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Preller der Ältere, Friedrich Johann Christian Ernst

Hochgebirgslandschaft

Entstehungsjahr um 1850
Technik Öl auf Karton
Maße 32 x 24 cm
Münchener-Nr. 9478
Linz-Nr. 2816
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Friedrich Preller (25.4. 1804 Eisenach bis 23.4.1878 Weimar) erwarb seine erste künstlerische Erziehung 1818/1819 unter Heinrich Meyer in Weimar. Preller kam durch seinen Freund und Förderer Johann Wolfgang von Goethe mit der klassizistischen Kunsttheorie in Berührung, die Nicalas Poussin, Claude Lorrain und Jacob van Ruisdael als Vorbilder empfahl. Von 1828 bis 1831 suchte er in Rom, beeinflusst von Joseph Anton Koch, die idealisierte Vorstellung von Landschaft mit den beim Studium der Natur gewonnenen Eindrücken zu verbinden. Ein Aufenthalt in Neapel 1830 gab Preller die Idee seiner Odyssee–Bilder. In Weimar wurde er 1832 Nachfolger Meyers als Leiter der Zeichenakademie. Ungeachtet neuer zukunftsweisender Tendenzen blieb für Preller das von Goethe geprägte klassizistische Kunstprogramm über die Jahrhundertmitte hinaus verbindlich. Er wollte der Schilderung der Naturerscheinungen Sinnbildhaftigkeit verleihen.

Von einer Anhöhe im Bildvordergrund, auf der die Stümpfe zweier abgestorbener Nadelbäume zu erkennen sind, gleitet der Blick über ein mit Bäumen bewachsenes Tal auf das dahinter liegende pyramidal aufsteigende Bergmassiv. Der Himmel ist mit Wolken überzogen.

Provenienz

Zeittafel
Grossjena bei Naumburg
16/17. 4. 1943Auktion Hans W. Lange, Berlin über Maria Almas-Dietrich, München an „Sonderauftrag Linz“

Die TVK München ermittelte, dass das Gemälde am 16/17. April 1942 auf der Auktion von H.W. Lange, Berlin (Kat. Nr. 206) über die Galerie Maria Almas–Dietrich von einem Besitzer in Großjena von der Reichskanzlei Berlin 1943 erworben wurde.1

Die erneuten Recherchen ergaben Folgendes: Im Auktionskatalog der Berliner Auktionsfirma Hans W. Lange vom April 1942 wird das Gemälde Friedrich Preller der Ältere 1804 – 1870 "Hochgebirgslandschaft" unter der Kat. Nr. 206 als felsiger, dünn mit Tannen bewachsener, hochaufsteigender Gebirgsstock unter hellem Wolkenhimmel unten links beschrieben und auf der unverbindlichen Schätzungsliste unter der Nr. 206 für RM 2500 angeboten. Im Verzeichnis der Auftraggeber wird für die Katalog Nummer 206 Großjena angegeben. Der Käufer ist nicht vermerkt.2

Unterlagen zu Auktionen von H. W. Lange im Landesarchiv Berlin sind für das Geschäftsjahr 1942 nicht erhalten geblieben.3

Der Berliner Auktionator Hans. W. Lange „arisierte“ das von Paul Graupe bis 1937 betriebene Auktionshaus und agierte als Verkäufer der Berliner Finanzbehören. Er kaufte unter anderem von französischen Kunsthändlern 1944 zahlreiche Gemälde auf, um sie für den „Sonderauftrag Linz“ weiter zu verkaufen.4 Im Landesarchiv Berlin befinden sich im Bestand der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste keine Unterlagen zu Auktionen von Hans W. Lange aus dem Jahr 1942 mit Angaben zu Einlieferern und den zu versteigernden Objekten.5

Die Recherchen zur Galerie Maria Almas-Dietrich ergaben, dass keine zur Provenienz des Gemäldes relevanten Akten in Münchener Archiven überliefert worden sind.6 Die Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München sind nicht überliefert.7 Akten der Reichskammer der bildenden Künste sind im Bestand der Reichskulturkammer und ihrer Einzelkammern im Bundesarchiv Berlin8 und im Zentralen Staatsarchiv nicht überliefert. Im Bundesarchiv Berlin sind keine personenbezogenen Unterlagen zu Maria Dietrich überliefert.9

Maria Dietrich wurde am 28. Juli 1892 in München geboren, ihr Vater war Jude. 1910 bekam sie ein uneheliches Kind von einem deutsch–amerikanischen Juden. 1921 heiratete sie Ali Almas-Diamant, einen türkischen Maler, und erhielt dadurch die türkische Staatsangehörigkeit. Nach ihrer Scheidung 1937 nahm sie 1940 wieder ihre deutsche Staatsangehörigkeit an, behielt aber den Namen Almas für ihre Galerie. Sie handelte seit 1919 mit Kunst und meldete im November 1937 die Kunsthandlung Almas offiziell an. 1940 stieg ihr Einkommen mit der Besetzung Frankreichs auf eine halbe Million Reichsmark. Maria Dietrich erwarb vor allem ab 1940 Kunstwerke aus dem besetzten Frankreich und aus Österreich.10

