Provenienzforschung zum Kunstbestand der Bundesrepublik Deutschland
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich den “Grundsätzen der Washingtoner Konferenz in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden” (Washingtoner Erklärung) vom 3. Dezember 1998 angeschlossen, deren Prinzipien in der “Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz” (Gemeinsame Erklärung) vom 14. Dezember 1999 Anwendung finden.
Aus dieser Verantwortung heraus prüft die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Kunstverwaltung des Bundes (KVdB) bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), fortlaufend anhand neuer Quellen die Provenienz aller in ihrem Eigentum befindlichen Kunstwerke insbesondere aus dem sogenannten Restbestand des Central Collecting Points (CCP) München, bei denen der Verdacht eines NS-verfolgungsbedingten Entzuges bisher nicht bestätigt beziehungsweise ausgeschlossen werden konnte.
Historie der Provenienzforschung zum “Restbestand CCP” München durch den Bund
Seit Ende des Zweiten Weltkrieges überprüften zunächst die US-amerikanischen Alliierten die Provenienzen der aufgefundenen Kunstwerke aus Reichsbesitz, die in den CCP München gelangt waren, wo sie inventarisiert, fotografiert und wenn möglich deren Provenienz (Herkunft) erforscht wurde. Jedes Kunstwerk beziehungsweise Konvolut wurde auf einer Karteikarte, der sogenannten Property Card, inventarisiert. Bereits im Herbst desselben Jahres begannen die amerikanischen Kunstschutzoffiziere mit der Rückgabe der Kunstwerke an die rechtmäßigen Eigentümer und Eigentümerinnen, deren Rechtsnachfolgenden oder an die Herkunftsländer. Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung alle bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenstände in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten. Die 1952 als Sonderreferat eingesetzte “Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt” (TVK) führte die Ermittlung der Werkprovenienzen fort. Allein im CCP München wurden Kunstwerke aus mehr als 600 Depots zusammengetragen, darunter befanden sich auch die Auslagerungsorte der staatlichen bayerischen Sammlungen. In den folgenden Jahren erfolgten Restitutionen ins In- und Ausland. Als die TVK zum 31. Dezember 1962 aufgelöst wurde, übergab sie den sogenannten “Restbestand CCP” an das Bundesschatzministerium. Dieser umfasste zu diesem Zeitpunkt noch rund 20.000 Kunstwerke, Kulturgüter, Bücher und Münzen. Dieser Bestand wird seit dem Jahr 2000 erneut systematisch durch die KVdB auf seine Provenienz geprüft. Diese Aufgabe nahm die Kunstverwaltung des Bundes zunächst bei der Oberfinanzdirektion Berlin, ab 2004 beim Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (BARoV), ab Januar 2006 beim Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV), ab dem Juni 2017 beim Bundesverwaltungsamt (BVA) und seit dem 1. Februar 2020 als unselbständige Bundesanstalt im Geschäftsbereich der BKM wahr.
Übersicht zur Historie des “Restbestandes CCP”
Nach Kriegsende | Einlieferung von Kunstwerken aus verschiedenen Bergungsorten wie Alt-Aussee, Kremsmünster und Hohenfurth in den Central Collecting Point München |
12/1948–02/1952 | Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten |
02/1952–12/1962 | Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt |
01/1963–12/1968 | Bundesschatzministerium Übertragung der Aufgaben an die Oberfinanzdirektion München |
01/1969 | Auflösung des Bundesschatzministeriums |
01/1969–12/1997 | Verbleib der Aufgaben bei der Oberfinanzdirektion München, nun im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen |
01/1998–12/2003 | Oberfinanzdirektion Berlin |
01/2004–12/2005 | Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen |
01/2006–05/2017 | Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen |
06/2017–01/2020 | Bundesverwaltungsamt |
Seit 02/2020 | Kunstverwaltung des Bundes |
Provenienzdatenbank.Bund
In dieser bundeseigenen Datenbank sind alle bisherigen Ergebnisse der systematischen Untersuchung der Gemälde, Grafiken, Skulpturen und kunstgewerblichen beziehungsweise archäologischen Objekte abrufbar. Alle neuen Erkenntnisse werden sukzessive in die ProvenienzdatenbankBund eingearbeitet und können über die Sortierfunktion “Datum absteigend” recherchiert werden. Die Kunstwerke sind darüber hinaus nach Künstler, Objektart, Freitextsuche und der Münchener Nummer des Central Collecting Points recherchierbar.
Um betroffene Personen bei der Suche nach deren verlorenen Kulturgütern zu unterstützen, sind weiterhin all diejenigen Kunstwerke aus dem “Restbestand CCP”, die sich noch heute in Bundesbesitz befinden und deren Provenienzen ungeklärt sind, in der vom Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste betreuten Online-Datenbank www.lostart.de unter der Rubrik “Meldung/Fund” veröffentlicht.
Weitere Forschungsdatenbanken
Die Kunstverwaltung des Bundes hat in den vergangenen Jahren neben der bundeseigenen ProvenienzdatenbankBund drei weitere Datenbanken in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Historischen Museum und anderen Institutionen erarbeitet und online publiziert:
- Datenbank “Sammlung des Sonderauftrages Linz”
- Datenbank zum “Central Collecting Point München”
- Die Kunstsammlung Hermann Göring
Alle Datenbanken sind kostenlos und ohne Zugangsbeschränkungen einsehbar.
Kontakt
Provenienzforschung@kvdb.bund.de