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Bamberger, Fritz (Friedrich)

Meeresküste mit Segelschiffen

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Holz
Maße 15 cm x 41 cm
Münchener-Nr. 9569
Linz-Nr. 266
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Das Gemälde zeigt einen felsigen Strand mit Staffagefiguren, die links in den Watten gehen.

Es ist mit "Fritz Bamberger f." signiert.

Provenienz

Zeittafel

vermutlich im Bestand der Firma ,,Einzelhandel mit Gemälden, S. Niemeitz Komm.-Ges.", Inhaber: Siegfried Niemeitz, München

um 1938für die Sammlung "Sonderauftrag Linz" erworben

Die Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt (TVK) ermittelte zur Provenienz des Kunstwerkes, dass dieses zu einem auf der Property Card nicht näher bezeichneten Zeitpunkt Frau Erna Niemeitz gehörte.1 Dieser Eintrag auf der Property Card ist mit dem Hinweis versehen ,,keine weitere Auskunft möglich. Nachricht vom 30.4.1951".2  

Die neuen Recherchen zur Provenienz des Kunstwerkes erbrachten folgende Hinweise: Eine auf Anfrage vom Leihnehmer durchgeführte Rückseitenuntersuchung des Gemäldes erbrachte neue Hinweise zur Provenienz.3 Demnach befindet sich auf der Rückseite, auf Rahmen und Bildträger mit schwarzem Stift ,,K 1175", wobei es sich auch um ,,ii75 handeln könnte. Weiterhin ist dort ein runder Klebezettel mit schwarzem Stift ,,K 1175". Handschriftlich ist auf dem Rahmen in großer Schrift ,,Niemeitz" verzeichnet. Außerdem befindet sich darauf ein gezackter eckiger Papieraufkleber mit blauem Rand und schwarzem Stift ,,266" und eine nur noch schwer lesbare Aufschrift mit schwarzem Stift auf dem Rahmen ,,1 N. i065 I' (?). Ein runder Stempel mit dickerem und innen dünnerem Rand in roter Farbe lässt den Namen ,,Wien" erkennen. Über dem Stempel befindet sich ein beschädigter Aufkleber mit ,,Gustav Knauer, Berlin 5168, Kunst-Abteilung", der demnach post quem aufgebracht worden ist. Möglicherweise handelt es sich dabei um einen Zollstempel von Wien, wie ihn die ,,Zentralstelle für Denkmalschutz, Zollamt Wien" verwendet hat. Auf diesen runden Stempeln ist ebenfalls ein dickerer äußerer und dünner innenliegender Rand mit dem Namen ,,Wien" vorhanden.4

Auf dem Rahmen wurde mit einem (Blei-)Stift eingeritzt ,,Führerbau München". Weiterhin ist mit gelbem Stift geschrieben ,,Bamberger" und ein Stempel ,,Eigentum der Bundesrepublik Deutschland" aufgebracht. Die Inventarnummer des Leihnehmers wurde auf dem Bildträger und dem Rahmen mit rotem Stift ,,1966/ 677" aufgebracht. Es findet sich zudem ein Papieraufkleber mit schwarzem Aufdruck des Leihnehmers "1966/ 677' sowie ein Metallschild ,,Friedrich Bamberger (1814-1873), Küstenlandschaft.
Für die Provenienz könnte der Stempel mit der Angabe ,,Wien" von besonderem Interesse sein. Da er allerdings nur fragmentarisch erhalten ist, ließ er sich bislang ebenso wenig wie die Nummer ,,N 1065" identifizieren.

In der Literatur sowie speziell in den Monographien zu Friedrich Bamberger und bei der systematischen Durchsicht von rund 1100 Auktionskatalogen aus der Zeit 1933-19455 war das Gemälde ,,Meeresküste mit Segelschiffen" nicht zu finden.6 Verwiesen werden soll hier auf die Erwähnung in den Veröffentlichungen des Leihnehmers.7 Hier wird das Gemälde als ,,Küste mit stiller See" bezeichnet. Das Metallschild auf der Rückseite gibt als Titel lediglich ,,Küstenlandschaft" an. Friedrich (Fritz) Bamberger (17.10.1814 Würzburg -13.8.1873 Neuenhain bei Bad Soden, Taunus) gilt als deutscher Landschaftsmaler, dessen Malerei geprägt war von Reiseeindrücken an den Küsten der Normandie und Englands. Nach seiner ersten Spanienreise 1944 wandte er sich vorwiegend der Schilderung spanischer Landschaften zu.8