Insgesamt verkaufte Frau Dietrich über 900 Werke an Hitler. Sie hatte engen Kontakt zu Heinrich Hoffmann, er ermöglichte ihr ab 1936 den Zutritt zu Hitler und verkaufte mit ihr bis 1940 Bilder an Hitler. Später konnte sie selbstständig, ohne die Zustimmung von Hans Posse oder Hermann Voss Gemälde an Hitler einliefern. Sie hatte zahlreiche Kontakte zu Kunsthändlern und Versteigerungshäusern, unter anderem auch zum Auktionshaus Hans W. Lange, der als Verkäufer der Berliner Finanzbehörden agierte. Zu ihren Lieferanten in München gehörte unter anderem die Galerie Maria Gillhausen. Nachdem Hermann Voss die Leitung des Sonderauftrages Linz übernommen hatte, verkaufte sie weniger Bilder an Hitler.11

1944 brannte ihr Geschäft nach Luftangriffen auf München in der Ottostraße aus, und 1945 wurde ihr Privathaus zerstört.12 Nach dem Zweiten Weltkrieg führte Maria Dietrich die Kunstgalerie weiter, die später von ihrer Tochter übernommen wurde.13

Die Recherchen zum Auftraggeber Großjena ergaben Folgendes:

Großjena14 könnte auf das Rittergut Grossjena hindeuten, vormals im Besitz des Naumburger Landrates des Kreises Naumburg, Herrmann Jacobi von Wangelin, der 1903 mit 95 Jahren verstarb. Das Rittergut kaufte 1903 der Leipziger Grosshändler in Saatgut, Herrn Laux.

Herr Laux starb während des II. Weltkrieges, gleichzeitig fiel sein Sohn in Russland.

1945 wurde die Familie entschädigungslos enteignet. Frau Laux zog nach dem Tod ihres dritten Mannes nach Stuttgart, wo sie bei ihren Verwandten in den sechziger Jahren verstarb. Die Bezeichnung Großjena könnte ebenfalls auf das Weinberghaus mit der Villa Max Klingers hindeuten. Dieses war nach Klingers Tod 1920 und der Wiederverheiratung der Witwe mit dem Leipziger Bildhauer Johannes Hartmann (1869 – 1952)15 in das Eigentum von Hartmann übergegangen. 1940 verlagerte Hartmann seinen Wohnsitz komplett nach Großjena. Im Weinberghaus befand sich u. a. ein beträchtlicher Teil des Max-Klinger-Nachlasses.16 Seit den 20er Jahren verkaufte Hartmann, der den Nachlass Max Klingers betreute, immer wieder Stücke aus Klingers Nachlass. Unterlagen zum Nachlass Max Klingers befinden sich heute im Museum der Bildenden Künste Leipzig.17 Das vorliegende Gemälde konnte nicht in den Unterlagen nachgewiesen werden.

Beim genannten Auftraggeber "Grossjena" kann es sich um einen Verkauf aus dem Nachlass des Herrn Laux oder Max Klingers handeln.

Die kunsthistorischen Recherchen ergaben keine neuen Informationen zur Provenienz des Gemäldes. Im Werkverzeichnis von Weinrautner ist lediglich die Versteigerung von Hans. W. Lange im April 1943 erwähnt.18

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.

Stand: 2010

1 Für das Folgende vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 9478. Weitere auf der Karteikarte vermerkte Inventarnummern lauten Aussee 4698, Nr. 206. Die Recherchen wurden im Auftrag des BADV von Frau Petra Knöller M.A. durchgeführt.
2 AK. H.W. Lange, Verschiedener Deutscher Kunstbesitz, Gemälde Alter und neuerer Meister- Möbel, Tapisserien, Golddosen, Berlin, 16. und 17. April 1943, S. 37, Nr. 206. Unten links monogrammiert: P, Pappe. H. 31,5, cm, Br. 24 cm.
3 LAB, A Rep 243 – 04.
4 Feliciano 1998, S. 118 f.
5 LAB, A Rep 243 – 04.
6 Nach Recherchen des BADV zu "Der Reigen" von Franz von Stuck, Mü-Nr. 9458, vgl. http://www.badv.bund.de, besitzen folgende bayerische Archive keine Akten zur Galerie Maria Almas-Dietrich: Staatsarchiv München, Stadtarchiv München, Bayrisches Hauptstaatsarchiv München und Wirtschaftsarchiv München.
7 Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates, 1991.
8 BArch Berlin, R 56.
9 Mitteilung von Frau Katrin Hartisch/ Bundesarchiv Berlin. Vgl. E-Mail vom 12.11.2008.
10 Eichhorn 2003, S. 272.
11 Löhr 2005, S. 127f.
12 BArch Koblenz, B 323, 436.
13 Eichhorn 2003, S. 272.
14 Für Folgendes nach freundlicher Information von Maria Diettl-Beissel, Gutshaus Großjena (Naumburg).
15 Für Folgendes vgl. Vollmer 1999, Bd. 2, (1955), S. 381.
16 Nach Information von Dr. Siegfried Wagner, Stadtmuseum Naumburg
17 Museum der bildenden Künste Leipzig, Archiv, Nachlass Klinger.
18 Weinrautner 1986, S.304f, Nr. 206, Laxner-Gerlach 1974, S.170, Boetticher 1948, Bd.2.1 (1898), S. 315.

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