismus, Berlin 2016, S. 54.

[12] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München.

[13] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) LostArt Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) (10) Bildindex (www.bildindex.de) [Abruf: 26.03.2019].

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