Als einzige Provenienzangabe war bislang bekannt, dass das Gemälde früher einer Frau Erna Niemeitz gehörte. lm Bundesarchiv Koblenz konnte der Name ,,Niemeitz" laut Findbuch nicht nachgewiesen werden.9 Auch Literaturrecherchen zu diesem Namen und dem Hinweis auf eine mögliche Sammlung blieben zunächst erfolglos. Insgesamt gibt es derzeit 14 Telefoneinträge zu dem Namen ,,Niemeitz" in Deutschland, was statisch gesehen ca.37 in Deutschland lebenden Personen entspricht.10
In der Datenbank ,,Sammlung des Sonderauftrages Linz" auf der Internetseite des Deutschen Historischen Museums, Berlin, befindet sich ein Eintrag zu "S. Niemeitz". Demnach verkaufte der Kunsthändler Siegfried Niemeitz, München, am 12.10.1942 die Bleistiftzeichnung ,,Allegorie" von Franz von Stuck (MüNr. 2399/300) an die Galerie Almas Dietrich, München. Diese gelangte von dort in den Bestand des ,,Sonderauftrag Linz".
Bei Siegfried und Erna Niemeitz handelt es sich um ein Ehepaar, wie aus der Meldekartei und der Gewerbekarte hervorgeht.11 Siegfried Niemeitz (16.4.1906 - 22.9.1944) und Erna Niemeitz (.19.6.1909), geborene Zweifel, besaßen beide die deutsche Staatsangehörigkeit und waren katholisch. Siegfried Niemeitz erklärt mit Unterschrift ,,Ich erkläre hiermit an Eidesstatt dass ich deutscher Reichsangehöriger und - Arier bin, München, den 3. Januar 1938". Laut Meldekartei verstirbt er als Fliegeropfer am 22.9.1944. Laut Gewerbekarteikarte führt Siegfried Niemeitz seit dem 15.9.1937 einen ,,Einzelhandel mit Gemälden" unter der Firmenbezeichnung S. Niemeitz Komm.-Ges. Vormals war dies die Galerie Jordan & Co. (Siegfried Jordan). Das Geschäftslokal befand sich ab 1940 in der Brienner Straße 53 und scheint dort noch bis 1948/ 49, also weit nach dem Tod von Siegfried Niemeitz, weiter bestanden zu haben. Nach dem Tod von Siegfried Niemeitz im Jahr 1944 führte Erna Niemeitz die Galerie weiter. Laut Melde- und Gewerbekartei waren Siegfried und Erna Niemeitz nicht jüdisch und eine mögliche NS-Verfolgung ist nicht erkennbar.
Bei den Vorgängern der Kunsthandlung handelt es sich laut Gewerbekarte um Siegfried Jordan, geboren am 18.7.1889 in München und und Paula Jordan geboren am 17.5.1889 in Steinbach an der Saale, geb. Frank,. Paula und Siegfried ,,Fritz" Jordan besaßen in der Prinzregentenstraße 2 in München, gegenüber dem Haus der Kunst, 30 Jahre lang eine Galerie.12 Mit ihrem Sohn Peter (* 5.10.1923) wohnten sie seit 1925 in der Mauerkirchstraße 13 im Herzogpark. Beide zählten zum Personenkreis der aus rassischen Gründen NS-Verfolgten und waren gezwungen 1938 die Galerie zu verkaufen. Am 14.4.1940 mussten Sie aus ihrer großen Wohnung im Herzogpark ausziehen und wurden an unterschiedlichen Orten einquartiert bis sie sich am 20.11.1941 zur Deportation nach Riga/ Lettland einfinden mussten. Am 25. November 1941 wurden beide in Kaunas/ Litauen erschossen.

In der Weltkunst vom 17.7.1938 ist zu lesen: "Die Galerie Jordan u. Co. in München ist in arischen Besitz übergegangen. Die neue Firma lautet S. Niemeitz Kom.-Ges. Pers. Haft. Gesellschafter ist Siegfried Niemeitz. Die neue Leitung führt das Geschäft in den bisherigen Räumen, Prinzregentenstraße 2 fort."13 Bislang konnte nicht geklärt werden, ob sich das Gemälde ,,Meeresküste mit Segelschiffen" von F. Bamberger 1938 bereits in den Beständen der Firma Jordan & Co. befunden hat. Sollte dies der Fall gewesen sein, so ist anhand der Verkaufsumstände ein NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust anzunehmen.14 Zu den Geschädigten Siegfried (Fritz) Jordan und Paula Jordan geb. Frank, konnten Rückerstattungsakten ermittelt werden. Berechtigter war der Sohn Peter Jordan.15 1960 wurde in der Rückerstattungssache Peter Jordan gegen das Deutsche Reich, vertreten durch die Oberfinanzdirektion München, ein Schadensersatzbetrag für die Entziehung der Gemälde des Verfolgten Siegfried Jordan, die bei der Scheingesellschaft Fa. Niemeitz KG, München, eingelagert waren und dann im Dezember 1943 vom Versteigerer Hellmut Lüdtke versteigert worden sind, anerkannt.16 Laut dem ,,Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates" von 1991 sind keine Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München überliefert.17

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.

Stand: 2010

1 Vgl. Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) Berlin, Property Card, Mü-Nr. 9569.
2 Derselben.
3 Brief vom Leihnehmer vom 23.7.2009 und Schreiben vom 27.7.2009 mit Angaben und Fotos.
4 Von zur Mühlen, Ilse, Die Kunstsammlung Hermann Görings. Ein Provenienzbericht der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. München 2004, S. 86; Von zur Mühlen, Ilse, Provenienzrecherche an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen - Ein Erfahrungsbericht. In: Verluste, Kulturgutverluste, Provenienzforschung, Restitution. Sammlungsgut mit belasteter Herkunft in Museen, Bibliotheken und Archiven. Berlin 2007, S. 112.
5 Auswahl von Auktionskatalogen im Kunsthistorischen Institut, Universität zu Köln, Durchsicht während der EDV-Erfassung zur Online-Recherche im Kölner Universitäts-Gesamtkatalog (KUG).
6 Ausstellungskatalog: Fritz Bamberger (1814-1873) - Spanienbilder, Katalog zur Ausstellung in der Städtischen Galerie Würzburg, Würzburg 1996. Gebauer, Anja: Spanien - Reiseland deutscher Maler 1830-1870. Petersberg 2000. Plötz, Jürgen M., Der Landschaftsmaler Friedrich Bamberger, Hamburg 2009, Kat. Nr. 124.
7 Jahrbuch Altonaer Museum, Bd. 5, 1967, S. 179 und 180, Abb. 7; Küster, Christian L.: Landschaftsgalerie, Verzeichnis der Gemälde, Altonaer Museum in Hamburg. 1970.
8 Thieme-Becker 2, 1908, S.432; Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Bd. 1, 1948.
9 Bundesarchiv B 323, Treuhandverwaltung von Kulturgut.
10 Siehe http://www.verwandt.de/karten/absolut/niemeitz.html
11 Schreiben vom Stadtarchiv München, vom 3.12.2009 mit Kopie der Meldekartei
und Gewerbekartei.
12 Siehe hierzu auch http://www.nordostkultur-muenchen.de/biographien/jordan.htm
13 Siehe Angelika Enderlein, Der Berliner Kunsthandel in der Republik und im NS-Staat, Berlin 2006, S. 117, Anmerkung 592; Vgl. Anonym, Nachrichten von Überall, in: Weltkunst, 12. Jg., 17.7.1938, Nr. 28/29, S. 10.
14 B 323, Nr. 191, 250, 323, 352, 352 a, 376, 542, 580, 581.
15 Brief BADV, vom 4.1.2010, Auskunftsersuchen ,,Niemeitz, Erna, Sammlerin, Ehemann Niemeitz, Siegfried, München".
16 Ders.
17 Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates 1991, bearb. von Heinz Boberach, München, London, New York, Paris 1991.

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